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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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der Wand entlang. Schließlich kehrte sie mit einem Stein zurück, der in etwa die gewünschte Größe hatte. »Richtig so?« fragte sie und tastete nach seiner Hand.
    Bertran nahm den Stein. Sie setzte sich neben ihn und spürte die Bewegung der Arm- und Schultermuskeln, als er den Stein in der Hand wog.
    »Der wird es tun«, sagte er. »Nela, bist du bereit?«
    »Mehr oder weniger«, flüsterte sie.
    Er nahm etwas von seinem Hals und legte es neben Fringes Bein auf den Sims. »Nicht anfassen«, sagte er. »Nela?«
    »In Ordnung«, sagte sie.
    Sie unterhielten sich mit gedämpfter Stimme, langsam und deutlich. »Wir wollen wissen, was das Schicksal der Menschheit ist, und wir wollen, daß die Dinger, die uns verfolgen, die Antwort akzeptieren und uns in Ruhe lassen.«
    Bertran hämmerte mit dem Stein auf den Sims, einmal, zweimal. Für einen Moment wurde die Kaverne in strahlend blaues Licht getaucht; dann erlosch es mit einem knackenden Geräusch, als ob der Berg eingestürzt wäre.
    »Was, zum Teufel, war das?« fragte Fringe und rieb sich die durch die Lichterscheinung gereizten Augen.
    »Als vor langer Zeit Sellerie kam«, sagte Nela, »gab er uns diesen kleinen Transmitter. Nachdem wir uns über die Bezahlung verständigt hatten, Berty und ich, sollten wir sie artikulieren und den Transmitter dann zerstören. Das haben wir gerade getan.«
    »Aber das ist doch schon ein paar tausend Jahre her!«
    »Ich weiß. Wir hatten auch nicht erwartet, daß es funktioniert. Die Selleries sind nämlich verschwunden…«
    Anscheinend schon seit langem, denn nichts geschah.
    Nela seufzte. »Ich nehme an, es ist unmöglich, die Frage richtig zu beantworten?« Sie versuchte fröhlich zu klingen. Sie und die beiden anderen durften nicht den Mut verlieren, auch wenn Nela sich am liebsten zusammengerollt und den Daumen in den Mund gesteckt hätte. »Die Show wird vielleicht nicht weitergehen«, wie Tante Sizzy zu sagen pflegte, »aber es gibt nichts zu essen, ehe sie nicht weitergeht!«
    »Die Menschen haben bisher wahrscheinlich mit allen möglichen Antworten aufgewartet und sie wieder verworfen«, sagte Bertran.
    »Ich hatte mir kaum noch Gedanken über die Große Frage gemacht, seit ich ein Kind war«, sagte Fringe. »Irgendwie ist sie mir nicht relevant erschienen.«
    »Falsch.« Er stieß ein Lachen aus, das hart an Hysterie grenzte. »Stell dir nur vor, wieviel Zeit und Mühe wir uns gespart hätten, wenn das Schicksal der Menschheit uns von vornherein bekannt gewesen wäre. Denk nur an unsere Zeit: die fundamentalistischen Faschisten gegen die libertären Bürgerrechtler; die Liberalen, die unsere Steuergelder für die Armen verpulverten, gegen die Konservativen, welche die Steuergelder selbst einsackten; der Geschlechterkampf, die sexuellen, politischen und wirtschaftlichen Revolutionen. Wie schön, wenn wir in der Lage gewesen wären, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden!«
    Fringe war wider Willen amüsiert. »Was, glaubst du, ist das Schicksal der Menschheit?«
    Er holte tief Luft, was ihm offensichtlich Schmerzen bereitete. »Nela, was glaubten wir, war das Schicksal der Menschheit, als wir Kinder waren?«
    Nela gab ein summendes Geräusch von sich, als ob sie die Dunkelheit beschwören wollte oder die Zähne zusammenbiß, um nicht zu weinen. »Mal überlegen«, sagte sie schließlich mit mühsam unterdrückter Hysterie. »Als brave katholische Kindlein war es unser Schicksal, Schuldgefühle wegen Sex zu haben, viele Kinder zu bekommen und hinreichend oft an den Sakramenten teilzunehmen, damit wir nach dem Tod auch in den Himmel kämen.«
    »Richtig«, sagte Bertran. »Und in der orthodoxen Kirche ein paar Häuser weiter erzählte man den Leuten, daß es ihr Schicksal sei, sich wegen Sex schuldig zu fühlen, die Fahne zu verehren (unter Mißachtung des ersten und zweiten Gebots) und hinreichend oft wiedergeboren zu werden, damit sie nach dem Tod auch in den Himmel kämen. Wobei ich mir nicht sicher war, ob es sich um denselben Himmel handelte oder nicht. Im Grunde unterschieden wir uns nur in der Frage voneinander, ob Sperma oder die Fahne knapp vor Gott rangierten.«
    Er stieß ein ersticktes Lachen aus und dann ein Stöhnen.
    »Dann war der Himmel also euer Schicksal«, sagte Fringe. »Oder Kindersegen.«
    »O ja«, murmelte Nela. »Die einzige Entschuldigung, die wir für die Übervölkerung unseres Planeten hatten, bestand darin, daß es im Himmel keine Rolle spielte.« Aus dem Lachen, zu dem sie angesetzt

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