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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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drehte sich frei, während die Strömung die Boje mit dem Tauende wieder flußabwärts trieb.
    Die Taube setzte Segel und ließ die Tiere und die Wärter zurück. Die Felsen wichen sanften Hügeln, hinter denen sich endlose Prärien erstreckten. Nördlich vom Fluß zeichneten sich im Licht eines Lagerfeuers auf einer Wiese viele weiße Zelte ab.
    »Das ist sicher für die Frauen von Thrasis«, sagte Jory zu Curvis. »Und für die Murrey von Derbeck.«
    »Wer hat das Lager errichtet?«
    »Nun, Curvis, das Lager existierte noch nicht, als ich aufbrach, und ich war auch nicht dabei, als es errichtet wurde. Aber wir werden es sicher bald erfahren.«
    »Wohin gehen wir?«
    »Nach Nirgendwo«, sagte sie.
    »Und wo ist das?« fragte er verärgert.
    Sie schüttelte den Kopf. »Laß dich überraschen, Curvis. Wie Asner und ich uns einst auch überraschen ließen.«
    Er legte jedoch keinen Wert auf Überraschungen. Er war überhaupt nicht am aktuellen Geschehen interessiert. Er wollte dort sein, wo Danivon war.
    Stumm wandte sie sich von ihm ab. Es war offensichtlich, daß er nur deshalb an Bord der Taube blieb, weil er nicht wußte, wo er sonst hingehen sollte.

 
12
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    In Derbeck meuchelte Chimi-ahm ungefähr zwanzig Houm und machte sich einen Spaß daraus, auf ihren Knochen zu tanzen. Leider hatten die Houm bei der Verehrung des Großen Gottes ein esoterisches Detail außer acht gelassen.
    In Enarae traten in der Halle der Schlußabrechnung zwei Banden gegeneinander an, was zur Folge hatte, daß nach ein paar Tagen alle Bandenmitglieder, das ganze Personal der Halle und zahlreiche Unbeteiligte entweder tot waren oder im Sterben lagen. Anlaß der Schlacht war die Frage nach der Vorherrschaft des Waffenträgers oder einer neuen Gottheit namens Magna Mater gewesen.
    In Chor starben mehrere Sänger an Erschöpfung, nachdem sie sich an einem dreitägigen Gesangsmarathon zu Ehren der Hochedlen Dame Thob beteiligt hatten, die seit kurzem einen unstillbaren Durst nach Verehrung entwickelt hatte.
    Auf einer der Selten- Inseln führte ein vormals pastoraler Stamm heidnische Tänze und Gesänge auf, bevor man eine mutmaßliche Jungfrau den Göttern der Güldenen Gesichter opferte, die sich unlängst an der Rückwand einer Höhle an der Küste manifestiert hatten.
    In Toleranz beraumte der Beauftragte Lodge eine Krisensitzung an. Man vertagte sich mit dem Beschluß, den Meister mit einer Delegation zum Kommandeur zu schicken.
    Vom Mezzanin der Großen Rotunde sah Boarmus sie kommen. Jeder sah sie kommen; allerdings gab es nicht mehr allzu viele Leute, die herumsaßen und aus dem Fenster schauten. Die meisten Leute hielten sich dieser Tage verborgen, und wer hätte ihnen das auch verübeln wollen? Von den wenigen Menschen indes, die noch präsent waren, sah jeder die marschierenden Gestalten, die wippenden Federbüsche und die grimmigen Gesichter. Wenn Boarmus sich überhaupt über etwas wunderte, dann darüber, daß sie so lange gewartet hatten.
    »Meister«, begrüßte er den Anführer der Gruppe mit belegter Stimme. Er hatte – vergeblich – versucht, seine intime Kenntnis der Vorgänge zu verdrängen.
    »Kommandeur, Sir.« Der Meister schaute auf seine Stiefel und versuchte sein Anliegen diplomatisch vorzubringen, was ihm jedoch mißlang.
    »Wir kommen gerade von einer Krisensitzung. So geht das nicht weiter. Wir werden durchgekaut und ausgespuckt! Beauftragte, die sich auf Routinemissionen befinden, werden verstümmelt, ermordet, entführt! Ganze Provinzen stehen am Rand des Abgrunds! Was, im Namen aller Beauftragten, geht hier vor?«
    »Ich wünschte, ich müßte es Ihnen nicht sagen«, flüsterte Boarmus und schaute sich verstohlen um.
    »Uns was sagen? Daß die Welt in die Brüche geht?«
    »Ich hoffte, es würde sich wieder legen.«
    »Was würde sich wieder legen?«
    Boarmus seufzte. »Es ist folgendes geschehen: Wir haben einen Gott… Götter bekommen.«
    »Die Götter von Hobbs Land«, rief der Meister und nahm eine geduckte Abwehrhaltung ein, als ob er sich des Angriffs einer reptilienhaften Gottheit erwehren wollte.
    »Nein, nein«, flüsterte Boarmus. »Weit gefehlt.« Er sah sich wieder um und fragte sich, wer ihn wohl beobachtete oder belauschte. Ach, zum Teufel damit. In dieser Phase des Spiels konnten sie wohl keine Diskretion mehr erwarten. Nicht, wo sie nun so aufdringlich geworden waren.

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