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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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flehten, weinten, bettelten, gurgelten und schließlich verstummten, als die Tentakel sich in ihre Körper bohrten, Dinge trennten und zusammenfügten und kicherten und glucksten, während sie das, was einmal zwei menschliche Wesen dargestellt hatte, auf etwas reduzierten, das eher den Anforderungen ihrer Herren und Meister entsprach.
    Schließlich zogen die Tentakel sich zurück.
    Fringe rutschte mit offenem Mund an der Wand herunter. Sie vermochte den Blick nicht vom Höhlenboden zu wenden, der mit Flüssigkeiten, blutigen Knochen, purpurnen und roten Wicklungen, Fragmenten von Organen und Muskeln und sonstigen identifizierbaren und nicht identifizierbaren Teilen übersät war. Die warmen Rückstände dampften in der kühlen Kammer. Inmitten dieses Chaos standen Boxen, zwei Boxen, aus denen ein nicht enden wollendes Geschrei drang und die Fringe mit nur allzu vertrauten Augen ansahen.
    »Ein Ohr«, rief ihr Bewußtsein und machte eine Bestandsaufnahme. »Sieh dort, das ist ein Knie, und das ist ein Schenkel. Sieh dort, Brüste, Fringe, Brüste!«
    Von einem Kleiderhaufen auf der anderen Seite der Kaverne rannte das Taschenhörnchen über den freien Platz, flitzte an Fringes Bein hinauf und verschwand in einer Tasche. Seine Schreckensrufe vermischten sich mit ihren.
    »Aaaah«, stöhnte sie erschüttert. »Sie haben euch in Dinks verwandelt, ihr seid Dinka-Dschinns, o Gott, Nela, Bertran, ihr seid…«
     
    »…Dinks…«, rief das Hörnchen in Danivons Tasche mit Fringes hysterischer Stimme.
    »Was haben sie getan?« rief Zasper und faßte Danivon so fest am Arm, daß ihm das Steuer entglitt und der kleine Gleiter fast abschmierte.
    »Vorsicht!« rief Danivon. »Wir stürzen gleich ab. Wir sind fast da. Mach jetzt keine Dummheiten…«
    »Dinks. Sie haben die beiden in Dinks verwandelt! Haben sie das auch mit Fringe gemacht?« fragte Zasper. »Oder nur mit den Zwillingen?«
    Danivon schnürte sich förmlich die Kehle zu, als er an diese Möglichkeit dachte. Aber nein. Nicht Fringe. Nur die Zwillinge. Nur die Zwillinge. Er wußte es.
    »Bertran wird es hassen«, murmelte er. »Er wird es hassen. Er träumte immer davon, wie ein Fisch zu schwimmen. Das hat er mir einmal erzählt. Oh, wie er das hassen wird, Zasper.«
    »Wieso!« rief Zasper. »Wieso, zum Teufel!«
    »Weil sie vorher vielleicht nicht… transportfähig waren«, sagte Danivon. »Vielleicht wollten die Dinger sie transportieren. Vielleicht waren sie auch verletzt. Und sie waren verletzt; ich habe es gerochen…«
    Er ging mit dem Gleiter in den Sinkflug und suchte das Ufer ab.
    »Wo sind wir?« fragte Zasper.
    »Mitten über Bohnenfelder. Unbewohnte Gegend hier. Die Siedlungen befinden sich alle im Süden und Westen.« Er führte eine leichte Kurskorrektur durch. »Halte Ausschau nach drei Säulen, deren mittlere die höchste ist«, sagte er. »Etwas südlich von hier.«
    »Dort«, rief Zasper und deutete in die entsprechende Richtung.
    »Richtig.« Danivon riß den Gleiter herum und flog tief über das Wasser. »Und dort steht ein großer toter Baum mit vier Ästen an der Spitze. Wenn er mit der mittleren Säule fluchtet, haben wir die Position…«
     
    Zufrieden betrachteten die Gesichter die Boxen. »Schon besser«, sagte die bösartige Stimme. »Viel besser. Nun können sie sich darauf konzentrieren, was wir wissen müssen.«
    »Wieso?« rief Fringe und trommelte mit den Fäusten auf den Boden. »Wieso müßt ihr es gerade jetzt wissen?«
    »Weil es uns in den Kram paßt«, sagte ein Gesicht. »Wieso nicht jetzt?«
    »Weil es jetzt sein muß«, sagte ein anderes Gesicht. »Gott muß die Antwort auf diese Frage wissen. Wie sollen wir unsere Anhänger angemessen leiten, wenn wir nicht ihr Schicksal kennen.«
    »Aber wir sind doch nur Menschen«, sagte sie schluchzend. »Durchschnittsbürger. Keine Philosophen. Keine Ethiker. Niemand, der sich mit solchen Fragen beschäftigt. Wir sind nur ganz normale Menschen. Weshalb fragt ihr ausgerechnet uns?«
    »Ihr wißt es vielleicht«, sagte eine Stimme.
    »Solltet es wissen«, ergänzte eine andere.
    »Weil die Frage die Menschen betrifft, müssen die Menschen sie auch beantworten. Allein naive Intuition müßte euch schon über euer Schicksal informieren.«
    »Genug«, sagte eine schluckende Stimme. »Das ist alles ohne Belang. Gott verlangt die Antwort auf diese Frage. Die Frage wird von den Menschen beantwortet werden. Wir sind Gott. Ihr seid Menschen. Deshalb werdet ihr antworten. Mehr braucht ihr nicht

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