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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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nicht wahr?« fragte sie.
    »Zwei«, sagte eine schluchzende Stimme.
    Weshalb hatte sie diese Frage gestellt? Sie wußte doch, daß sie zu zweit waren. Nela. Und Bertran. War Jordel auch dort drin? Zumindest war er dort drin gewesen. Für kurze Zeit. Er hatte über die Box mit ihr gesprochen. Dessen war sie sich ziemlich sicher…
    Sie blickte auf das unter ihr vorbeiziehende Flußufer. Sie flog nicht allzu schnell. Bleib so. Du kannst dich nicht verirren, wenn du dem Fluß folgst.
    Nicht weit im Westen befand sich eine Siedlung. Hütten, die einen Weiler bildeten. In der Ferne tauchten weitere Dörfer auf. Bohnenfelder. Regiert von der Lieben Mutter und den Schwester-Wachen. Und auf der anderen Seite des Flusses – das war Thrasis. Was wußte sie über Thrasis? Nichts. Auf jeden Fall nichts, woran sie sich erinnerte. Die Mauer. Höher, als sie sie sich vorgestellt hatte. Wer hatte sie gebaut. Und wann?
    War es möglich, daß diese Waffen mit Drogen präpariert waren? Mit einer Art Gift?
    Die Umgebung verschwamm vor ihren Augen. Sie blinzelte.
    Bleib dicht über dem Wasser! Bleib in Bewegung!
     
    Jene, die den Kern bewohnten, hatten nicht nur ein Netzwerk geschaffen, das fast ganz Woanders durchzog, sondern sie hatten auch Stücke der Kern-Matrix dupliziert, einen Knoten hier, einen Knoten dort. Dann hatten sie diese Knoten besetzt, wobei sie mehr oder weniger zufällig, nach Gusto vorgegangen waren. In Panubi gab es nur einen derartigen Knoten, und zwar in einer Höhle im Küstengebirge westlich von Tiefe.
    Orimar Breaze, so schien es ihm jedenfalls, kam hierher, um sich mit den anderen zu treffen. Wo sie zuvor getrennt gewesen waren, grenzten sie nun aneinander an. Sie hatten sich außerhalb seines Bewußtseins befunden, und nun kamen sie herein, eine Rotte narzißtischer Egos, die mit der Befragung von Fringe und den Zwillingen beschäftigt waren. Obwohl Orimar die darauffolgenden Ereignisse beobachtete, fühlte er sich kaum davon betroffen und blieb im sicheren Knoten zurück, während die anderen vor Wut kochten und die Verfolgung der Flüchtlinge aufzunehmen schienen.
    »Wo seid ihr gewesen?« fragte er schüchtern, wobei er im Grunde gar keine Antwort erwartete. »Wo stecken sie alle?«
    Die Stimme, die antwortete, war ihm vertraut, selbst nach all diesen Jahren.
    »Es sind nur noch vier von uns übrig«, sagte sie. »Und drei von ihnen jagen die Beute, Orimar Breaze.«
    »Jordel?«
    »Ja«, sagte die Stimme. »Fürwahr. Jordel.«
    »Ich habe den Eindruck, daß sie sich irgendwie verändert haben«, sagte Orimar Breaze zaghaft.
    »Ihr habt euch alle verändert, Orimar. Würde ich schon sagen.«
    »Ich habe mich aber nicht verändert!«
    Die Stimme schien ein ersticktes Lachen auszustoßen. »Ach, Orimar, wenn du dich so sehen würdest, wie ich dich sehe!«
    »Ich habe mich vielleicht weiterentwickelt. Ich bin nicht mehr nur menschlich.«
    »Bist du etwa ein Gott? Wie die anderen?«
    Das Wesen, das sich Orimar Breaze nannte, sann darüber nach. »Nun, vielleicht. Ja. Aber nicht wie die anderen. Du mußt bedenken, daß die anderen keinen… Elan haben. Ging ist ein Ungeheuer, und Thob ist ein pralles Euter. Wirklich eine Magna Mater. Ich weiß nicht, wie ich Bland bezeichnen soll, aber eine Edle Dame ist sie sicher nicht. Sie ist eine alte Hexe. Ist sie immer schon gewesen. Sie hat keinen Stil.«
    »Aber du hast Stil, nicht?«
    »Den habe ich. Wenn ich es will. Sogar als Mensch hatte ich Stil! Was ist mit ihnen geschehen? Mit Jordel?«
    »Willst du das wirklich wissen?« flüsterte die Stimme fast drohend.
    »Sonst hätte ich nicht gefragt.« Ein Anflug der alten Schroffheit, der alten Würde. Er war beleidigt.
    »Es ist das geschehen, was, wie ich dir sagte, geschehen würde.«
    »Dieser Unsinn, daß wir schlafen sollten, obwohl wir gar nicht schlafen wollten!«
    »Ja, dieser Unsinn. Ihr seid alle als dynamische Muster in den Kern gegangen, ohne eine sensorische Rückkopplung als Anker für eure Gedanken, ohne automatische Prozeduren, um eure Muster zu korrigieren. Weil jeder von euch ähnliche Erfahrungen gemacht hat, haben die Unterschiede zwischen euch sich verwischt. Ein Teil von Cling überlappte sich mit dem, was du gewesen warst, Orimar. Es bildete sich eine Schnittmenge zwischen dir und Mintier Thob, und es bildete sich eine Schnittmenge zwischen ihr und Therabas Bland. Die Muster verloren ihre Individualität, und die Individuen wußten nicht mehr, wo genau sie begannen und wo die anderen endeten.

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