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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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unaufmerksam, weil wir uns gegenseitig abgelenkt haben. Wir wären kreativer, wenn wir getrennt wären, wirklich getrennt!«
    Momentane Stille im Netzwerk. Glitzernde Lichtpunkte zogen durch die Matrix, während die Gedanken schweiften.
    »Es wäre interessanter«, sagte Thob. »Interessanter, wenn wir getrennt wären.« Sie hatte natürlich schon auf eigene Faust gehandelt, wobei sie sich jedoch immer die Option der Einflußnahme auf die anderen vorbehalten hatte.
    »Wir könnten sie uns teilen«, flüsterte Bland. »Ein paar für mich, ein paar für euch. Ich würde mir selbst einen Ort aussuchen.«
    »Ich auch«, sagte Breaze. Nicht daß er schon einen Ort mit Beschlag belegt hätte. Brannigan gehörte ihm. Sollten die anderen nur versuchen, in Brannigan einzudringen!
    Sie glitzerten nachdenklich in der Matrix. Es war Thob, die sich zuerst regte.
    »Ich werde gehen«, sagte sie. »Ich werde gehen. Ich nehme mir meinen Anteil.«
    »Gehen, gehen, gehen«, hallten ihre Echos. »Unseren Anteil.«
    »Trenne mich«, befahl Thob der Matrix. »Ich werde gehen.«
    Für einen Augenblick zögerte die Matrix; sie wunderte sich über ihre eigene Effizienz. Wenn die ursprünglichen Spezifikationen noch gegolten hätten, wäre die Trennung erst dann erfolgt, nachdem die biologischen Funktionen, Reaktionen und Verhaltensmuster wiederhergestellt worden waren. Nur daß diese Spezifikationen nicht mehr wirksam waren. Als Magna Mater Mintier Thob die Matrix angewiesen hatte, sie zu trennen, tat die Matrix wie geheißen, nahm das als Thob etikettierte Bewußtsein (ein Arrangement mit ein paar hundert Gesicht-Namen-Mustern) und schaltete es einem beliebigen Viertel der Persönlichkeits-Splitter und des biologischen Inventars auf.
    Cling erhielt ein Drittel des Rests.
    Von diesem Rest erhielt Bland die Hälfte.
    Und Breaze bekam das, was noch übrig war.
    Drei der Brannigan- Ensembles brachen zu frischen Knoten und neuen Ufern auf. Cling blieb zurück. Er war sich des Raums bewußt und spürte, daß der Druck verschwunden war. Was zuvor ein klar definierter Raum gewesen war, erstreckte sich nun als Potential in alle Richtungen. Räume, die es auszufüllen galt. Räume, die er bewohnen, gestalten und besitzen konnte.
    Und andernorts steckte Orimar Breaze die Grenzen seines Selbst ab. Früher wäre er zu Fuß gegangen. Er hatte noch immer Erinnerungen an Gehen, an das, was Gehen darstellte, an gehende Menschen, doch das waren nur zufällige Bilder, ohne Sinn und konkreten Bezug. Der gesamte Komplex der Muskel- und Nervenbefehle, der dem Bewegungskonzept ›Gehen‹ zugrunde lag, war an die anderen gefallen. Der Große Gott Breaze mußte sich mit rudimentären Mitteln der Fortbewegung begnügen und die Grenzen seines Selbst kriechend abstecken.
    Nur daß es keine Grenzen gab. Die emotionalen Konzepte von ›Reiz-Reaktion‹ und ›Individuum-Kollektiv‹, all das besaß keine Gültigkeit mehr. Es gab keine Haut. Es gab keine Konturen. Es gab nur schwammige Substanz und dunkle Leerstellen. Breaze warf einen solchen ›Schwamm‹ gegen eine Leerstelle und drückte dagegen. Nichts da. Rein gar nichts. Ein Loch. Wie eine Zunge, die in eine Zahnlücke gestoßen wurde. Der Widerstand war verschwunden, nur die Lücke war geblieben.
    Doch da war etwas gewesen. Etwas, das er benutzt hatte, um… Wozu hatte er es benutzt? Er erinnerte sich, daß er es für irgend etwas benutzt hatte. Für irgendeinen Zweck. Zur Beschränkung vielleicht. Oder…
    Er erinnerte sich nicht. Es war wie ein Traum, als ob er wachläge und sich an einen Traum erinnerte. Und es war genauso unwichtig. Wenn es wichtig wäre, würde er sich noch daran erinnern, aber er erinnerte sich nicht, also… also…
    Also war es unwichtig gewesen. Er brauchte es nicht.
    »… wird deine Muster nicht korrigieren …«, sagte jemand.
    »Jordel! Du gehörst nicht hierher.«
    Doch es war nicht Jordel. Es war nur eine Erinnerung, etwas, das Jordel mit Blick auf die Korrektur von Mustern gesagt hatte. Es ergab keinen Sinn? Welche Muster? Es mußte nichts korrigiert werden. Alles war in bester Ordnung.
    Er wandelte durch den Raum, der ihm zur Verfügung stand und von dem ein Teil gestaltet war und ein anderer nicht. So viel Platz, um ihn mit Dingen anzufüllen. So viel Platz, um ihn mit sich selbst anzufüllen, mit seinen eigenen Schöpfungen.
    Seine eigene Religion. Sein eigenes Volk. Seine eigenen Provinzen, die er nach Gutdünken regieren würde. O ja, es war besser so. Es war viel besser,

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