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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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den Kopf. »Aber dein Paps muß doch wohl geglaubt haben, daß sie zu ihm paßt, als er sie geheiratet hat.«
    »Ach, mein Paps! Er sah alles durch die rosarote Brille und sagte, er würde sie schon auf sein Niveau bringen«, zitierte Fringe Großmutter Gregoria. »Großmutter sagte ihm, auch wenn er sich Mama zurechtbog, was würde er wegen ihrer Familie unternehmen?«
    »Ihre Familie?« fragte Zasper.
    »Die Tromses«, sagte Fringe. »Mamas Mama und Paps. Sie leben bei uns. Sie heißen Nada und Ari.«
    Die weitere Befragung ergab, daß die Tromses dem Bodensatz der Klassengesellschaft entstammten, den Asozialen – die oft auch Schweine genannt wurden, weil diese Leute die Nase in den Trog der öffentlichen Gelder steckten. Souile Troms, eine geborene Asoziale, war immerhin aus eigener Kraft in die Klasse der Lohnempfänger aufgestiegen, wobei es ihr jedoch nicht gelungen war, auch ihre Familie auf dieses Niveau zu heben.
    »Wenn deine Mama Char heiraten wollte, hätte sie sich von ihrer Familie distanzieren sollen«, hatte Großmutter Gregoria gesagt. »Ihre Geschwister haben das getan. Souile hätte vielleicht eine Chance gehabt, wenn sie ihrem Beispiel gefolgt wäre. Ich wollte es meinem Sohn sagen, bevor er die ganze Sippschaft ins Haus holte, aber er wollte nicht auf mich hören. Schließlich sagte ich ihm, er solle tun, was er nicht lassen könne. Ich konnte ihn sowieso nicht davon abbringen, und irgendwann hatte ich von dem ganzen Streit genug.«
    Char hatte seinen Kopf durchgesetzt. Souile hatte ihre Eltern nicht abgeschrieben, und Char hatte einen Teil des Startkapitals, das sein Vater ihm hinterlassen hatte – jede respektable Professionellen- Familie stellte ihren Kindern ein Startkapital bereit –, ›investiert‹, und vom Rest hatte er ein Haus gekauft, das ihnen allen und den Kindern, die er und Souile haben wollten, Platz bot.
    Allerdings war kein Haus groß genug für die beiden Tromses. Ihre ständigen Auseinandersetzungen verlagerten sich von einem Zimmer ins andere, und der Körpergeruch des alten Ari durchdrang jeden Raum, in dem er sich aufgehalten hatte. Eine Stunde, nachdem Nada und Ari das für sie vorgesehene Zimmer bezogen hatten, zog Nada aus und quartierte sich im Kinderzimmer ein, das sie für sich allein hatte, bis Fringe auf die Welt kam. Fringe erinnerte sich kaum noch an ihre Kindheit, doch die Eindrücke dieses Zimmers und das Schniefen, Stöhnen und Weinen, das durch die Dunkelheit drang, war noch gegenwärtig.
    »Wag es nicht, so mit mir zu reden! Ich bin schließlich deine Mutter! Ah, mein Herz, mein Herz. Wenn ich tot bin, wirst du schon begreifen, was du mir angetan hast. Oh, hilf mir ins Bett. Ich muß mich hinlegen.«
    »Mama stirbt, oh, Char, sie sagt, sie stirbt …«
    »Sie stirbt immer«, ertönte Chars Stimme, die Dunkelheit-Stimme, die Fringe nie hörte, wenn es hell war. »Es vergeht doch kein Tag, an dem sie nicht stirbt. Laß sie also sterben, wenn sie uns nur in Ruhe läßt. Laßt mich endlich in Ruhe. Nie habe ich meine Ruhe!«
    »Psst, Char. Paps hört dich. Alles, was er will, ist…«
    »Soll der schmutzige alte Furz doch haben, was er will. Ich bin zu müde, um mich zu streiten.«
    »Paps glaubte wohl, daß alle miteinander auskommen würden«, sagte Fringe in dem beiläufigen Ton zu Zasper, in dem sie immer von ihrer Familie sprach. »Nur daß es nicht funktioniert hat.«
    »So manches funktioniert nicht«, sagte Zasper. »Trotz aller guten Absichten.«
    »Genau«, sagte Fringe.
    »Nur ein starker Mann ist imstande, eine schlechte Entscheidung zu korrigieren.« Dies war eine Beauftragten- Weisheit, die er verinnerlicht hatte.
    »Genau«, wiederholte Fringe, diesmal indes mit einem Seitenblick, der besagte, daß sie sich diesen Spruch merken würde.
    Selbstverständlich hatte Char die Entscheidung nicht korrigiert. Statt dessen verbrachte er die meiste Zeit außerhalb des Hauses. Niemand wußte, wohin er ging oder was er tat. Auf jeden Fall ging er keinem Beruf nach. Das Gerücht ging um, daß er spielte. Und zwar ausgiebig. Mama war auch die meiste Zeit außer Haus, doch Fringe durfte nicht fragen, wo sie war, und Nada, die es ihr eigentlich nicht hätte sagen dürfen, flüsterte beschämt: Souile verdiente Geld.
    »Wir brauchen es, um Lebensmittel zu kaufen«, flüsterte Nada. »Und um dein Schulgeld zu bezahlen. Aber sag deinem Vater nichts davon.«
    »Großmutter Georgia sagt, Lohnarbeit sei eine Schande für einen Angehörigen der Professionellen-

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