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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Manager rümpfte die aristokratische Nase. Ein solcher Jargon kam der Oberschicht nicht oft zu Ohren, und gewiß nicht von wohlproportionierten rothaarigen Frauen mit strahlenden Augen, die nicht mehr ganz jung und zudem unbestimmter Herkunft waren. Was stellte sie überhaupt dar? Normalerweise war er in der Lage, die Leute einzuordnen, doch in diesem Fall mißlang es ihm. Trotz ihrer Ausdrucksweise gehörte sie nicht der Klasse der Asozialen an, das stand fest. Asoziale gebärdeten sich entweder dreist oder trotzig, doch keins von beiden traf auf Fringe zu. Sie legte auch nicht die Servilität der Lohnempfänger an den Tag oder die affektierte Attitüde der Professionellen. Die Qualität ihrer Kleidung erreichte fast das Niveau des Managements, doch wenn sie dem Management angehört hätte, hätte er sie gekannt. Zumal die Waffe an der Hüfte nicht zur regulären Ausstattung des Managements gehörte. Vielleicht war sie ein Paria, eine der Kuriositäten, die sich nicht ins System einfügten. Vielleicht eine Künstlerin oder Unternehmerin.
    Fringe mußte über seine verwirrte Miene lachen und hätte ihm fast zugeblinzelt, als sie sagte: »Beleidigt, Sir? Ich bitte um Verzeihung. Teufel, ich will nicht das geringste von ihm. Soll seine standesgemäß adoptierte Tochter doch alles abräumen.«
    Der Manager verfügte über so viel Einfühlungsvermögen, um zu erkennen, daß der Vorgang sie belastete. »Seine beiden Frauen sind vor einiger Zeit gestorben«, sagte er mit weniger strengem Blick. »Und Sie haben einen Anspruch…«
    »…auf nichts«, sagte sie mit fester Stimme. Der Schmerz, den sie fühlte, überraschte sie. Sie hatte ihn nämlich fast vergessen. Nun ignorierte sie ihn, als sie sagte: »Er hat mich nicht akzeptiert, mein Herr. Ich habe ihn enttäuscht. Wenn ich nichts von ihm annehme, bin ich frei. Er ist mir nichts schuldig, und ich bin ihm nichts schuldig. Ich kann meinen eigenen Weg gehen.«
    »Ich habe den Eindruck«, erwiderte der Manager lächelnd, der plötzlich Sympathie für sie empfand, »daß Sie das immer schon getan haben.«
    »Vielleicht habe ich das«, sagte Fringe, die den Blick auf ein weit entferntes Bild gerichtet hatte, das nur sie sah. »Es gab Zeiten, da ich keine andere Möglichkeit hatte.« Sie sagte sich, daß Dorwalk an der Seite ihres Vaters und Troms an der Seite ihrer Mutter gewesen war; und weil sie ihren Platz nicht ausfüllen konnte, hatte sie gar keinen gehabt.
    Dem Manager der Gleichheit war der Kampf, der sich in ihr abspielte, nicht verborgen geblieben. »Ich weiß, daß es eine persönliche Frage ist, aber was ist Ihre Klassifikation?«
    »Durch Geburt, Verdienst oder Anspruch?« fragte sie.
    »Das läuft normalerweise auf dasselbe hinaus.« Er machte die Geste für Dasselbe.
    »Von Geburt Professionelle, nach Verdienst und Anspruch Paria«, sagte sie und machte die entsprechende Geste.
    »Dann sind Sie also Künstlerin?« fragte er liebenswürdig, um seine Sympathie und Toleranz zu demonstrieren. Sogar Angehörige des Managements gingen mit bestimmten Parias wie Künstlern oder Sängern Verbindungen ein. »Oder vielleicht eine Schauspielerin?«
    »Nicht ganz«, sagte sie, wobei die Waffe, die sie an der Hüfte trug, scheinbar in ihre Hand sprang. »Was ich tue, ist, Lagen unter Kontrolle zu bringen.« Er schaute in die Mündung der Waffe, während ihr Daumen über dem Feuerknopf schwebte.
    Der Manager schluckte, erhob sich schweigend, hielt ihr die Tür auf und verneigte sich andeutungsweise, als sie hinausging. Nachdem er sich wieder an den Schreibtisch gesetzt hatte, stellte er mit Erstaunen fest, daß er zitterte. Die Waffe hatte mitten zwischen seine Augen gezielt. Wenn sie ihn hätte töten wollen, hätte sie nur auf den Knopf drücken müssen, und sie hätte ihn in eine Wolke aus Atomen oder einen Schmorbraten verwandelt, je nachdem, wie gründlich sie war. Fast mit einem Gefühl des Ekels berührte er die verzierte Waffe, die an seinem Gürtel hing. Er konnte kaum etwas damit anfangen. Die Angehörigen der Oberklasse trugen Waffen meistens nur als Accessoires. Es war Brauch, Waffen zu tragen, doch niemand benutzte sie.
    Er leckte sich die Lippen. Wenn ein Manager die Fassung verlor, wurde auch sein Stolz verletzt. Man hätte ihn warnen müssen. Er hätte sie erst überprüfen sollen, bevor er sie einlud. In den Dateien hatte nur Fringe… Fringe Dorwalk gestanden. Er ging die Daten durch. AKA blinkten die unscheinbaren Zeichen zwischen zwei anderen Einträgen,

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