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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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wie der Puls sich erst verlangsamte und dann raste, wie sie erst blaß wurde und dann rot. Er hätte ihr ebensogut ein Messer in den Körper rammen oder ihr sagen können, daß man sie vergiftet hätte. Sie wußte nichts über die Götter außer dem, was sie wissen sollte, fühlen sollte, und das war der reine Schrecken.
    Die Menschen, die von den Göttern von Hobbs Land übernommen worden waren, waren keine Menschen mehr, waren nicht mehr Gottes Kinder (was auch immer man sich unter Gott vorstellte) und genossen nicht mehr die Fürsorge des Himmels (wie auch immer der aussah). Obwohl zwischen den Leuten, die nach Woanders geflohen waren, praktisch in keinerlei Hinsicht ein Konsens bestand, waren sie sich doch darin einig: Die Übernahme durch die Götter von Hobbs Land bedeutete den Verlust der Seele, der Aussicht auf die Auferstehung und der Hoffnung auf den ewigen Frieden – beziehungsweise das jeweilige Äquivalent. So sagten jene, die es wissen mußten! Die Götter waren die Buhmänner, das Ungeheuer in der Dunkelheit.
    Wenn die Götter kamen, würde sie ihres Ichs beraubt werden und nur noch als versklavte Hülle existieren, wie eine Marionette an unsichtbaren Fäden gezogen, ohne daß sie etwas dagegen tun konnte.
    Er legte seine Hand auf die ihre. »Aber, aber, nun fallen Sie nicht gleich in Ohnmacht.«
    Sie holte tief Luft und merkte, daß es seine Hand war, die zitterte. »Wie dramatisch!« sagte sie. »Ein schönes Schauermärchen, dem Anlaß angemessen. Wollten Sie testen, ob ich in Panik gerate?«
    Er lächelte, wobei dieses Lächeln auf die Lippen beschränkt blieb. »Sie sind aber nicht in Panik geraten; Sie haben bestanden. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß die Götter hier sind. Wenn etwas geschieht, das wir nicht erklären können, verdächtigen wir immer die Götter.« Boarmus hatte das zwar nicht gesagt, aber es stimmte trotzdem. Die Vorstellung verursachte Danivon manchmal sogar Alpträume. Ihn hatte man auch gelehrt, die Götter zu fürchten, und ein lang zurückliegendes Kindheitserlebnis verstärkte diese Furcht noch. Ein Erlebnis, an das er sich nicht erinnerte, obwohl es vielleicht etwas mit Verlassenwerden zu tun hatte.
    »Etwas Unerklärliches hat sich ereignet, nicht?« fragte sie.
    »Drachen«, sagte er lakonisch. »Fremdartige, geheimnisvolle Drachen. Der Aufsichtsrat wurde gebeten, sich mit diesen Drachen zu befassen. Also hat der Aufsichtsrat, vertreten durch den Kommandeur, gesagt: ›Danivon, mein Junge, stell ein Team zusammen und geh der Sache auf den Grund. Es eilt nicht. Laß dir Zeit, aber finde heraus, ob es dort wirklich Drachen gibt oder ob es sich um etwas anderes handelt, das nur wie Drachen aussieht.‹ Wobei man sich natürlich fragt, worum es sich bei diesem ›etwas anderes‹ handelt.«
    Fringe holte tief Luft und regte sich nicht. Sie war nun schon seit einem Dutzend Jahren Beauftragte. Sie war Anfang Dreißig, noch immer attraktiv, aber nicht mehr mädchenhaft. Dennoch bewirkten Danivons Worte eine unangemessene, mädchenhafte Reaktion - diese an Hysterie grenzende Verweigerungshaltung, die man in der Pubertät immer einnimmt, die emotionalen Kapriolen, die Versuche, die Welt Lügen zu strafen, bis man schließlich angesichts der unvermeidlichen Realitäten resigniert. Sie atmete ruhig und erinnerte sich daran, wer sie war, eine Beauftragte mit gutem Leumund. Eine Person, der man Respekt zollte. Sie würde nicht in Panik geraten beim Gedanken an die Götter, Drachen, Danivon Luze oder sonst eine verdammte Sache.
    Apropos Drachen. Wie hatte eine Beauftragte auf Drachen zu reagieren? Was verlangte ihr Selbstbild? Was forderte ihr Eid? Und wovor fürchtete sie sich mehr? Vor den Göttern, die in Gestalt von Drachen nach Woanders kamen, oder davor, sich Danivon Luze anzuschließen? Sogar auf ihrem Platz spürte sie die von ihm ausgehende Wärme; sie mußte jemanden um Rat fragen.
    »Woran denken Sie gerade?« fragte Danivon neugierig.
    »An einen Mann namens Zasper«, erwiderte sie.
    Curvis und Danivon wechselten Blicke.
    Also, sagte sie sich. Es war Zasper gewesen, der ihren Namen erwähnt hatte!
    Das Tierchen steckte die Nase in Curvis’ Ohr und flüsterte ihm etwas zu. Curvis gab dem Tier einen Keks, worauf es ihn mit den winzigen Pfoten drehte und kreisförmig abnagte. Dann betrachtete es den Kreis bewundernd und setzte die Prozedur fort.
    »Was ist das?« fragte sie im Bestreben, das Thema zu wechseln. Das kleine Wesen hatte einen violetten Pelz

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