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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Hysterie und die hektischen Aufbruchsvorbereitungen. Soviel zu den falschen Verwandten, die nun hastig zu den Selten- Inselnabreisten. Fringe löste den Empfänger vom Ohr, steckte ihn in die Gürteltasche und konzentrierte sich voll auf das Bier. Es war gut. Besser als das, welches sie neulich getrunken hatte. Sie notierte den Namen der Taverne: zwar etwas abseits vom Weg, aber einen Besuch wert.
    »Gut gemacht«, ertönte da eine Stimme hinter ihr.
    Sie saß reglos da; nur ein Finger wanderte langsam in Richtung Gürtelholster.
    »Keine Gefahr«, sagte die Stimme beiläufig.
    Sie drehte sich um und sah einen Mann mit sandfarbener Haut, schwarzem Haar, vollen Lippen, einer schmalen Hakennase und breitem Kinn. Ihr Magen fuhr plötzlich Achterbahn, und sie rang nach Fassung. Ein Mann, für den man sich erwärmen konnte, sagte ihr das Herz, während der Kopf eine gründliche Musterung vornahm. Seine Kleidung war zwar nicht modisch, aber von bester Qualität, und sie stand ihm sehr gut zu Gesicht; darauf achtete Fringe nämlich immer. Aber wer war er? Oder was? Sie atmete vorsichtig ein, um zu sehen, ob der Magen dort blieb, wo er hingehörte.
    Er deutete auf den freien Stuhl, und sie nickte knapp. Sie konnte nicht verhindern, daß er sich zu ihr setzte. Und vielleicht wollte sie es auch gar nicht.
    »Gut gemacht«, sagte er wieder, nahm Platz und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Diese Sache mit den Verwandten, die gar keine Verwandten waren.«
    »Sie haben mir nachspioniert?« fragte sie, eher überrascht als verärgert.
    »Ich habe Sie beobachtet«, sagte er gemütlich. »Sie waren so laut, daß ich Ihre kleine Vorstellung mitbekommen habe. Sie sind nicht einmal mit Ihnen verwandt, nicht?« Er sah sie vielsagend an, was so viel hieß wie: Sie waren auf keinen Fall mit dir verwandt, nicht solche Leute.
    Der Blick entging ihr nicht, doch sie atmete tief durch, und der beschleunigte Puls verlangsamte sich. Das war etwas, das sie gelernt hatte. In der Regel folgte der Körper dem Geist. Man mußte nur die Richtung festlegen!
    »Ich glaube nicht, obwohl ich ihnen zuletzt gar nicht mehr zugehört hatte«, sagte sie und konzentrierte sich auf die gekachelte Tischplatte.
    »Ich wette, sie gehören zu irgendeiner Straßenbande.« Mit langen Fingern fummelte er an dem Medaillon herum, das er um den Hals trug.
    Fringe grunzte. Das hatte sie sich auch schon gesagt. Solche Abstauber traten an den Orten der mittleren Kategorie häufig in Erscheinung.
    »Leute sterben in der einen oder anderen Provinz«, sinnierte der Mann, als ob er ein Selbstgespräch führte. »Die am nächsten stationierte Bande schickt ein Asozialen- Pärchen los, das die Rolle von zu kurz gekommenen Verwandten oder Gläubigern spielen soll. In den wenigsten Fällen würden diese Forderungen einer Untersuchung durch die Behörden standhalten, aber die meisten Leute gehen dieses Risiko nicht ein. Sie zahlen lieber, um diese Kletten loszuwerden.« Er schnippte einen imaginären Blutsauger vom Arm und verzog dabei das Gesicht.
    »Char Dorwalks Tochter hatte es nicht nötig, sich auf einen solchen Handel einzulassen«, sagte sie schnippisch.
    »Natürlich nicht«, sagte der Mann. »Übrigens, mein Name ist Danivon Luze.«
    »Fringe Owldark«, sagte sie und gab ihm zögernd die Hand; wider Erwarten gingen die Finger nicht in Flammen auf. Sie schluckte und fragte beiläufig: »Was ist Ihre Klassifizierung, Danivon?«
    »Paria«, sagte er. »Wie Sie. Wenn ich hier bin.«
    Was bedeutete, daß er ständig unterwegs war und fast alles darstellen konnte. »Wo?« fragte sie.
    Er machte eine ausladende Geste und beorderte mit einem Fingerschnippen die jugendliche Kellnerin herbei. Nachdem sie ihm einen Humpen hingestellt und er einen ordentlichen Schluck genommen hatte, lehnte er sich seufzend zurück und stimmte in wohlklingendem Bariton die erste Strophe eines bekannten Vagabundenlieds an: »›Auf dieser Welt Woanders, ist woanders stets mein Ziel.‹«
    ›Versuch nicht, mich zu halten, morgen bin ich nicht mehr hier bei dir‹, beendete sie stumm die Strophe, während er einen Grenzpaß aus der Tasche fischte und ihn auf den Tisch legte. Das Paßfoto schaute sie an, flankiert von dem Strichcode, mit dem die körperlichen und geistigen Merkmale verschlüsselt waren. Sie wünschte sich, ihre Augen wären ein Lesegerät, so daß sie imstande gewesen wäre, den Code zu entschlüsseln und wenigstens etwas von ihm in Erfahrung zu bringen. Unten standen die Worte

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