Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
…«, sagt Alexandre mit einem Seufzen.
Er schaut seinen Vater an. Mit einem strahlenden Lächeln. Einem Lächeln von Mann zu Mann.
»Ich bin glücklich«, wiederholt er, während er zusieht, wie die letzte Garbe den Park in ihr Licht taucht.
Zoé und Gaétan sind in den Keller hinuntergegangen. Mit einer Kerze, Streichhölzern, einem Rest Champagner in der Flasche und zwei Zahnputzbechern. Gaétan reißt das Streichholz an, und ein zitterndes Licht erfüllt den Kellerraum. Zoé zieht die Beine an, kauert sich an ihn und klagt über den harten, kalten Boden.
»Erinnerst du dich noch an das erste Mal … im Keller mit Paul Merson?«
»Ich habe Paul gar nicht gesehen …«
»Wahrscheinlich ist er in Skiurlaub gefahren …«
Sie zieht ihren Mantel zusammen und vergräbt das Kinn in dem leicht kratzigen Kragen.
»In drei Tagen fährst du wieder weg«, sagt sie leise.
»Denk nicht daran. Das bringt doch nichts …«
»Ich kann aber nicht anders.«
»Bist du so gern unglücklich?«
»Wirst du unglücklich sein?«, fragt sie und hebt die kleine, besorgte Nase einer argwöhnischen Frau.
Die Gegenwart dieses Jungen, der versucht, erwachsen zu wirken und das Leben zu beherrschen, bringt sie durcheinander. Sie hat alle Gewissheiten verloren. Das bedeutet Verliebtsein wohl auch. Keine Gewissheiten mehr zu kennen, zu zweifeln, Angst zu haben, sich immer das Schlimmste vorzustellen.
Er vergräbt die Nase in Zoés Haar und antwortet nicht.
Zoé seufzt. Die Liebe ist wie eine Achterbahn, mal geht es bergauf, mal geht es bergab, und ständig ändert sie die Richtung. Einmal bin ich mir sicher, dass er mich liebt, und tanze vor Freude, dann wieder bin ich mir nicht mehr sicher und möchte mich nur noch auf den Boden setzen und sterben.
»Warum wäschst du dir jeden Tag die Haare?«, fragt Gaétan und bewegt seine Nase in Zoés Haaren.
»Weil ich es nicht mag, wenn sie morgens riechen … sie riechen nach Schlaf …«
»Ich rieche gern morgens den Schlaf in deinen Haaren …«
Da entspannt sich Zoés Körper, ihre Schultern sinken herab; sie schmiegt sich an ihn wie ein Tier, das die Wärme des anderen sucht, um einzuschlafen, und streckt ihm ihr Glas entgegen, damit er es mit Champagner füllt.
Joséphine schlüpft zu Shirley ins Bett. Sie schläft lang ausgestreckt, die Hände über der Brust gefaltet. Joséphine kommen die Grabfiguren des Mittelalters in den Sinn, jene bemerkenswerten Männer und Frauen, die auf einer Stein- oder Marmorplatte liegend dargestellt wurden. Sie haben mit meisterlicher Hand über eine Provinz, eine Abtei, eine Burg geherrscht, plündernden Banden widerstanden, Kriegsherren, Feuer, kochendem Pech, brutalen Soldaten, die Brüste und Nasen abschnitten und Frauen vergewaltigten. Wir sind zwei von den Männern ausgeplünderte Frauen, zwei Frauen, die sich in die eisige Einsamkeit einer Burg oder eines Klosters zurückziehen und Seite an Seite mit gefalteten Händen schlafen. Lang ausgestreckt, weil wir tot sind. Im Mittelalter schlief man im Sitzen. Im Sitzen, von Kissen umgeben, die Beine ausgestreckt, den Körper im rechten Winkel. Man fürchtete die Waagrechte. Sie bedeutete den Tod.
Du Guesclin schiebt die Zimmertür auf und rollt sich vor dem Bett zusammen. Joséphine lächelt im Dunkeln. Er ahnt ihr Lächeln, kommt heran und leckt ihr die Hand. Der Hund zu Füßen der liegenden Toten war ein Symbol der Treue. Doug hat recht, ich bin eine treue Frau, und sie beugt sich hinab, um ihn zu streicheln.
Ich bin eine treue Frau, und er schläft mit einer anderen.
In der Nacht erwacht Shirley und hört Joséphines leises Weinen.
»Warum weinst du? Man darf das Jahr nicht mit Weinen beginnen …«
»Es ist wegen Philippe«, stammelt Joséphine. »Ich habe ihn angerufen. Dottie ist rangegangen … und sie schläft mit ihm. Sie wohnt sogar bei ihm, in seinem Zimmer, und das tut weh … Sie hatte ihre Uhr verlegt, und sie lag auf seinem Nachttisch, und das schien ganz normal zu sein …«
»Hast du mit ihm gesprochen?«
»Nein … Ich habe aufgelegt. Ich konnte nicht mit ihm reden … ich habe Alexandre gehört, der mit Dottie geredet hat … Er sagte, ich habe deine Uhr gefunden, sie lag auf Papas Nachttisch …«
Shirley ist nicht sicher, ob sie alles richtig versteht. Was sie jedoch versteht, ist, dass Joséphine leidet und sie sie nicht um Erklärungen bitten darf.
»Das war heute nicht unser Tag, was?«
»Nein, das war überhaupt nicht unser Tag«, antwortet Joséphine, knüllt
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