Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
sie mir nach unserer ersten Nacht geschenkt«, antwortet Dottie und schmiegt sich in seine Arme. »Mir ist kalt …«
    Er legt einen Arm um sie, geistesabwesend, als hielte er ihr die Tür eines Restaurants auf. Sie bemerkt es, und ihr Blick erlischt.
    Was Joséphine wohl gerade macht?, fragt sich Philippe, während er eine rot-grüne Rakete betrachtet, die wie eine lange Raupe mit tausend behaarten Füßen am dunklen Himmel explodiert. Sie hat nicht angerufen. Sie hätte angerufen, wenn sie mit Shirley, Gary und den Mädchen zu Hause wäre. Also ist sie ausgegangen … In ein Restaurant … mit Giuseppe. Sie stoßen an und flüstern einander gute Wünsche zu. Er trägt einen marineblauen Blazer, ein blau-weiß gestreiftes Hemd mit eingestickten Initialen, hat braunes Haar, Augen, grün wie schlafendes Wasser, ein schräges Lächeln, er hat immer ein Lächeln auf den Lippen und redet mit ausgebreiteten Armen, er ruft »Maaaah!« und dreht dabei die Handflächen nach oben, um Erstaunen oder Ärger auszudrücken. Er hat ihr Pralinen von Gianduiotti geschenkt, die besten Pralinen von ganz Turin, weil er sie zu einer Naschkatze gemacht hat. Und er singt ihr die Verse von Guinizelli vor, dem Dichter und Troubadour aus dem dreizehnten Jahrhundert. Verse, die Joséphine so sehr liebte, dass sie sie eines Tages abgeschrieben und Iris nach Megève geschickt hatte. Kopfschüttelnd hatte Iris sie laut vorgelesen und gesagt, was ist meine Schwester doch für ein dummes Ding! In ihrem Alter noch Gedichte abzuschreiben, mein Gott, das ist doch wirklich albern!
    Io voglio del ver la mia donna laudare,
    ed assembrarli la rosa e lo giglio;
    più che stella diana splende e pare,
    e ciò ch’è lassù bello a lei somiglio . 3
    3 »Ich will meine Dame wahrhaftig preisen,/sie mit Rose und Lilie vergleichen,/sie strahlt heller als der Morgenstern,/und was dort oben schön ist, setze ich mit ihr gleich.«
    Philippe hatte die Karte in seine Jacketttasche gesteckt. Auch er fand diese Verse sehr schön. Die Liebe singt so wunderschön auf Italienisch. Und dann hatte er sich gefragt, warum sie ihm so gut gefielen.
    »Mir ist kalt, ich hole mir einen Pullover«, sagt Dottie und macht sich mit Tränen in den Augen los.
    »Bist du traurig?«, fragt Alexandre seinen Vater.
    »Nein. Wie kommst du darauf?«
    »Du denkst an Maman … Sie liebte Feuerwerke. Weißt du, manchmal vermisse ich sie. Ich möchte ihr etwas erzählen, aber dann ist sie nicht mehr da …«
    Philippe weiß nicht, was er darauf antworten soll. Sprachlos, überrascht. Und nicht sehr mutig. Reden bedeutet, Dinge in Worte zu fassen. Und wenn es unbeholfene Worte sind, wird sich Alexandre an diese Worte erinnern. Trotzdem sollte ich mit ihm reden …
    »Und das ist komisch, weil wir doch nie viel miteinander gesprochen haben …«, fügt Alexandre hinzu.
    »Ich weiß … Sie war verschlossen, zurückhaltend … Aber sie liebte dich. Sie legte sich zu dir in dein Zimmer, wenn du nicht schlafen konntest, sie nahm dich in die Arme, wiegte dich, und ich, ich war wütend deswegen!«
    »Seit Becca und Dottie da sind, geht es besser«, sagt Alexandre. »Vorher war es ein bisschen traurig, nur wir beide …«
    »Aha?«
    »Mir gefällt es so, wie es jetzt ist …«
    »Mir auch …«
    Und das stimmt. Sie haben eine Woche Ferien zusammen verbracht. Jeder hat seinen Platz in der Wohnung gefunden. Becca in der zum Schlafzimmer umfunktionierten Wäschekammer, Dottie und er selbst in seinem Zimmer. Dotties federleichte Gegenwart, die nichts verlangt und vor unterdrücktem Glück erschauert, einem Glück, das sie nicht zeigen will, aus Angst, es könnte sich in Luft auflösen. Annie, die mit Becca schwatzt, ihr Postkarten aus ihrer Heimat, der Bretagne, zeigt. Brest. Das ist Brest, und das ist Quimper, wiederholt sie, Quimper … und Becca, die weder das »qu« noch das »r« aussprechen kann und, den Mund voll von englischem Brei, die Silben nachzubilden versucht.
    »Ich bin glücklich, Papa.«
    »Und ich bin glücklich, dass du glücklich bist …«
    »Ich möchte nicht, dass sich etwas ändert.«
    Becca ist um halb eins ins Bett gegangen. Seit ich ein Dach über dem Kopf habe, schlafe ich die ganze Zeit. Ich werde ein richtiges altes Muttchen. Bequemlichkeit macht schlaff. Draußen im Park war ich besser in Form. Sie sagt das mit einem Lächeln, aber man ahnt, dass sie es ernst meint und ihr diese Vorstellung nicht sonderlich gefällt.
    »Ich glaube sogar, ich war noch niemals so glücklich

Weitere Kostenlose Bücher