Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
putzen. Der ist sicher fettig. Das muss ziemlich knifflig sein … Mit ein bisschen Glück brauche ich dafür einen halben Tag! Außerdem rückte das Mittagessen näher. Sie würde den Tisch decken, Junior dabei zusehen, wie er mit einem Buch in der Hand sein Kalbsragout verschlang, würde den Tisch abräumen, mit der Hand spülen, abtrocknen, sorgfältig den Waschbeckenrand reinigen …
Sie hörte nicht, wie ihr Sohn in die Küche kam. Er zog sich auf einen Hocker und riss sie aus ihren hausfraulichen Träumereien.
»Stimmt etwas nicht, liebste Mama? Ich sehe, du bist trübsinniger Stimmung … Ist dir melancholisch zumute?«
»Sagen wir, es könnte besser gehen, mein süßes Dickerchen.«
»Sollen wir beide ein wenig plaudern?«
»Ist dein Lehrer nicht da?«
»Ich habe ihn nach Hause geschickt, er hatte seine Hausaufgaben nicht gemacht … außerdem wird er seiner Rolle nicht gerecht. Die wichtigste Aufgabe eines Lehrers besteht darin, die Freude am Lernen und Wissen zu wecken …«
»Ach, Junior! Wie kannst du nur so über einen derart gebildeten Mann sprechen?«, empörte sich Josiane und sah ihn strafend an.
»Ich sage nichts als die reine Wahrheit, liebste Mama. Der Mann ist erschöpft. Wir müssen ihn austauschen. Er tritt schon seit einer Weile auf der Stelle. Wenn wir unsere Arbeiten zurückbekommen, sind meine Noten besser als die seinen …«
»Und der andere lässt auch nach?«
Junior hatte zwei Hauslehrer: den einen morgens, den anderen nachmittags. Zwei junge Männer, Absolventen von Eliteuniversitäten, die pünktlich eintrafen, um ihn zu unterrichten, mit Aktentaschen voller Bücher und Hefte, bunter Kulis und karierter Schreibblocks. Sie zogen im Flur ihren Mantel aus und betraten Juniors Zimmer, als wäre es ein Heiligtum. Mit Lampenfieber im Bauch. Sie putzten ihre Schuhe ab, zogen ihren Krawattenknoten fest, hüstelten, räusperten sich, klopften an und warteten auf den Befehl zum Eintreten. Das Kind schüchterte sie ein.
»Nein! Der schlägt sich wacker! Unsere Diskussionen sind faszinierend. Er spornt mit seinen Bemerkungen mein Gehirn an und gibt mir tausend Probleme auf. Er hat eine rasche Auffassungsgabe, ist belesen, hat ein ausgezeichnetes Gedächtnis und kann klar argumentieren. Wir haben viel Spaß zusammen … Aber lass uns nicht länger über mich reden, sag mir, was dich bedrückt …«
Josiane seufzte. Sie wusste nicht, ob sie ihrem Sohn die Wahrheit sagen oder sich mit Müdigkeit, dem Wetterumschwung oder einer vorübergehenden Grippe herausreden sollte. Sie spielte mit dem Gedanken, alles auf den Pollenflug zu schieben.
»Und versuch nicht, mir etwas zu verheimlichen, liebste Mama. Ich lese in dir wie in einem Buch … Du langweilst dich, habe ich recht? Du läufst durch die Wohnung und weißt nicht mehr, was du noch auf Hochglanz bringen sollst. Früher hattest du einen Beruf, du warst Teil der Firma, du gingst morgens aus dem Haus, mit strammem Schritt und stolzer Miene, und wenn du abends nach Hause kamst, schwirrte dir der Kopf vor lauter Plänen. Du hattest deinen Platz in der Gesellschaft. Aber jetzt sitzt du meinetwegen in der Wohnung fest, besorgst den Haushalt, gehst einkaufen, kochst und langweilst dich …«
»Genauso ist es, Junior«, antwortete Josiane, überrascht vom Scharfblick ihres Sohnes.
»Und warum gehst du nicht wieder zurück zu Casamia?«
»Dein Vater will das nicht. Er will, dass ich mich nur um dich kümmere!«
»Und das nervt dich …«
Verlegen sah sie ihn an.
»Ich liebe dich über alles, mein dickes Baby, aber wir müssen realistisch sein, du brauchst mich nicht mehr …«
»Ich habe mich zu schnell entwickelt …«
»Viel zu schnell …«
»Ich habe meine Aufgabe als Baby nicht erfüllt. Das weiß ich. Ich mache mir deswegen häufig Vorwürfe. Aber was soll ich machen, Maman, es ist so langweilig, ein Baby zu sein!«
»Keine Ahnung. Daran erinnere ich mich nicht mehr …«, antwortete Josiane lachend. »Es ist so lange her!«
»Also … Sag es mir … Es ist etwas heikel für mich, dich auszufragen. Du solltest mir helfen.«
»Also dachte ich …«, sagte Josiane, nicht sicher, ob sie ihm die Wahrheit gestehen konnte.
»Das du gern ein zweites Baby hättest …«
»Junior!«
»Und warum nicht? Du müsstest nur Papa davon überzeugen … Ich weiß nicht, ob er noch so große Lust darauf hat. Ihm macht das Alter allmählich zu schaffen …«
»Ganz genau, Mister Schlau …«
»Und du traust dich nicht, mit ihm darüber zu
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