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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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keinen Regenschirm mitgenommen.
    ›Später, my boy , habe ich vieles begriffen … Ich habe begriffen, dass meine Eltern nicht selbst verantwortlich waren, sondern dass sie das Produkt ihrer Erziehung und der Fehler ihrer Eltern waren, und ich habe beschlossen, nur das Beste von ihnen in Erinnerung zu behalten. Alles andere zu vergessen … Weißt du, my boy , irgendwann präsentieren dir deine Eltern unweigerlich die Rechnung. Und dann ist es besser, zu bezahlen und ihnen zu verzeihen. Die Leute denken immer, verzeihen sei ein Zeichen von Schwäche, aber ich glaube genau das Gegenteil. Erst wenn du deinen Eltern verzeihst, wirst du wirklich stark.‹
    Ich dachte an meine Eltern. Ich hatte ihnen niemals gesagt, dass ich sie liebte oder hasste. Sie waren meine Eltern. Punkt. Ich machte mir keine Gedanken über sie. Überhaupt reden wir nicht viel miteinander. Wir tun bloß so, als ob … Papa gibt mir den Kurs vor, und ich folge. Ich rebelliere nicht. Ich gehorche. Es ist so, als wäre ich nie älter geworden, als wäre ich immer noch der kleine Junge in kurzen Hosen.
    ›Es war eine furchtbare Zeit gewesen. Ich hatte das Gefühl, im Nebel umherzuirren. Ich hatte Hunger, mir war kalt, ich war allein. Ich stellte allen möglichen Unsinn an. Ich verstand nicht, warum sie mich verlassen hatte … Ich sagte mir, dass es gefährlich sei, jemanden zu lieben, weil dieser Mensch sich gegen mich wenden und mir einen Schlag ins Gesicht versetzen würde. Das hat mir bei meinen Beziehungen zu Frauen sicher nicht geholfen. Ich habe den Fehler begangen, zu glauben, jede Frau, die ich liebte, würde sich wie meine Mutter verhalten. Ich hatte immer Angst davor, dass sie mich verlassen würde.‹
    Er schaute zu mir auf und wirkte erstaunt, mich zu sehen. Eine Sekunde zeigte sich so etwas wie Überraschung in seinem Blick. Das machte mich verlegen. Ich räusperte mich, hmm, hmm! Er lächelte und machte auch hmm, hmm! Und dann saßen wir beide einander schweigend gegenüber.
    Nach einer Weile bin ich aufgestanden und habe leise gesagt, dass ich vielleicht besser gehen solle, es sei schon spät. Er hat mich nicht aufgehalten.
    Ich war ein wenig benommen. Ich sagte mir, dass er mir vielleicht zu viel erzählt hatte, dass ich dieses ganze Vertrauen gar nicht wert sei. Dass er am nächsten Morgen bereuen würde, mir sein Herz ausgeschüttet zu haben …
    Ich verließ das Hotel. Es war dunkel, es ging ein heftiger Wind, der Himmel war schwarz und bedrohlich. Der Portier hat mir einen Regenschirm hingehalten, aber ich habe abgelehnt. Ich habe meinen Kragen hochgeschlagen und bin in die Pariser Nacht hinausgegangen. Ich war zu traurig, um die Métro zu nehmen. Ich musste laufen. Musste über all das nachdenken, was er mir gesagt hatte.
    Und dann brach das Gewitter los.
    Ich hatte keinen Regenschirm, und als ich zu Hause ankam, war ich nass bis auf die Haut.«
    Joséphine ließ das schwarze Heft sinken und dachte an ihre Mutter.
    Auch sie hätte sich gewünscht, dass ihre Mutter sie anschaute, dass sie stolz auf sie war, dass sie kleine Geheimnisse miteinander teilten.
    Doch das war nie geschehen.
    Auch sie war der Auffassung, dass jemanden zu lieben gleichzeitig das Risiko bedeutete, einen Schlag ins Gesicht zu bekommen. Und sie hatte schon heftige Schläge einstecken müssen. Antoine hatte sie verlassen, um mit Mylène zusammenzuleben, Luca war in einem Sanatorium, Philippe turtelte in London mit Dottie herum.
    Sie kämpfte nicht. Sie ließ sich berauben. So ist nun mal das Leben, sagte sie sich …
    Sie blätterte ein paar Seiten zurück:
    »Ich habe den Fehler begangen, zu glauben, jede Frau, die ich liebte, würde sich wie meine Mutter verhalten. Ich hatte immer Angst davor, dass sie mich verlassen würde.«
    Henriette hatte sie in den Strudeln des Atlantiks zurückgelassen, als sie noch ein Kind war. Von den tosenden Wellen erfasst, hatte sie sich zwischen ihr und ihrer Schwester entschieden. Hatte sich entschieden, sie sterben zu lassen und Iris zu retten. Sie hatte das lange Zeit ganz normal gefunden.
    Aller Erfolg von Cary Grant hatte den Schmerz des kleinen Archibald Leach nicht auslöschen können.
    Aller Erfolg der Demütigen Königin , ihre Habilitation, ihr brillantes Studium, ihre Vorträge in der ganzen Welt vermochten nicht den Schmerz darüber auszulöschen, dass ihre Mutter sie nicht liebte, sie niemals lieben würde.
    Cary Grant war immer der kleine neunjährige Junge geblieben, der seine Mutter im ganzen Haus suchte.
    Sie

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