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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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es nicht mehr, nicht wahr? Weil ich unterschrieben habe und alle übrigen Bewohner von Haus A ebenfalls … Bei der Eigentümerversammlung werden wir das endgültig mit dem Hausverwalter klären. Und die ist doch demnächst, nicht wahr?«
    Er sagte ständig »nicht wahr«. Die Floskel gliederte seine Sätze.
    »Ja. In zwei Wochen …«
    »Dann werden wir uns jetzt voneinander verabschieden, Madame Cortès. Ich bitte Sie, mich nicht länger zu bedrängen. Ich bin müde, ich hatte einen anstrengenden Tag …«
    Ein weiterer Hustenanfall unterbrach ihn mitten im Satz, und er hob das Taschentuch an seine Lippen. Trank einen weiteren Schluck Wasser. Joséphine wartete, bis er wieder Luft bekam, und fragte: »Darf ich morgen wiederkommen?«
    »Ich will vor allem, dass Sie mir dieses Heft zurückgeben. Diesmal werde ich es verbrennen …«
    »O nein! Das dürfen Sie nicht!«
    »Ich bitte Sie, Madame Cortès, ich mache damit, was ich will. Es gehört mir …«
    »Seit ich es gelesen und jede einzelne Zeile davon geliebt habe, gehört es Ihnen nicht mehr allein. Es gehört jetzt auch mir …«
    »Sie übertreiben, Madame Cortès. Ich bitte Sie höflich, jetzt zu gehen … Und mir zu versprechen, mir dieses Heft zurückzugeben, damit ich damit verfahren kann, wie es mir beliebt …«
    »O nein, Monsieur Boisson, tun Sie das nicht. Für mich ist das eine Frage von Leben oder Tod …«
    Er zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
    »Ach, wirklich … Das klingt reichlich dramatisch.«
    »Dieses Tagebuch hat mein Leben verändert. Bitte glauben Sie mir. Das ist nicht nur einfach so dahingesagt.«
    »Ich bin müde, Madame Cortès, müde … Ich möchte jetzt gern zu Abend essen und dann ins Bett gehen.«
    »Erst müssen Sie mir versprechen, mich noch einmal zu empfangen. Ich muss Sie um einen riesigen Gefallen bitten …«
    »Noch eine Petition …«
    »Nein, etwas sehr Spezielles.«
    »Hören Sie, Madame Cortès, ich bin es leid, Ihnen immer wieder das Gleiche sagen zu müssen. Sie haben Ihre Unterschrift, also gehen Sie jetzt bitte!«
    »Ich kann nicht …«
    »Wie, Sie können nicht …?«
    Er wirkte verärgert und schien es kaum erwarten zu können, dass sie endlich ging. Er war aufgestanden und wies ihr die Tür.
    »Ich werde sterben, wenn Sie mich wegschicken …«
    »Wollen Sie mich erpressen?«
    »Nein, das ist die Wahrheit …«
    Er breitete machtlos die Arme aus und wollte etwas sagen, als ihn ein neuerlicher Hustenanfall überkam. Er krümmte sich zusammen, schwankte und musste sich setzen. Mit einem Finger deutete er auf ein Fläschchen auf dem Tisch und murmelte: Dreißig Tropfen, geben Sie mir dreißig Tropfen davon in einem Glas Wasser. Sie nahm das Fläschchen, zählte dreißig Tropfen ab, goss Wasser hinzu und reichte ihm das Glas. Neben dem Fläschchen lag das Arztrezept mit seiner langen Liste von Medikamenten.
    Nachdem er ausgetrunken hatte, gab er ihr erschöpft das leere Glas zurück.
    »Lassen Sie mich doch bitte in Ruhe, Sie wühlen schreckliche Erinnerungen auf … Das tut mir nicht gut.«
    »Seit ich Ihr Tagebuch gelesen habe, vergeht nicht ein Tag, an dem ich nicht an ihn denke, an Sie denke … Sie sind ein Teil meines Lebens geworden, das ist es, was Sie nicht verstehen. Ich kann Sie nicht in Ruhe lassen, bevor ich nicht mit Ihnen geredet habe … Sie brauchen auch nichts zu sagen, es reicht, wenn Sie schweigen und mir mit Gesten antworten.«
    Er wirkte so schwach, so blass, dass man fast hätte meinen können, er sei aus Wachs. Als wäre alles Leben aus ihm gewichen.
    »Monsieur Boisson, ich habe nicht übertrieben, als ich sagte, dass dieses Tagebuch mein Leben verändert hat … Sagen Sie nichts. Ich werde es Ihnen erklären …«
    Und sie erzählte. Von jenem Tag am Atlantik, als sie beinahe gestorben wäre, wie sie es aus dem Wasser herausgeschafft hatte, wie sie ihr ganzes Leben lang allem hinterhergelaufen war, niemals Selbstvertrauen gekannt hatte, niemals sicher gewesen war, etwas gut zu machen. Sie erzählte ihm von Antoine, von Hortense und Zoé, von Iris, von Iris’ Tod …
    »Man hat mir gesagt, einer der vermeintlichen Täter habe in dieser Wohnung gelebt«, sagte er leise und hielt sich dabei die Brust.
    »Das stimmt.«
    Sie erzählte von ihrer Mutter, von Iris, von Iris’ Schönheit, die sie selbst auslöschte, auch sie hielt sich für einen unbedeutenden Regenwurm, auch sie wusste nicht, dass sie auf eigenen Beinen stehen konnte … Bis ihr bei der Lektüre des Tagebuchs klar geworden

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