Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
einer Concierge verlangt man ja keinen Bauchtanz, was, Madame Cortès?
Yves Léger hatte ebenfalls unterschrieben. Er telefonierte gerade und hatte keine Zeit zu reden, wo soll ich unterschreiben, worum geht es genau? Die Concierge? Sie ist perfekt …
Blieben nur noch Monsieur und Madame Boisson. Iphigénie jubilierte, sehen Sie, sehen Sie? Ich hatte es Ihnen doch gesagt, ich bin superklasse, ich mache meinen Job besser als jeder andere, und wissen Sie was? Wenn wir alle Unterschriften von Haus A zusammenhaben, verlange ich eine Gehaltserhöhung. Zack, und immer drauf auf diesen blöden Hausverwalter, der seine Süße hier ins gemachte Nest setzen und in der Mittagspause zum Schäferstündchen vorbeikommen will. Denn darum geht es doch, Madame Cortès, nicht mehr und nicht weniger! Schäferstündchen in der Mittagspause!
»Zu Monsieur Boisson gehe ich morgen … Es ist schon spät, Iphigénie, Zeit fürs Abendessen. Sie wollen bestimmt gleich zu Tisch …«
»Ach, Quatsch, was geht Ihnen jetzt so kurz vor dem Ziel die Luft aus? Na los! Den Boissons habe ich erst neulich aus der Patsche geholfen. Ich habe ihr verstopftes Spülbecken repariert, da sind sie mir das doch wohl schuldig!«
Sie wartete, Gewehr bei Fuß. Begann sich zu ärgern.
»Ich bitte Sie, Madame Cortès, wir haben es fast geschafft!«
»Na gut, einverstanden«, seufzte Joséphine, die nicht weiter diskutieren wollte. »Ich gehe. Aber Sie warten unten auf mich, Sie bringen mich ganz durcheinander, wenn Sie mich so unter Druck setzen …«
»Zum Glück setze ich Sie unter Druck, Madame Cortès, Sie sind ja auch so schüchtern! Wovor haben Sie denn Angst? Ist es, weil er auf der École Polytechnique war? Sie haben doch auch etwas Langes und Kompliziertes studiert …«
»Ich gehe ja schon, aber warten Sie in Ihrer Loge auf mich …«
»Okay«, willigte Iphigénie ein und gab ihr übliches Trompetenschnauben von sich. »Aber irgendwie habe ich das ungute Gefühl, dass Sie mich im Regen stehen lassen wollen …«
»Nein, Iphigénie! Ich habe gesagt, ich gehe, also gehe ich auch …«
Iphigénie war nach unten gegangen und hatte auf der Treppe den Kopf verdreht, um sich zu vergewissern, dass sich Joséphine auch nur ja nicht drückte.
Der Augenblick der Wahrheit war gekommen. Der alles entscheidende Moment …
Der Moment, in dem Joséphine die Erlaubnis erhalten würde, dieses Buch, das sich in ihr entfaltete, zu schreiben oder auch nicht. Sie stand vor der großen grünen Tür mit den kupfernen Knäufen.
Sie klingelte.
Wartete.
Hörte eine Männerstimme, die fragte, was gibt’s?
Antwortete, hier ist Madame Cortès aus dem fünften Stock.
Ein Auge drückte sich gegen den Spion.
Sie hörte das Drehen eines Schlüssels im Schloss, einmal, zweimal, dreimal, einen Riegel, zwei Riegel, einen Sperrbügel, noch einen Riegel …
Ein Mann öffnete.
»Monsieur Boisson?«
»Ja …«
»Ich muss mit Ihnen reden.«
Er räusperte sich. Er trug eine weinrote wollene Hausjacke mit einem ebenfalls weinroten geflochtenen Gürtel und ein graues Halstuch. Er war blass, die beinahe durchsichtige Haut spannte sich über den Knochen. Er stand in der halb geöffneten Tür und musterte sie.
»Es geht um die Concierge …«
»Meine Frau ist nicht da, sie kümmert sich um solche Dinge … Kommen Sie ein anderes Mal wieder.«
»Es ist wichtig, Monsieur Boisson, ich brauche nur eine Unterschrift von Ihnen. Alle anderen haben unterschrieben, es geht darum, eine Ungerechtigkeit wiedergutzumachen …«
»Aber …«
»Nur eine kleine Unterschrift, Monsieur Boisson.«
Sie sah ihn an. Das war also der Kleine Mann, der vor Freude durch die Métrogänge lief, weil er die Liebe entdeckte … Der Genevièves Damenbart küsste, den Unterricht schwänzte, mit Cary Grant Champagner trank, einen Kaschmirschal für einen Mann kaufte, der in der Sonne lebte, und diesen anflehte, ihn als Fahrer oder Mädchen für alles einzustellen.
Er führte sie ins Wohnzimmer, einen großen, tristen Raum mit gediegenen gedrechselten Möbeln. Eine Vitrine, in der sie Champagnerflöten bemerkte, säuberlich aufgereiht. Steife Sessel mit unbequemen Rückenlehnen und Orientteppiche auf einem versiegelten Parkettboden. Das Zimmer wirkte kalt und traurig. Eine Zeitung lag aufgeschlagen auf einem Sofa. Eine einzige Lampe erhellte das Zimmer. Sie musste ihn bei der Zeitungslektüre gestört haben.
»Meine Frau ist zu ihrer Schwester nach Lille gefahren … Ich bin allein, normalerweise ist
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