Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
Vom Netzwerk:
verschwommen, aber wollte sie es wirklich kristallklar vor Augen haben? Sie wollte doch bloß lachen und ihr Bad nehmen. Sie legte den Trauermarsch von Chopin ein und ließ sich ins Wasser gleiten.
    Morgen würde sie hinaus in die Stadt gehen.
    Sie würde ihren Regenhut aufsetzen, sie würde ein paar blonde Strähnen darunter hervorziehen, würde Lippenstift auftragen, und dann würde sie durch die Straßen spazieren, durch die Parks, an den Teichen entlang, so wie früher …
    Glaub ja nicht, damit wäre alles geklärt, meine Liebe, du hast deine düsteren Gedanken noch nicht überwunden.
    Sie rief Oliver an.
    Fragte ihn, ob er sich mit ihr im Spaniards Inn treffen könne, ihrem Pub in Hampstead. Sie ließ ihr Fahrrad unabgeschlossen im Garten stehen und ging hinein. Aufgewühlt, ängstlich. Sie hatte ihren düsteren Gedanken Schranken auferlegt.
    Es saß im hinteren Teil des dunklen Schankraums, ein Bier vor sich, die dichten Locken ungekämmt. Ein großer gelb-grüner Wanderrucksack stand auf dem Stuhl. Er stand auf und presste seine Lippen so fest auf die ihren, dass sie in diesem Kuss zu verschwinden glaubte. Die Wirtin, eine große, hagere Frau mit hochroten Wangen und kaum Haaren auf dem Kopf, hatte Musik eingeschaltet, um die Stille auszufüllen. Es war Madness.
    »Geht es dir besser?«, fragte er.
    Sie antwortete nicht. Die Frage missfiel ihr. Was glaubte er denn? Dass sie krank sei und sich pflegen müsse? Sie löste sich von ihm und drehte den Kopf zur Seite, damit er das gereizte Funkeln in ihren Augen nicht bemerkte.
    Sie blieben stehen, einander gegenüber, mit hängenden Armen, wie zwei unbeholfene Debütanten.
    »Ein bisschen klischeehaft, wie wir hier stehen, findest du nicht?«, fügte er hinzu.
    Und sie lächelte traurig.
    »Dann soll ich also nicht gehen?«, fragte er mit seinem breiten Holzfällerlächeln.
    Sie hörte die Zärtlichkeit in seiner Stimme. Hörte die Fügsamkeit. Wie sie ihn darum beneidete, so stark, so unkompliziert lieben zu können, ohne Geister, die einen an den Füßen zerrten …
    Er breitete die Arme aus.
    Vorsichtig schmiegte sie sich an ihn.
    »Glaubst du, du wirst mich eines Tages lieben können?«
    »Und gleich wieder so dramatisch.« Sie seufzte und schaute zu ihm auf. »Siehst du nicht, dass ich dabei bin, mein Herz an dich zu hängen? Und das ist schon ein großer Fortschritt, weißt du …«
    »Nein, das ist es ja gerade. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht das Geringste über dich. Das habe ich in den letzten Tagen ständig gedacht …«
    »Ich wusste selbst nichts über mich. Erst du hast mich gezwungen, genauer hinzusehen …«
    »Du solltest mir dankbar sein …«
    »Das weiß ich noch nicht … Ich bin müde, so müde …«
    »Du bist zurückgekommen, und darüber bin ich glücklich … Ich war mir nicht sicher, ob du zurückkommen würdest …«
    »Und was hättest du dann gemacht?«
    »Nichts. Es ist deine Entscheidung, Shirley …«
    Sie lehnte sich an ihn und rührte sich nicht mehr. Sparte die Kräfte auf für spätere Kämpfe. Er beugte sich vor und küsste sie, hielt ihre Arme fest, damit sie sich nicht wehrte. Nach zehn Tagen, in denen sie sich in ihren Kummer und ihren Zorn verbissen hatte, erschien ihr dieser Kuss so sanft, so zärtlich, dass sie ihn sich als Ruhepause zugestand. Küss mich, dachte sie, küss mich und erlöse mich davon, ständig denken zu müssen, ich will an nichts mehr denken, ich will in die Gegenwart zurückkehren, deinen Mund auf meinem spüren, deine festen, geschmeidigen Lippen spüren, die meine auseinanderschieben, und sei’s drum, wenn es nur ein Kuss sein soll, eine vorübergehende Leidenschaft, ich nehme ihn, und ich genieße ihn. Sie küssten sich lange, kunstvoll, ließen sich Zeit, und sie dachte, sie dachte, dass dieser Kuss eher einem glücklichen Ringen glich als dem Eingeständnis einer Niederlage. Er zog sie noch fester an sich, erdrückte sie mit seinem vertrauensvollen Gewicht, umschlang sie mit seinen Armen wie einen schweren Baumstamm, atmete ihren Duft ein, schob sie ein Stück von sich, zog sie wieder an sich, tätschelte ihren Kopf, flüsterte, tss … tss … und küsste sie erneut, als befänden sie sich nicht in einem englischen Pub, sondern in einem großen, aufgeschlagenen Bett.
    Sie lauerte darauf, dass der Zorn sich in ihr regte.
    Sie wusste, dass er nicht einfach so verschwinden würde.
    Sie stand erst am Beginn einer langen Heilung.
    Henriette wartete, bis René und Ginette ins Auto stiegen, bis

Weitere Kostenlose Bücher