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Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)

Titel: Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Twinsets und Pfennigabsätze. Mein Vater hatte einen Panhard gekauft. Sonntags fuhren wir im Auto die Champs-Élysées hinunter. Malraux hatte damit begonnen, die dunklen Fassaden der Pariser Gebäude reinigen zu lassen, und die Leute waren empört! Ich war hin und her gerissen zwischen der konservativen Welt meiner Eltern und der neuen Welt, die ich heraufziehen spürte, aber zu der ich nicht gehörte. Johnny Hallyday war ein Idol, die Leute summten Retiens la nuit , Claude François sang Belles, belles, belles , die Beatles feierten mit Love me do Triumphe und traten mit Trini Lopez vor Sylvie Vartan im Olympia auf. Ich durfte nicht hingehen … Ich hörte in meinem Zimmer ganz leise Salut les Copains . Mein Transistorradio versteckte ich hinter einem riesigen Lateinwörterbuch, falls meine Mutter hereinkommen sollte. Maman hörte Ça va bouillir! mit Zappy Max auf Radio Luxembourg, aber das hätte sie um nichts in der Welt zugegeben! Im Kino schauten wir West Side Story , Lawrence von Arabien , Jules und Jim . Truffauts Dreiecksgeschichte galt als subversiv! Es waren die Jahre von Brigitte Bardot, ich fand sie so schön. Sorglos und unbeschwert. Sie war frei, sagte ich mir, frei und glücklich, sie hatte zahllose Liebhaber und lief splitternackt herum, und dann habe ich erfahren, dass sie einen Selbstmordversuch unternommen hatte … Marilyn war am 5. August 1962 gestorben. Ich erinnere mich noch daran, es war ein Schock … Sie war sexy und traurig zugleich. Ich glaube, das war der Grund, warum die Menschen sie so verehrten. Ich erlebte das alles sehr intensiv, aber aus der Ferne … Die Schwingungen des Lebens da draußen reichten nicht bis in unser Wohnzimmer. Ich war ein Einzelkind, und ich erstickte …Ich war ein hervorragender Schüler, hatte mein Abitur mit Auszeichnung bestanden, und Papa hatte verkündet, dass ich auf die École Polytechnique gehen sollte. Genau wie er … Ich hatte keine Freundin, und auf Partys stand ich immer am Rand … Ich erinnere mich an meine erste Überraschungsparty, ein Freund hatte mich auf seiner Solex mitgenommen, es regnete in Strömen, und als wir ankamen, war ich klitschnass! Die erste Platte, die ich beim Hereinkommen hörte, war I Get Around von den Beach Boys, und ich wollte unheimlich gern tanzen. Aber ich habe mich nicht getraut … Ich sagte Ihnen ja bereits, ich war ein Feigling … Und dann hat mir ein Freund meiner Eltern angeboten, ein Praktikum bei den Dreharbeiten von Charade zu machen, ich weiß bis heute nicht, warum meine Eltern Ja gesagt haben. Ich glaube, meine Mutter mochte Audrey Hepburn sehr, sie fand sie elegant, vornehm, hinreißend. Sie wär gerne so gewesen wie sie … und so bin ich ihm begegnet.«
    Joséphine hörte zu. Sie hatte einen dicken weißen Schreibblock gekauft und machte sich Notizen. Sie wollte alles wissen. Bis ins kleinste Detail. Sie hatte sich Cary Grants Lektion gemerkt: »Es braucht mindestens fünfhundert kleine Details, um einen guten Eindruck zu machen«, und sie wollte Hunderte von Details, damit ihre Geschichte und ihre Figuren lebendig wurden. Damit man das Gefühl bekam, sie vor sich zu sehen. Sie wusste, dass man eine Geschichte mit Einzelheiten füllen musste, damit sie Hand und Fuß bekam. Keine abstrakten Wörter, hatte Simenon gesagt, ausschließlich Konkretes. Sie hatte seine Memoiren gelesen. Darin erklärte er, wie er jede Figur konstruierte, indem er immer mehr Details zusammenfügte. Waren die Figuren erst einmal konstruiert, entwickelte sich die Geschichte wie durch Zauberhand. Die Geschichte muss aus dem Inneren der Figuren erwachsen, sie darf nicht von außen aufgezwungen werden. Sie verließ sich darauf, dass Monsieur Boisson ihr genügend Details verraten würde, damit der Kleine Mann lebendig wurde.
    Er redete. Auf dem Sofa liegend, die Füße hochgelagert, im Nacken ein Kissen, das er immer wieder auffing, wenn es herunterfiel. Das Tablett mit der Flasche Bourbon, seinen Tropfen und seinen Tabletten in Reichweite. Er mischte Wasser, Tabletten und Alkohol und erinnerte dabei an einen kränklichen Teenager, der im Verborgenen trinkt, ohne dass seine Eltern etwas davon merken … Sie betrachtete das spärliche Haar in seinem Nacken, seine durchscheinende Haut. Seine Zerbrechlichkeit rührte sie. Ein Satz von Stendhal kam ihr in den Sinn: »Man muss das Leben schütteln, sonst zehrt es uns aus.« Monsieur Boisson wirkte ausgezehrt. Wie ein Fischgerippe …
    Oft hatte sie den Eindruck, dass er ganz in die

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