Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
rutschigen Pflastersteine, an ihre Hand in Garys Hand und an die kleine Jeansjacke, die an den Schultern ein wenig spannte. Sie fragte sich, was er wohl gerade machte. Warum ruft er nicht an? Warum müssen wir uns immer streiten? Sie nahm das schwarze Reißverschlusskleid. Sie hatte einen Prototyp davon nähen lassen, nur für sich allein. Aus eng anliegendem Stretchstoff. So eng, dass sie kaum noch Luft bekam. Sie zog es an. Bürstete ihr langes Haar, schminkte sich zwei lange, schwarze Striche, die ihre grünen Augen betonten, weiß, sehr weiß der Teint, rot, knallrot der Mund. Zog ihre hochhackigen rosa Sandalen an. Was noch?, fragte sie sich und schaute prüfend in den Spiegel. Das kleine Detail, das alles in den Schatten stellen würde. Wo bist du, kleines Detail? Sie krempelte die Ärmel der Jacke hoch, wählte ein Paar schwarze Lederhandschuhe, die das Handgelenk freiließen. Steckte eine große Brosche von Topshop an den Jackenkragen. Sie trat einen Schritt zurück. Perfekt.
Nahm eine große Umhängetasche. Schwang sie vor und zurück, um die Wirkung zu prüfen. Mehr als perfekt.
Einen langen schwarz-weißen Schal. Eine Sonnenbrille.
Auf zu ruhmreichen Ufern!
Sie sprang in ein Taxi und ließ sich vor dem Sketch absetzen. Grüßte den Türsteher, der sie an der Schlange vorbeiließ und sie mit einem Hi, honey! begrüßte! Immer noch so schön und sexy! Sie schenkte ihm ein perfektes Lächeln, jenes katzenhafte Lächeln, das einen auf der Stelle tot umfallen ließ. Er hatte recht, sie war schön, sie war sexy, das spürte sie beim Gehen, alles war perfekt, heute Abend war alles perfekt, bis auf die Tatsache, dass ihr Herz immer noch schwer war. Schwer und leer zugleich. Ich habe einen Durchschnitt von siebenundachtzig Prozent, und ich habe das Projekt des Jahres entworfen, sagte sie sich, um ihre Laune zu verbessern, und mit einem energischen Hüftschwung passierte sie die Tür, als wollte sie sich von diesem zu schweren oder zu leeren Herzen befreien.
Im Eingang stieß sie mit einem Mann zusammen. Er entschuldigte sich. Fragte, kennen wir uns? Bisschen alt, der Spruch, was?, entgegnete sie. Er lächelte. Musterte sie in aller Seelenruhe von Kopf bis Fuß. Lächelte wieder, ein flüchtiges, knappes Lächeln.
»Ich mag Ihren Look … War das alles Ihre Idee?«
Sie sah ihn verwirrt an.
»Ich meine … Das schwarze Kleid, vorn ein Reißverschluss, hinten ein Reißverschluss, die zu kurze Jeansjacke, die gerafften Handschuhe, die Brosche, der lange Schal …«
Sie riss die Augen auf.
»Ja, klar … Das Kleid habe ich selbst entworfen … Für H & M «, log sie dreist. »Sie haben es bei mir in Auftrag gegeben … Und jetzt soll es das Highlight ihrer Winterkollektion werden.«
Er musterte sie respektvoll.
»Dafür sind Sie aber noch ziemlich jung …«
»Na und?«
»Sie haben recht … Das war idiotisch von mir …«
»Allerdings …«
»Ich leite die Designabteilung von Banana Republic. Ihr Stil gefällt mir … Ich schlage Ihnen einen Deal vor. Sie kommen zwei Monate zu Banana, entwickeln neue Ideen, und ich bezahle Sie dafür. Und zwar sehr gut …«
»Haben Sie eine Karte?«
»Ja …«
Er reichte ihr eine Visitenkarte. Sie las seinen Namen, seinen Titel, Banana Republic.
»Kann ich die behalten?«
»Sie haben mir noch nicht geantwortet …«
»Ich habe einen Agenten, rufen Sie ihn an, er nennt Ihnen meine Konditionen.«
»Geben Sie mir seinen Namen und seine Nummer? Ich rufe ihn gleich morgen früh an. Sie müssten im Juli anfangen. Haben Sie da Zeit?«
Sie nannte ihm Nicholas’ Namen und seine Handynummer. Ihr blieb gerade noch genug Zeit, um ihn vorzuwarnen.
»Er kümmert sich um meine Verträge …«
»Haben Sie Zeit, etwas mit mir zu trinken?«
Hortense überlegte. Der Mann wirkte ehrlich, und die Visitenkarte sah seriös aus.
»Meine Freundin wartet auf mich. Ich sage ihr kurz Bescheid und treffe Sie dann in der Bar, okay?«
Sie ging davon, vergewisserte sich, dass er ihr nicht nachsah, schwenkte in Richtung Toiletten ab, schloss sich ein und rief Nicholas an.
»Ich habe ein Jobangebot für diesen Sommer! Endlich, ich habe etwas gefunden! Zwei Monate bei Banana Republic, und ich soll Kleider entwerfen! Nicht im Keller Kisten aufräumen und Etiketten kleben, sondern neue Ideen für ihre Kollektion entwickeln! Ist das nicht super, Nico? Und dabei hatte ich überhaupt keine Lust, heute Abend auszugehen! Um ein Haar wäre ich zu Hause geblieben …«
Er forderte mehr
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