Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
könnte sie dreimal klopfen …
Und die Geschichte würde beginnen.
»Na?«, fragte Gaston Serrurier am Telefon. »Wir haben Ende Juni. Geht es mit dem Buch voran?«
»Ich errichte gerade das Fundament«, antwortete Joséphine.
Hortense und Zoé waren fort, um ein wenig zu shoppen und in Straßencafés herumzuhängen, der Tag hatte gerade erst begonnen. Sie hatte sie gebeten, nicht vor fünf Uhr nach Hause zu kommen. Und falls ihr doch nach Hause kommt, dann lasst ihr mich gefälligst in Ruhe arbeiten. Wehe, eine von euch spricht mich an!
»Wann bekomme ich etwas zu lesen?«, fragte Serrurier.
»Ach du je! So weit bin ich noch nicht! Ich bin gerade dabei, die Figuren zu entwickeln …«
»Aber Sie haben eine Geschichte?«
»Ja, und die wird mir diesmal nicht entwischen, da bin ich mir ganz sicher …«
Sie hatte die beiden dicken Damen auf der Straße wiedergesehen. Sie war immer noch davon überzeugt, dass sie eine fantastische Erzählung abgeben würden. Aber vorerst ließ sie sie beiseite. Die Mutter mit ihrem üppigen Busen, der weit ausgeschnittenen Seidenkreppbluse und dem unauslöschlichen, rot lackierten Lächeln und die Tochter, eingezwängt in ihr dunkelblaues Gabardinekostüm wie in eine dicke Winterjacke. Oder, dachte sie, während sie in der Bäckerei anstand, ich nehme sie in die Familie des Kleinen Mannes auf. Ja, genau! Eine dicke Tante und ihre dicke Tochter, die Cousine des Kleinen Mannes, die sonntagmittags zum Essen kommen … Der Kleine Mann beobachtet sie ängstlich. Er fragt sich, ob seine Verwandten ihn nicht auch mit einem Happs verschlingen werden. Damit hätte ich einen Nebenstrang …
Sie notierte den Gedanken in ihrem »Sonstiges«-Notizbuch und ließ ihn reifen.
»Und wann haben Sie vor, mit dem Schreiben anzufangen?«, hakte Serrurier nach.
»Ich weiß es nicht … Das entscheide nicht ich, sondern die Figuren. Wenn sie fertig sind, wenn ich alle Elemente an Ort und Stelle gebracht habe, dann erwachen sie zum Leben, und die Geschichte startet …«
»Sie reden wie ein Automechaniker!«
»Wie ein Automechaniker oder wie ein Zimmermann, der den wichtigsten Balken setzt …«
»Hätten Sie Zeit, mit mir zu Mittag zu essen? Ich habe im Moment ziemlich viel um die Ohren, aber ich könnte mir einen Termin freischaufeln …«
»Nein, ich kann nicht. Ich habe mir feste Arbeitszeiten gesetzt. Es ist so, als ginge ich wieder zur Schule …«
»Sie haben recht. Wer sich auf die Inspiration verlässt, kommt nie über die erste Seite hinaus … Auf Wiederhören also, und halten Sie mich auf dem Laufenden …«
Joséphine legte begeistert auf. Sie hatte ein Mittagessen mit Gaston Serrurier ausgeschlagen! Dem Mann, der ihr seinen Zigarrenqualm in die Nase blies, ohne dass sie mit der Wimper zuckte!
Sie ging zum Spiegel und schaute sich an. Dabei hatte sie sich äußerlich nicht verändert … Die gleichen gutmütigen runden Wangen, das gleiche mittelbraune Haar, mittelbraune Augen, alles mittelbraun. Ich bin die typische Durchschnittsfranzösin … An mir ist nichts Besonderes, was die Blicke auf sich zieht, und es ist mir so was von egal! Mein Kopf summt, und tausend Ideen beflügeln mich.
Sie hatte Serrurier nicht angelogen. Sie hielt sich tatsächlich an feste Arbeitszeiten. Arbeitete von elf Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags. Dann ging sie mit Du Guesclin spazieren. Einen Kuli um den Hals, ein Notizbuch in der Tasche. Der kleinste Anstoß genügte, damit ihr eine Idee durch den Kopf schoss.
»Ist doch wahr!«, sagte ein Teenager mit Baseballkappe zu seiner Freundin. »Warum müssen immer alle über die anderen herziehen? Man hat doch auch nie gehört, dass sich ein Kamel über den Höcker des anderen lustig gemacht hätte!«
Sie blieb stehen und schrieb das auf. Verspürte den Drang, dem Jungen die Baseballkappe vom Kopf zu nehmen und ihn zu küssen. Ihm zu sagen, ich schreibe gerade ein Buch, darf ich Ihnen diesen Satz stehlen? Worum geht es denn in Ihrem Buch?, würde er fragen … Ich weiß es noch nicht genau, aber …
Die Geschichte handelt davon, wie man seinen Platz hinter dem Nebel findet … Wir alle haben, ohne es zu wissen, einen Platz hinter dem Nebel. Es ist die Geschichte zweier Männer. Der eine heißt Cary Grant, er hat sein Leben lang hart dafür gearbeitet, hinter den Nebel zu gelangen, und der andere ist an der Startlinie hängen geblieben … Es ist die Geschichte davon, wieso manche den Mut aufbringen, den Nebel zu durchdringen, und andere es gar
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