Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
und schwebten in der Luft. Oh, rief sie, überrascht von der Lust, die in ihr aufflammte, und gleich darauf entschlüpften ihr diese Worte, mein Geliebter, mein Geliebter, mein Geliebter …
Er nahm sie auf wie das Geständnis einer erschöpften Komplizin und lächelte, er lächelte in ihrem Mund, und das Lächeln breitete sich aus, breitete sich aus, wurde zum Sternenbanner.
Und da hörte sie den Widerhall der Worte, die sie gesprochen hatte, sie zögerte, nahm sie wieder auf, wiederholte sie, wandelte sie ab, du bist mein Geliebter, du bist mein Geliebter für die kommenden Jahrhunderte und Aberjahrhunderte, sie küsste sein Ohr, als verschlösse sie einen Tresor, sank in eine Umarmung, die Frieden schuf, die Frieden brachte, und so verharrten sie eng umschlungen im Dunkeln, ohne sich zu rühren, schmeckten diese Worte, die sie ganz und gar erfüllten, verwandelten sie in Wegzehrung für die kommenden Tage, die Tage großer Einsamkeit, die Tage großen Zweifels, die Tage großer Trauer.
Mein Geliebter, meine Geliebte, sangen sie halblaut, während sie sich ineinander verwanden, sich immer tiefer in den Winkel des Theaters drängten, damit man sie nicht entdeckte, damit man sie nie wieder entdeckte. Mein Geliebter, den ich aufrecht und stolz liebe, meine Geliebte, die ich bis in alle Ewigkeit lieben werde, mein Geliebter, der meinen Leib mit glühendem Feuer versengt, meine Liebe ist größer als die ganze Welt, stärker als alle Wirbelstürme und Orkane, alle Schirokkos und Tramontanen, als alle Nordwinde und Ostwinde …
Sie feierten ihre Liebe, indem sie Worte erfanden, die sie dem anderen schenkten, immer noch größere Worte hinzufügten, Worte aus gesegnetem Brot, aus Tropenholz, aus Chinchillaschals, aus Weihrauchschwaden, Worte und Schwüre, beide in einem Winkel des alten Theaters unauflöslich ineinander verschlungen.
Sie küssten sich, und die Worte trugen sie hinweg, ketteten sie aneinander …
Dann legte sie beide Hände flach auf seinen Mund, damit er sich für alle Zeiten schließe und die Worte nicht verfliegen konnten …
Dann schob er einen Finger in ihren Mund und bestrich sie mit dem Speichel all jener Liebesworte, die sie gesprochen hatte, damit sie ihren Schwur niemals brechen möge ….
Ihre Handflächen auf seinem Mund …
Sein speichelnasser Finger, der auf ihre Lippen schrieb …
Das war ihr Schwur. Ihr Talisman.
Sie hörten, wie die Sitzflächen nach oben klappten, hörten Stimmen, hörten Schritte, die sich näherten …
Die Pause hatte begonnen.
Langsam, ganz langsam lösten sie sich voneinander, kehrten zurück vor die Treppe, er strich ihr mit einer Hand das Haar glatt, sie zog sein Jackett zurecht, sie wechselten einen letzten glühenden, triumphierenden Blick, ließen die Menschen vorbei, ihre beiden Körper bildeten ein Spalier, entfernten sich ganz langsam, widerstrebend nur, voneinander …
Von nun an würden sie keine Angst mehr haben. Sie waren der tapfere Ritter und seine Dame geworden, die sich trennten, um sich eines Tages wiederzufinden, auch wenn sie noch nicht wussten, wann und wie …
Sie gingen in unterschiedliche Richtungen davon, den Abdruck des anderen noch auf ihrem Körper.
Eine beginnende Liebe ist wundervoll, dachte Joséphine, und wir beginnen immer wieder aufs Neue …
So gingen sie, den Kopf einander zugewandt, um sich erst im allerletzten Moment aus den Augen zu verlieren …
Shirley wartete auf ihrem Platz. Sie sah Joséphines leuchtende Augen, ihre geröteten Wangen, und ein unmerkliches Lächeln huschte über ihre Lippen. Sie hielt es für besser, nichts zu sagen. Ein schelmisches Funkeln sprühte in ihrem Blick, in dem keine Frage lauerte.
Joséphine setzte sich. Drückte beide Hände fest auf die Armlehnen, als wollte sie sich wieder in der Realität verankern. Spielte mit den kleinen roten Pompons. Dachte nach. Nahm die Hand ihrer Freundin. Drückte sie.
»Danke, meine allerliebste Freundin. Danke.«
» You’re welcome, my dear! «
Shirley nieste mehrmals.
»Ich erfriere … Und du bist dann nicht mehr da, um mich gesund zu pflegen!«
Nicholas Bergson erwartete Hortense Cortès im Wolseley zum Mittagessen. Er wartete schon seit zwanzig Minuten und verlor allmählich die Geduld. Der leere Stuhl gegenüber schien ihn zu verspotten und ihm eine untergeordnete Position zuzuweisen. Schleimer, Kriecher, Speichellecker!, höhnte der Stuhl. Du vergisst, dass du DER Art Director von Liberty bist, und lässt dir von einem jungen Ding auf
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