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Montana 04 - Vipernbrut

Montana 04 - Vipernbrut

Titel: Montana 04 - Vipernbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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mit Detective Pescoli hatte ihn beunruhigt, und er hatte das Gefühl nicht abschütteln können, dass die Dinge für ihn noch schlimmer kommen könnten. Vielleicht könnte er mit ihr reden, ihr einschärfen, dass sie seine privaten Angelegenheiten auf jeden Fall für sich behielt …
    Er hatte stundenlang gebetet und seine Seele durchforstet, doch die Furcht, bloßgestellt zu werden, hatte sich als stärker erwiesen als sein Glaube an Gott. Hinzu kam der Ärger mit Brenda Sutherland.
    Vielleicht würde heute ein besserer Tag werden. Er zog seinen Pyjama aus und streifte seine Sportkleidung über. Er würde ein paar Dehnübungen machen und anschließend auf den Crosstrainer steigen, um über die Predigt für Sonntag nachzudenken und gleichzeitig seine Verspannungen zu lösen. Perfekt! Es gefiel ihm, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, vor allem wenn es auch darum ging, Gottes Wort zu verkünden.
    Als Erstes würde er ins Büro gehen und die Seiten holen, die er bereits ausgedruckt und sorgfältig von Hand redigiert hatte, dann würde er innere Einkehr halten und Geist und Seele im Gebet läutern, bevor er sich dazu überwand, mit seinem Training zu beginnen. Manche Märtyrer geißelten sich oder betrieben Selbstverstümmelung, um ihr Fleisch dem Herrn zu opfern; Prediger Mullins nahm an, dass Fitnessmaschinen, wenn man sie denn richtig benutzte, einen ähnlichen Zweck erfüllten - vielleicht würde man heutzutage »schwitzen für Gott« dazu sagen. Vielleicht sollte er diesen Gedanken augenzwinkernd in seine Predigt einbauen; es wäre ein Scherz, natürlich, doch so könnte er zum ernsteren Teil seiner Botschaft überleiten.
    Während er noch über diese Idee nachgrübelte, zog er Jacke und Handschuhe an und setzte sich eine Wollmütze auf, dann machte er sich auf den Weg zur Hintertür. Draußen war alles ruhig, nur der Wind wehte leicht. Es hatte auf gehört zu schneien, ein silberner Mond, umgeben von blinkenden Sternen, stand am dunklen Nachthimmel.
    Diese frühen Stunden vor Anbruch der Morgendämmerung erinnerten ihn an die Klarheit und Ruhe der Nacht von Christi Geburt. Hier, in Gottes freier Natur, fand er seinen wahren Glauben, trat er in Verbindung mit Gott dem Herrn. Er ging gerade auf den überdachten Durchgang zu, der das Pfarrhaus mit der Kirche verband, als sein Blick auf die Krippe fiel. Bewundernd blieb er stehen und betrachtete die schneeumhüllten Figuren.
    Sorgfältig plazierte Scheinwerfer erhellten den Stall und zeigten das Jesuskind in der Krippe, die Mullins vor Jahren höchstpersönlich gefertigt hatte. Maria und Josef beugten sich über ihren neugeborenen Sohn. Ein Ochse und ein Esel blickten über die Stalltüren hinter der Krippe.
    Das Ganze war ein wahres Kunstwerk.
    Doch irgendetwas stimmte nicht. Er stapfte durch den frischen Schnee und richtete einen der Scheinwerfer genau auf Maria, um sicherzugehen, dass man ihr ergreifendes Lächeln auch von der Straße aus sehen konnte. Dann ließ er den Blick erneut über die weihnachtliche Kulisse gleiten. Es musste unbedingt perfekt sein. Und offensichtlich war es das auch: Der etwas wackelige Schäfer mit dem Lamm auf dem Arm war nicht umgefallen, die Heiligen Drei Könige, fromme, weise Männer, die dem Heiland Geschenke darbrachten, standen in Reih und Glied, allesamt schneebedeckt …
    Augenblick mal. Warum standen da vier Könige?
    Er blinzelte. Sah noch einmal hin. Zählte leise: »Kaspar … Balthasar … Melchior … und ein vierter?« Einer der drei Könige trug weder Robe noch Krone, und ein Geschenk streckte er dem Erlöser auch nicht entgegen. Nein, die vierte schneebedeckte Gestalt sah eher aus wie ein moderner Frosty, der Schneemann.
    Vielleicht ein Kinderstreich.
    »Sehr lustig«, murmelte er und kämpfte sich durch den dicken Schnee zu Frosty hin. Jetzt sah er auch Fußabdrücke unter dem Neuschnee, die derjenige hinterlassen haben musste, der dieses Sakrileg begangen hatte.
    Das konnte doch nicht wahr sein! Prediger Mullins kniff verdutzt die Augen zusammen und öffnete sie wieder. Die Figur unter der knapp fünf Zentimeter dicken Schneeschicht war definitiv weiblich. Unter dem Schnee, so erkannte er jetzt, war blankes Eis. Eine Skulptur! Blasphemie! Oder war das etwa ein politisches Statement? Wollte irgendein ultraliberaler Ungläubiger darauf hinweisen, dass die Heilige Jungfrau Maria die einzige Frau in dieser weihnachtlichen Szenerie war?
    Wenigstens hatte er diese Schandtat vor Tagesanbruch, vor der morgendlichen

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