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Montana 04 - Vipernbrut

Montana 04 - Vipernbrut

Titel: Montana 04 - Vipernbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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zu. Reiß dich zusammen, Selena. Du schaffst das. Du musst das schaffen. Für Gabe. Doch der Ohrring mit seinem roten Glasstein funkelte im Licht ihrer Taschenlampe, als wollte er sie verhöhnen, und die Panik, gegen die sie so entschieden ankämpfte, reichte tief. Fragen über Fragen gingen ihr durch den Kopf und quälten sie, weil sie einfach keine Antworten darauf fand.
    Wer ist dieser kranke Irre?
    Was zum Teufel hat er mit meinem Sohn zu tun?
    Die Sache schien persönlich zu werden, äußerst persönlich.
    Leise, als könnte der mörderische Psychopath sie hören, flüsterte sie: »Mach dich bereit, du perverser Kerl, denn ich werde deinen Hintern an die Wand nageln, und zwar gründlich!«

    » … und das ist alles, was Sie wissen?«, fragte Pescoli Stunden später, als sie Ezzie Zwolski an dem schmalen Tisch des Vernehmungsraums gegenübersaß. Ezzie hatte die Hände im Schoß gefaltet und saß neben ihrem Anwalt, der aussah, als hätte er gerade erst sein Jurastudium beendet. Der Anwalt mit seinem kahlrasierten Kopf, dem nervösen Lächeln, dem knittedreien Anzug und der glänzenden Krawatte sagte während der Befragung nur wenig. In Pescolis Augen war er völlig überflüssig.
    Genauso überflüssig wie Ezzies Aussage. Sie war ein graues Mäuschen, wenn man dem ersten Eindruck Glauben schenkte. Ihr graumeliertes Haar war sorgfältig hochgesteckt, ihre Rüschenbluse hochgeschlossen, und sie trug eine braune Strickjacke mit in der Taille gebundenem Gürtel. Mit Ende fünfzig war sie immer noch zierlich, hatte nur wenig Makeup aufgelegt und wirkte eher wie eine pingelige Sonntagsschullehrerin aus den Vierzigern, nicht wie die Femme fatale, als die Len Bradshaws Familie sie beschrieben hatte.
    Nur ihre Brille passte nicht zu der äußeren Erscheinung. Welche alternde Farmersfrau trug schon ein modisch-elegantes, lavendelfarbenes Plastikgestell? An ihrem linken Ringfinger steckte ein ziemlich großer Diamantring, auch die nahezu perfekt gerichteten Zähne hoben sich von ihrem ansonsten schlichten Äußeren ab.
    »Und ich sage Ihnen, Martin hat mir auf die Familienbibel geschworen, dass der Tod des armen Len ein Unfall war.«
    »Auch wenn er die Einkünfte aus dem gemeinsamen Landwirtschaftshandel unterschlagen und eine Affäre mit Ihnen hatte?«
    Ezzie versteifte sich und presste die blassen Lippen zusammen. »Das ist Schnee von gestern, Detective.«
    »Es war also aus zwischen Len und Ihnen?«
    »Schon lange.«
    »Und Ihr Mann hat Ihnen verziehen?«
    »Er ist ein guter Mann.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Ja, Martin hat mir verziehen.« Sie starrte Pescoli durch die Brillengläser mit großen Augen an. »Wie ich schon sagte: Er ist ein gottesfürchtiger Mann.«
    »Kein Mörder.«
    »Natürlich nicht. Es war ein Jagdunfall! Warum glauben Sie ihm nicht? Es gibt keinen einzigen Beweis dafür, dass es anders gewesen sein könnte, und … soweit ich gehört habe, treibt momentan ein echter Mörder sein Unwesen.« Sie reckte empört ihr spitzes Kinn vor, doch Pescoli kaufte ihr das eifrige Plädoyer für den Mann, den sie betrogen hatte, nach wie vor nicht ab.
    »Warum sind Sie nicht früher zu uns gekommen?«
    »Weil ich, wie Sie so treffend feststellten, nichts zu sagen hatte. Ich war nicht dabei, als der Unfall passierte. Ich war zu Hause und kochte Apfelmus ein, doch eins kann ich Ihnen versichern: Als Martin an jenem Tag heimkam, war er völlig auf gelöst. Er konnte es nicht fassen, dass sich ein Schuss gelöst und den armen Len tödlich getroffen hatte. Das hat ihn innerlich zerrissen. Macht ihm jetzt noch zu schaffen.« Sie stieß einen langen Seufzer aus und wandte den Blick ab, als müsse sie sich sammeln.
    Wieso?
    »Was ist mit dem Geld, das Bradshaw abgezweigt hat?«, fragte Pescoli. »Hat Len jemals angeboten, es zurückzuzahlen?«
    »Nein … ich glaube nicht. Martin wollte es irgendwie ab-schreiben.« Sie wedelte mit der Hand, als würde sie davon nichts verstehen. »Ich glaube, das kann man, man nennt das dann >uneinbringliche Forderungen<.«
    Tja, Martin Zwolski, womöglich bist du ja tatsächlich ein »guter, gottesfürchtiger Mann«.
    Dennoch …
    Pescoli stellte weitere Fragen, konnte aber nicht mehr in Erfahrung bringen, als sie ohnehin schon wusste. Ezzie hatte recht: Sie musste sich um einen dringenderen Fall kümmern. Doch als die zierliche Frau, gefolgt von ihrem Anwalt, den Vernehmungsraum verließ, blieb sie mit einem schalen Geschmack im Mund zurück.
    Vielleicht lag es

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