Montana Creeds - Das Herz aller Dinge (German Edition)
leise mit seinem Hund und blieb auf Abstand.
Dann auf einmal ging Alec geradewegs auf ihn zu. “Hi”, sagte er. “Ich bin Alec Grant. Das ist meine Mom Briana, und das ist mein Bruder Josh, auch Holzkopf. Und wer sind Sie?”
“Logan Creed”, erwiderte der Mann und lächelte flüchtig. “Freut mich, dich kennenzulernen, Alec.” Sein Blick wanderte aber zu Briana und blieb lange an ihr hängen. Er musterte ihre gesamten eins siebzig Körpergröße, die abgewetzte Jeans und das pinkfarbene Top, ihre grünen Augen und die Sommersprossen, ihr langes rotblondes Haar, das sie wie immer zu einem Zopf geflochten trug. Er betrachtete sie, als erwarte er, sie später bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen zu müssen.
Briana zögerte und fühlte sich ein wenig unbehaglich, als ihr der vertraute Nachname auffiel. Dann aber ging sie auf ihn zu und brachte ein freundliches Lächeln zustande, streckte die Hand aus und stellte sich vor. “Briana Grant.”
“Wir kennen jemanden, der
Dylan
Creed heißt”, platzte Alec heraus. Ihr jüngerer Sohn war noch nie einem Fremden begegnet, was Briana gefiel und zugleich Sorgen machte. Es war offensichtlich vergebens gewesen, ihm einzubläuen, er solle nicht mit Fremden reden. “Mom und Josh und ich kümmern uns um sein Haus. Er hat auch einen Bullen, der heißt Cimarron.”
Aus nächster Nähe betrachtet, sah Logan Creed sogar noch besser aus. Sein fast schwarzes Haar war eine Spur zu lang, seine Augen von tiefem Braun. Sein Blick war wach und intelligent und doch auf eine unerklärliche Weise geheimnisvoll. Er hatte hohe Wangenknochen, möglicherweise war einer seiner Vorfahren ein indianischer Ureinwohner gewesen. Mit seinem blauäugigen, blonden Bruder hatte er äußerlich nichts gemein, dennoch waren sie sich auf irgendeine Weise ähnlich. Vielleicht lag es an seinem Temperament, wobei sie jedoch zugeben musste, dass sie darüber eigentlich gar nichts sagen konnte. Womöglich war es auch nur die Art, wie er dastand.
“Dann hat Dylan also eine Haushälterin eingestellt?”, fragte er lässig. “Und er besitzt einen Bullen?” Sein Blick wanderte von Briana zu den Gräbern. “Bezahlt mein jüngerer Bruder Sie auch dafür, den Friedhof auf Vordermann zu bringen? Falls ja, sollte er Ihnen eine Gehaltserhöhung geben. Das sieht jetzt schon erheblich besser aus als bei meinem letzten Besuch.”
Briana errötete ein wenig und wusste nicht so recht, was sie darauf erwidern sollte. Der feste Blick dieses Mannes machte sie ein wenig nervös. Von dem Friedhof war keine Rede gewesen, als Dylan sie an jenem schicksalhaften Abend vor dem Wal-Mart aufgelesen hatte. Er war wegen irgendwelcher persönlicher Angelegenheiten nur kurz in der Stadt gewesen und hatte mitbekommen, wie Vance ihr durchs Wagenfenster ein paar Zwanziger hinwarf und dann mit quietschenden Reifen davonfuhr.
Vermutlich hatte er Mitleid mit ihr, den Kindern und dem Hund verspürt. Jedenfalls drückte er ihr den Hausschlüssel in die Hand, beschrieb ihr den Weg und ging dann weiter, ohne sich noch einmal umzudrehen. Vorher warnte er sie noch vor Cimarron, einem weißen Bullen, der seit Kurzem nicht mehr beim Rodeo eingesetzt wurde und der von einem Nachbarn gefüttert wurde. Briana fuhr daraufhin mit dem Taxi zur Ranch. Obwohl sie vor Wut kochte, hoffte sie wohl doch irgendwie darauf, dass Vance wieder zur Besinnung und nach Hause kommen würde – nur um festzustellen, dass sie gar nicht dort war. Das hätte ihm recht geschehen.
Stattdessen jedoch blieb er weiter verschwunden.
Am nächsten Tag wurden mehrere Tüten mit Lebensmitteln angeliefert, begleitet von einer Notiz von Dylan, der sie wissen ließ, dass in der Scheune ein alter Chevy stand. Sie könne ihn gern benutzen, sofern sie ihn wieder zum Laufen brachte. Seitdem beschränkte sich der Kontakt zu Dylan auf ein paar E-Mails und wenige Telefonate. Wenn etwas repariert werden musste, das Brianas bescheidene Heimwerkerfähigkeiten überstieg, dann schickte Dylan sofort einen Scheck, damit sie den Handwerker bezahlen konnte. Sie achtete immer darauf, sich eine Quittung geben zu lassen, auch wenn Dylan nie danach fragte.
Jetzt kam Josh nach vorn und stellte sich dicht neben Briana. Er war das genaue Gegenteil von Alec, er betrachtete grundsätzlich erst einmal jeden als Fremden und damit als potenzielle Bedrohung. Erst wenn das Gegenteil bewiesen war, gab er sich umgänglich. “Niemand bezahlt uns, damit wir den Friedhof pflegen”, erklärte er.
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