Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
über die Theke, bis seine elegante Nase nur noch einen Fingerbreit von Kristys entfernt war.
Sie klammerte sich an der Kante der Theke fest und merkte, wie ihr Gesicht bleich wurde. Sie war Spencer nur ein paarmal begegnet. Er lud sie zum Essen ein, aber sie lehnte dankend ab. Es war nicht so, dass er ihr unsympathisch gewesen wäre. Aber zwischen ihnen war vom ersten Moment an kein Funke übergesprungen.
Ihre Freunde hielten sie für verrückt. Er war schließlich ein Star!
“Mr. Spencer”, gab sie höflich, jedoch bestimmt zurück. “Ich habe zu tun.”
“Es ist wichtig”, beharrte Zachary. “Das ist ein Film!”
“Ein was?”
Er kam um die Theke herum, nahm ihren Arm und zog sie mit sich in ihr kleines Büro. “Da steckt alles drin!”, begeisterte er sich, kaum dass sie allein mit ihm war. “Mord! Drama! Menschliche Schicksale!”
Kristy sah ihn ungläubig an. Offenbar hatte er von den Leichen in Sugarfoots Grab gehört. Die Sturmfront war eingetroffen, die sie mit sich reißen würde.
“Es ist
Ihre
Geschichte, Kristy!”, redete Zachary weiter auf sie ein, während er begeistert mit den Armen vor ihr herumfuchtelte. “Ich biete Ihnen eine Menge Geld, wenn Sie exklusiv …”
“Augenblick!”, unterbrach sie ihn aufgewühlt. Sie tastete sich am Schreibtisch entlang, bis sie sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen lassen konnte. “Sie reden davon, das zu
verfilmen
, was passiert ist?”
“Genau!” Spencer ging im Büro auf und ab und fuhr sich mit den Fingern durch sein kunstvoll geschnittenes, aber unleugbar dünner werdendes Haar. Wahrscheinlich legte er bereits Geld für eine Haartransplantation zurück. “Sie müssen nur eine Einverständniserklärung unterschreiben! Sie müssen mir die Erlaubnis geben, das Drehbuch zu schreiben und zu verfilmen – und dann können Sie sofort den Scheck einlösen!” Er blieb stehen, lehnte sich gegen die Tischkante und beugte sich so über sie, dass Kristy unwillkürlich mit ihrem Bürostuhl ein Stück nach hinten rollte. “Was sagen Sie, Kristy? Sind wir uns einig?”
“Ich werde nicht …”
“Das Geld können Sie doch bestimmt gut gebrauchen. Schließlich sind Sie
Bibliothekarin
in einer Kleinstadt …”
Unwillkürlich drückte sie den Rücken durch. “Ganz genau, ich bin Bibliothekarin. Und bislang ist es mir immer gelungen, ein Dach über dem Kopf zu haben, und ich …”
Zachary schnaubte laut. “Schon gut, schon gut. Ich schätze, das kam ein bisschen zu heftig rüber …”
“Ach, finden Sie?”
“Die Medien schießen sich bereits auf Stillwater Springs ein”, argumentierte er. “Das ist eine große Geschichte. Wenn die erst mal die Runde macht, werden alle möglichen Leute Ihnen anbieten, Ihnen die Rechte abzukaufen. Bücher, Filme und so weiter. Kristy, ich will derjenige sein, der diese Rechte kauft.”
In der Welt des Zachary Spencer mochte es so sein, dass er bekam, was er haben wollte. Auf Kristys Planet lief das etwas anders ab.
“Wie viel Geld?”, fragte sie. Schließlich war sie auch nur ein Mensch, und auch wenn sie nicht von der Hand in den Mund lebte, machte sie sich doch hin und wieder Sorgen, sie könnte krank werden und am Ende ohne Geld dastehen, so wie ihre Eltern.
Die Zahl, die Zachary Spencer in den Raum warf, ließ ihr den Atem stocken. Von so viel Geld konnte sie die Ranch kaufen und hätte immer noch ein Vermögen übrig. Sie konnte dafür sorgen, dass Sugarfoots Grab niemals zubetoniert wurde oder einem Tennisplatz weichen musste.
“Darüber muss ich erst einmal nachdenken”, erwiderte sie ruhig. “Und mit einigen Leuten reden.”
“Einverstanden”, stimmte Spencer ihr zu, wenn auch mit viel theatralischem Unwillen. Kein Wunder, dass man ihm schon mehrere Oscars und etliche andere Auszeichnungen verliehen hatte: Sein nicht mehr ganz junges Gesicht spiegelte wirklich jede Gefühlsregung wider. Er kramte in seiner Jacke, dann zog er ein Scheckbuch heraus. “Lassen Sie mich wenigstens eine Option auf das Projekt aussprechen.”
“Eine Option?”
“Das heißt, Sie bekommen von mir Geld und verpflichten sich für einen bestimmten Zeitraum, die Rechte an niemanden sonst zu verkaufen.”
“Ich weiß, was das heißt”, gab sie zurück. Mittlerweile war ihr etwas schwindlig, und hinter ihrer rechten Schläfe regte sich ein pochender Kopfschmerz, der mit jedem Herzschlag stärker wurde. “Angenommen, ich will nach diesem bestimmten Zeitraum nicht, dass irgendwer ein Buch schreibt oder einen
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