Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
brauchst du meine Hilfe nicht”, erwiderte sie. “Du kannst viel besser mit Pferden umgehen als ich. Ich weiß, was du vorhast, Dylan. Ich soll mit Sundance arbeiten, damit ich Sugarfoot vergesse. Aber das wird nie passieren.”
“Ich habe Bonnie, ich muss mich um diese Klage wegen des Sorgerechts kümmern. Ich muss ein Haus und einen Stall bauen lassen. Und dieses Pferd …”
“Komm mir nicht damit, dass das Pferd mich braucht, Dylan Creed.” Und doch: Trotz ihrer Worte fühlte sie, wie das Tier sie auf diese stumme Weise zu sich rief.
“Wovor hast du Angst?”, hakte Dylan nach.
Kristy biss sich auf die Unterlippe und wich seinem Blick aus. Doch auf die gleiche unerklärliche Art, wie Sundance mit ihr kommunizierte, schaffte auch Dylan, dass sie ihm in die Augen schaute.
“Davor, dass mir Sundance zu viel bedeutet”, antwortete sie schließlich leise.
“Ich habe gesehen, wie du ihn angesehen hast”, erwiderte Dylan. “Wie du ihn berührt hast und wie dir innerhalb von Sekunden ein passender Name eingefallen ist. Ich glaube, er bedeutet dir schon jetzt viel zu viel, als dass du das noch ungeschehen machen könntest.”
Ja, dachte Kristy bestürzt. Und das gilt auch für dich und Bonnie. Ich stecke schon so tief drin, dass ich den Himmel über mir längst nicht mehr sehen kann.
“Er wird zu Logan zurückkehren müssen”, sagte sie, “bis dein Stall fertig ist. Sonst ist er nicht sicher vor den Bären.”
Dylan verzog grinsend den Mund. “Tummeln die sich immer noch im Obstgarten und auf dem alten Friedhof?”
Kristy nickte. “Briana ist vor Kurzem einem begegnet. Er hätte fast sie
und
ihren Hund erwischt. Wäre Logan nicht wild hupend in den Obstgarten gefahren …” Sie schloss die Augen. Früher, als ihr Dad noch Rinder besaß, hatte sie gesehen, was von einem Kalb übrig blieb, wenn es einem Bären ausgeliefert war. Ein Schauder begleitete diese Erinnerungen.
“Davon hat er mir gar nichts erzählt”, kommentierte Dylan. “Aber das überrascht mich nicht. Logan verschweigt mir eine ganze Menge. Und ich möchte
verdammt noch mal
wissen, wann der Kerl endlich aus seinen Flitterwochen nach Hause kommt!”
“Du könntest ihn doch anrufen”, schlug Kristy vor.
Dylan seufzte schwer. Er war noch nie ein geduldiger Mensch gewesen. “Ich werde warten”, entgegnete er.
In diesem Moment klingelte Kristys Handy. Sie griff nach ihrer Handtasche und kramte darin herum. “Hallo?”, meldete sie sich, als sie es gefunden hatte.
“Kristy? Hier ist Floyd.”
Ihr Herz stockte für einen Schlag. “Floyd”, sagte sie zu Dylan, damit er wusste, wer sie anrief.
Er zog fragend die Augenbrauen hoch und beugte sich leicht nach vorn.
“Einen Moment”, wandte sie sich an den Sheriff, suchte auf der Tastatur des Telefons, das sie eigentlich nur sehr selten benutzte, bis sie die Lautsprechertaste gefunden hatte.
“Dylan hört mit”, ließ sie ihn dann wissen.
“Das ist gut”, erwiderte Floyd, der recht müde klang. “Ich bin froh, dass du nicht allein bist.”
“Schlechte Neuigkeiten?”, fragte sie beunruhigt.
“Schlechter als erwartet”, antwortete der Sheriff. “Ich hoffe, du sitzt.”
“Erzähl schon, Floyd”, warf Dylan ein.
“Wir haben zwei Leichen in diesem Grab gefunden”, erklärte er daraufhin. “Außer dem Pferdeskelett.”
Kristy verschlug es die Sprache. Sie starrte das Telefon an, das vor ihr auf Dylans Küchentisch lag.
Dylan meldete sich wieder zu Wort. “Der Tagelöhner – und wen noch?”, drängte er den Sheriff ein wenig gereizt zum Weiterreden.
“Wir glauben, dass es sich bei einem der Toten um den Tagelöhner handelt. Die zweite Leiche konnten wir anhand der Kleidung und der Haarfarbe vorläufig als Ellie Clarkston identifizieren.”
Erschrocken schlug Kristy sich die Hand vor den Mund. Die rothaarige Ellie Clarkston war als Teenager spurlos verschwunden, als ihre Familie mit ihr vor wenigen Jahren nahe dem Flathead Lake einen Campingurlaub verbrachte. Es wurde zwar eine langwierige Suche veranlasst, nachdem man ihr Verschwinden bemerkt hatte – doch die blieb ergebnislos. Schließlich hatten die Eltern die Hoffnung aufgegeben und waren nach Hause zurückgefahren.
Kristy war erst vor Kurzem in einer Schreibtischschublade in der Bibliothek auf eines der alten Flugblätter gestoßen, die man seinerzeit überall aufgehängt hatte. Sie hatte eine Weile Ellies Foto betrachtet, dann aber das Blatt zerknüllt und weggeworfen.
“Kristy?”, fragte
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