Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
nicht.”
“Bonnie?”
“Zum Teil”, gab Dylan zu. “Ich habe schreckliche Angst um sie, Logan. Ich kann nicht zulassen, dass Sharlene sie großzieht, aber ich habe selbst keine Ahnung, wie man ein Kind aufzieht – erst recht kein Mädchen.” Er hielt inne, da er erst Mut fassen musste, die eine Frage auszusprechen, die ihm auf der Zunge lag. “Was ist, wenn ich so bin wie Dad?”
“Wenn du die gleichen Entscheidungen triffst”, sagte Logan ruhig, “dann wirst du so werden wie er.”
“Genügt es, andere Entscheidungen zu treffen?”, fragte Dylan zweifelnd. “Die ungestüme Art der Creeds reicht zurück bis in die Zeit des alten Josiah, vielleicht sogar noch weiter. Was, wenn das vererbt wird?”
Logan verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. “Es wird Zeit, dass mal jemand versucht, genau das herauszufinden, meinst du nicht? Dass sich jemand hinstellt und sagte: Jetzt ist Schluss! Bis hierher und nicht weiter! Unsere Generation macht das nicht mehr mit.”
“Dir ist es also wirklich ernst.”
“Das überrascht dich?”, fragte Logan mit ruhiger Stimme.
Das Frühstück wurde an ihren Tisch gebracht. Die Gespräche ringsum waren längst in den Hintergrund getreten und hörten sich jetzt an wie ein ferner Bienenschwarm, der durch den Obstgarten flog.
Ein sichtlich hungriger Logan begann sofort zu essen, während Dylan seinen Teller anstarrte und rätselte, wann er Speck mit Eiern bestellt hatte. Sein Besteck, das in eine Serviette gewickelt war, ließ er unangetastet neben dem Teller liegen.
“Ich muss zugeben”, äußerte sich Dylan nach einer Weile, “dass ich meine Zweifel habe. Immerhin warst du schon zweimal verheiratet, und ich kenne dich als jemanden, den es nicht lange an einem Ort hält.”
Logan verschluckte sich fast und trank wieder einen Schluck Kaffee. “Ich schätze, ich kann dir deine Zweifel nicht übelnehmen.”
“Was ist passiert, Logan? Was hat dich dazu gebracht, überhaupt über eine Veränderung nachzudenken?”
Logan brütete eine Zeit lang über seine Antwort, was typisch für ihn war. “Ich habe unsere entfernten Verwandten ausfindig gemacht, die McKettricks. Sie haben eine Ranch in Arizona, die Triple M in einer Kleinstadt namens Indian Rock. Dort habe ich sie besucht. Sie sind ein ziemlich wüster Haufen, so wie wir – aber sie sind eine
Familie.
Und trotz all ihrer Meinungsverschiedenheiten und Differenzen halten sie zusammen wie Pech und Schwefel, wenn’s drauf ankommt. Das hat etwas in mir bewirkt. Ich wünsche mir, dass wir das auch schaffen.”
“Wir sind mit den McKettricks verwandt?”, wunderte sich Dylan. “Ich kannte mal einen Jesse McKettrick beim Rodeo.”
Logan grinste und nickte bestätigend. “Ganz richtig.”
Dylan fuhr sich durchs Haar und träumte einen Moment davon, dass sich Logans Vision erfüllte: eine blühende Ranch, eine starke Familie, ein neuer Kurs für kommende Creed-Generationen.
Bonnie könnte stolz auf ihren Namen sein. Sie würde ein Zuhause haben, ganz gleich, wo sie später einmal lebte. Einen Ort, an dem Menschen lebten, die ihr helfen würden, falls sie Hilfe brauchte.
Dylans Augen brannten plötzlich. Plötzlich wollte er unbedingt die Fotos ausdrucken, die Logan ihm vor ein paar Wochen auf eine CD gebrannt hatte. Er wollte die Menschen sehen, von denen er abstammte. Fehlgeleitete Menschen zwar, aber doch so hart wie Stahl. Was hatten sie erlebt? Was hatten sie sich erhofft und erträumt? Wen hatten sie geliebt – und wen gehasst? War von ihnen nichts weiter übrig als die Gräber auf dem alten Friedhof hinter dem Obstgarten auf der einst so bedeutenden Stillwater Springs Ranch?
Logan schien seine Gedanken zu erraten. “Es gibt Briefe, Dylan. Fotos. Auch ein paar Tagebücher. Und da Josiah eine Zeitung herausgegeben hat, existieren in der Bibliothek sogar Mikrofilme. Kristy wird dir sicher bei der Suche danach helfen.”
Sein ganzes Leben lang war er sich wie ein einzelnes Kettenglied vorgekommen, das man aus einer rostigen Kette herausgerissen hatte. Jetzt auf einmal wusste er, er war nicht nur mit Logan und Tyler und mit dem Land verbunden, sondern auch mit den Creeds vor ihm. Und wichtiger noch: mit den Creeds, die ihm folgen würden – angefangen mit Bonnie.
Allein für Bonnie musste er es versuchen, auch wenn er gewisse Vorbehalte hatte.
“Ich bin dabei”, erklärte er.
Logan lächelte zufrieden. “Gut.”
Mehr nicht, nur
gut
.
Aber das genügte ihm schon.
Die Journalisten warteten
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