Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
Konflikt geraten ist, könnte ich ihm ohne weiteres verzeihen. Aber ich werde nie und nimmer tolerieren, daß jemand illegale Kalaschnikows oder was auch immer für Waffen an Privatleute verkauft – womöglich auch noch an Kinder. Brad Cassidy, der Skinhead, den ich am Montag obduziert habe, hat übrigens auch mit diesen bulgarischen Gewehren gehandelt. Er war eine Art Mittelsmann.«
»Was für ein Zufall!« staunte Jack.
»Du kennst ja meine Meinung zum Thema Waffenbesitz«, fügte Laurie hinzu.
»In der Tat«, entgegnete Jack. »Und was willst du jetzt tun?«
»Weiß ich auch noch nicht so genau.« Laurie seufzte. »Höchstwahrscheinlich lasse ich die Geschichte mit Paul erst mal ein bißchen ruhen und versuche in einer Woche, noch einmal mit ihm zu reden. In der Zwischenzeit werde ich mich in meine Arbeit stürzen, wie ich ja heute morgen schon sagte. Das lenkt mich von meinem katastrophalen Privatleben ab.«
»Hoffentlich läßt er dich in Ruhe«, gab Jack zu bedenken. »Ich könnte mir gut vorstellen, daß er zu der hartnäckigen Sorte gehört.«
»Da magst du recht haben«, entgegnete Laurie. »Jetzt fällt mir etwas ein. Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
»Schieß los! Was kann ich für dich tun?«
»Ich habe weder heute noch morgen abend Lust, allein zu Hause zu hocken. Viel lieber würde ich mit Freunden weggehen. Meinst du, das Angebot steht noch, daß wir zusammen mit Chet und Colleen die Monet-Ausstellung besichtigen, von der Chet gestern gesprochen hat?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Jack. »Ich müßte Chet fragen. Lust hätte ich jedenfalls auch.«
»Schön«, freute sich Laurie. »Was hältst du davon, wenn ich dich und Lou heute abend zum Essen einlade? Ich glaube, das bin ich euch schuldig, nachdem ich euch so mies behandelt habe.«
»Du schuldest niemandem etwas«, stellte Jack klar. »Ob Lou Zeit hat, weiß ich nicht; aber ich würde sehr gerne heute abend mit dir ausgehen. Dann kann ich dir endlich die Geschichte erzählen, wegen der ich eben bei dir aufgekreuzt bin.«
»Da bin ich aber neugierig! Worum geht es denn?«
»Du hast im Fall Connie Davydov den richtigen Riecher gehabt«, berichtete Jack. »Sie ist an einer Botulinustoxin-Vergiftung gestorben.«
»Das gibt’s doch gar nicht!« rief Laurie aus. Über ihr vor Aufregung gerötetes Gesicht huschte ein Lächeln.
»Mein Ehrenwort!« versicherte Jack. »Peter hat die Diagnose heute morgen gestellt.«
»Allmächtiger!« entfuhr es Laurie. »Und? Was hast du unternommen? Hast du Randolph Sanders angerufen?«
»Ich erzähle dir die Geschichte am besten heute abend in aller Ausführlichkeit«, vertröstete Jack sie und stand auf. »Wann und wo treffen wir uns?«
»Ist acht Uhr okay?«
»Von mir aus gern«, erwiderte Jack. »Und wo?«
»Was hältst du von Lous Lieblingsitaliener in Little Italy?« schlug Laurie vor. »Da bin ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gewesen.«
»Weißt du, wie der Laden heißt?«
»Das Restaurant hat keinen Namen«, erklärte Laurie.
»Okay, und wie lautet die Adresse?«
»Schwer zu sagen.«
»Na super!« stellte Jack fest.
»Wie wäre es, wenn du mich abholst?« schlug Laurie vor. »Meine Wohnung liegt sowieso auf dem Weg. Ich finde das Restaurant schon. Es ist in einer kleinen Straße, die von der Mulberry Street abgeht. Aber komm nicht mit dem Fahrrad! Nimm dir ein Taxi!«
Nachdem Jack ihr halbherzig versprochen hatte, am Abend nicht mit dem Fahrrad bei ihr vorzufahren, ging er zurück in sein Büro. Chet sah von seinem Mikroskop auf.
»Kannst du mir jetzt bitte mal verraten, was eben los war?« fragte Chet.
»Das ist eine komplizierte Geschichte«, begann Jack und ließ sich in seinen Schreibtischstuhl fallen. Nach der Aufregung um Paul Sutherland und der langen Fahrradtour fühlte er sich auf einmal ziemlich matt. »Jedenfalls hat Laurie ihre Meinung in bezug auf morgen abend geändert. Falls du und Colleen also Gesellschaft haben wollt – wir begleiten euch gern.«
»Klasse!« rief Chet und griff zum Telefon. »Ich rufe sofort Colleen an und frage sie, ob sie noch zwei Tickets besorgen kann.«
»Einen Augenblick«, bat Jack. »Hast du inzwischen einen der Veterinär-Epidemiologen erreicht?«
»Ja«, erwiderte Chet. »Ich habe mit einem gewissen Dr. Clark Simsarian gesprochen, dem Leiter meiner gestrigen Arbeitsgruppe. Ich habe ihn gefragt, ob denn inzwischen bekannt ist, woran die Ratten verendet sind, aber sie konnten immer noch keine genaue Diagnose stellen.
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