Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
stellte dessen peinlichen Zustand fest.
»Tut mir leid«, sagte Jack, als er den Riß sah. »Zum Glück ist es nur eine Naht.«
»Was, zum Teufel, ist hier eigentlich los?« polterte Chet dazwischen.
»Paul und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit«, erklärte Jack. »Aber dank deines Erscheinens ist die Sache jetzt wohl aus der Welt geschafft.«
Ähnlich wie er zuvor Laurie gedroht hatte, drohte Paul jetzt Jack mit dem aufgerichteten Zeigefinger. »Sie werden noch von mir hören!« versprach er. »Verlassen Sie sich darauf!«
»Ich freue mich schon«, entgegnete Jack.
»Warum gehst du nicht einfach, Paul?« schlug Laurie vor. »Wenn du nicht festgenommen werden willst, solltest du auf mich hören! Ich habe den Sicherheitsdienst alarmiert.«
Paul rückte seine Krawatte zurecht und steckte das dazu passende Tuch zurück in die Brusttasche. Währenddessen ließ er Jack nicht aus den Augen. »Wir sprechen uns noch!« giftete er erneut los. An Laurie gewandt, fügte er genauso haßerfüllt hinzu: »Und wir unterhalten uns nachher!« Mit diesen Worten marschierte er erhobenen Kopfes in Richtung Fahrstuhl.
Laurie, Jack und Chet sahen ihm hinterher.
»Was geht hier eigentlich vor?« erkundigte sich Chet.
Weder Laurie noch Jack antworteten.
»Hast du wirklich den Sicherheitsdienst alarmiert?« wollte Jack wissen.
»Nein«, erwiderte Laurie. »Ich war drauf und dran, aber dann kam ja unser guter Chet zu Hilfe.«
»Danke, Chet«, sagte Jack. »Du bist genau im passenden Moment aufgetaucht.«
»Keine Ursache«, entgegnete Chet. »Möchtet ihr ein paar Chips?« Er hielt seinen beiden Kollegen die Tüte hin, doch sie verneinten kopfschüttelnd.
»Willst du jetzt vielleicht mit mir reden?« wandte sich Jack an Laurie.
Laurie nickte. »Ja.«
»Chet, alter Freund«, sagte Jack zu seinem Kollegen und klopfte ihm auf die Schulter. »Danke für deine Kavalliersdienste. Wir sehen uns gleich in der Muffbude.« Dieses Wort verwendeten sie häufig, wenn sie unter sich waren und über das Büro sprachen.
»Okay«, entgegnete Chet. »Ich merke schon, daß ich störe.« Er zog, fröhlich vor sich hin mampfend, von dannen.
Laurie führte Jack in ihr Büro und schloß die Tür. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dich einen Augenblick bei mir einsperren zu lassen.«
»Ich könnte mir durchaus Schlimmeres vorstellen«, entgegnete Jack.
Dann fiel sie ihm ganz spontan dankbar um den Hals. Jack erwiderte die Geste und legte seine Arme um sie.
»Danke«, brachte sie nach einer vollen Minute des Schweigens hervor. »Du warst mir schon wieder ein richtiger Freund.« Sie ließ ihn los. Jack grinste ein wenig verlegen und setzte sich. Laurie kramte ein Taschentuch aus der Schublade hervor und betupfte sich die Augen. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich hasse es, wenn ich anfange zu heulen.«
»Nach so einer üblen Szene darfst du ruhig ein paar Tränen vergießen.«
Laurie schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben. Ich bin fix und fertig. Vor drei Tagen herrschte zwischen Paul und mir noch eitel Sonnenschein.«
»Und was ist dann passiert?« fragte Jack und stützte sich auf Lauries Schreibtisch.
»Ich habe gestern abend beim Essen versucht, mit ihm über die Dinge zu reden, die Lou und du mir über ihn erzählt habt«, erwiderte Laurie. »Aber es hat nicht funktioniert. Wir haben uns sofort gestritten.«
»Das ist kein gutes Zeichen«, stellte Jack fest.
»Meinst du, das wüßte ich nicht?« entgegnete Laurie und betupfte sich erneut die Augen. »Ich habe irgendwie das Gefühl, daß er etwas verbirgt. Nach seinem heutigen Auftritt bin ich sogar noch mehr davon überzeugt. Ich hätte ihn gar nicht erst reinlassen sollen; aber er hat mich von unten angerufen und behauptet, er wolle sich entschuldigen. Eine tolle Entschuldigung!«
»Wie meinst du das?« fragte Jack. »Was sollte er denn verbergen?«
»Ich bin mir nicht sicher«, gestand Laurie. »Aber ich könnte mir vorstellen, daß er illegal bulgarische Sturmgewehre verkauft. AK-47er.«
Jack stieß einen Pfiff aus. »Das wäre natürlich ein absoluter Hammer!«
»Kann man wohl sagen«, pflichtete Laurie ihm bei und schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich könnte ich sogar irgendwie damit klarkommen, daß er als Waffenhändler arbeitet – allerdings nur, wenn absolut klar wäre, daß er die Waffen für einen legitimen Zweck verkauft, etwa zur Verteidigung unseres Landes. Daß er vor Jahren mal wegen Kokainbesitzes mit dem Gesetz in
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