Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
angesichts ihrer Probleme eine Ablenkung für sie darstellte.
»Darüber hat er nichts gesagt. Du kennst doch Calvin – er hat niemandem die Wahl gelassen. Er hat einfach klar gemacht, dass du den Fall nicht bekommst. Und dann soll ich dir noch sagen, dass er dich so schnell wie möglich in seinem Büro sehen will. So, die Nachricht habe ich überbracht, und jetzt viel Glück!«
»Das ist merkwürdig. War er wütend?«
»Nicht mehr als sonst.« Chet zuckte mit den Schultern. »Tut mir Leid. Mehr kann ich dir auch nicht sagen.«
Laurie nickte, als würde sie es verstehen, was sie aber nicht tat. Sie ließ ihren Mantel auf einem der Stühle liegen und ging nervös hinaus in den Haupteingangsbereich. Nachdem in ihrem Leben ohnehin schon alles den Bach runterging, wäre sie nicht überrascht, wenn jetzt auch ihre Karriere im Eimer war, obwohl sie keine Ahnung hatte, was Calvin auf die Palme gebracht haben könnte, außer vielleicht ihr improvisierter Vortrag auf der Konferenz. Doch hinterher, als sie noch mit ihm geredet hatte, schien doch alles in Ordnung gewesen zu sein.
Marlene drückte den Türöffner für den Verwaltungstrakt, in dem Grabesstille herrschte. Die Sekretärinnen waren noch nicht da, doch Calvin saß in seinem Büro, überflog die Briefe in seiner Unterschriftenmappe und unterzeichnete sie hastig. Erst als er dies erledigt hatte, wandte er sich Laurie zu und bedeutete ihr, sich zu setzen, während er die Mappe in den Ausgangskorb legte. Schließlich lehnte er sich zurück, drückte das Kinn fast gegen seine Brust und blickte Laurie über seine randlose Brille hinweg an. »Wenn Sie es nicht bereits wissen, der Name des möglichen neuen Falls lautet Clark Mulhausen, und ich nehme an, Sie wollen wissen, warum Sie ihn nicht übernehmen sollten.«
»Ja, wäre nett, wenn ich das erfahren dürfte«, erwiderte Laurie. Sie war erleichtert. Calvins Stimme klang nicht streng, was darauf hindeutete, dass er nicht sauer war und sie sich keine Strafpredigt anhören müsste oder, schlimmer noch, vom Dienst befreit werden würde.
»Es geht nur darum, dass Sie die ersten Fälle aus Ihrer so genannten Serie, die vor über einem Monat angefangen hat, immer noch abschließen müssen. Sie können zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt auf keine weiteren Laborergebnisse oder sonst was warten, also schließen Sie sie ab. Außerdem hat der Chef aus wer weiß was für einem Grund Druck vom Bürgermeister bekommen. Jedenfalls hat er mir ausrichten lassen, dass die Fälle abgeschlossen werden sollen, was heißt, ich bekomme den Druck. Vielleicht hat es was mit den Versicherungen und den Familien zu tun. Wer weiß? Warum auch immer, erledigen Sie das! Ich habe Ihnen dafür extra einen Schreibtischtag gegeben. Ist das in Ordnung?«
»Ich habe sie noch nicht abgeschlossen, weil ich nicht guten Gewissens sagen kann, sie seien zufällig oder natürlich, und ich weiß, dass ich nicht von Morden reden soll, weil es dann nämlich um einen Serienmörder ginge. Aber dafür habe ich keine Beweise – jedenfalls noch nicht.«
»Laurie, machen Sie es mir doch nicht so schwer«, verlangte Calvin. Er beugte sich vor, als wollte er sie einschüchtern, streckte ihr seinen riesigen Kopf entgegen und durchbohrte sie mit dem Blick seiner dunklen, bedrohlichen Augen. »Ich versuche, die Angelegenheit in einem freundlichen Licht zu betrachten, und ich versuche nicht, Sie davon abzuhalten, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es bei den Fällen einen kausalen Zusammenhang gibt, aber im Moment müssen Sie sich zwischen Unfall und natürlichem Tod entscheiden. Ich tendiere wie Dick Katzenburg zu natürlichem Tod, weil es keinen weiteren Beweis gibt, dass es sich um einen Unfall oder Mord handeln könnte. Die Todesbescheinigungen können jederzeit ergänzt werden, wenn neue Informationen zur Verfügung stehen. Wir können die Fälle nicht ewig in der Schwebe lassen, und Sie dürfen keinen Mediensturm losbrechen, indem Sie die Fälle ohne sichere Beweislage als Mord oder auch nur als Unfall bezeichnen. Also seien Sie vernünftig!«
»Also gut, dann mache ich das eben.« Laurie seufzte.
»Danke! O Mann! Sie hören sich jetzt an, als würde ich Sie bitten, mir den Mond vom Himmel zu holen. Und wenn wir schon beim Thema sind, was haben Sie über die Queens-Fälle herausgefunden? Gibt es Parallelen?«
»Bis jetzt, ja«, antwortete Laurie. Sie klang müde. Sie beugte sich vor, stützte den Kopf auf und blickte auf den Boden. »Zumindest nach dem,
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