Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
gegenwärtige Situation auswirken würde, wusste er nicht. Und er wusste auch nicht, wie sie zu ihrem derzeitigen Freund stand.
»Dein Schweigen macht mir Probleme«, unterbrach Laurie seine Gedanken. »Nicht nur, dass es untypisch für dich ist – ich brauche auch eine Rückmeldung. Egal was, auch wenn sie schlecht ist. Ich muss wissen, wie du dich fühlst. Wir müssen ein paar Entscheidungen treffen, oder wenn du damit nichts zu tun haben willst, dann sag es mir. Dann treffe ich die Entscheidungen alleine.«
Jack nickte. »Natürlich möchte ich was damit zu tun haben, aber die Situation ist ein bisschen unfair. Es ist schwierig, wenn mir alles vor den Latz geknallt und dann von mir erwartet wird, dass ich sofort reagiere. Mir wäre es lieber gewesen, wenn du es mir sofort erzählt hättest, dann hätte ich genauso darüber nachdenken können wie du. Und bei diesem Abendessen hätten wir uns über unsere Gedanken austauschen können.«
»Der Punkt geht an dich«, räumte Laurie ein. »Ich will dich nicht unter Druck setzen, auch wenn ich mir wünsche, dass du so antwortest, wie ich es gern hätte.«
»Und was wünschst du dir?«
Laurie fasste über den Tisch und berührte Jacks Arm. »Ich werde dir keine Worte in den Mund legen. Ich hoffe nur, dass sich dieses Ereignis positiv auf dich auswirkt und dich aus deiner Trauer reißt. Eine neue Familie bedeutet keine Herabwürdigung deiner verstorbenen Familie. Aber geh nach Hause und denk darüber nach. Ich habe am Wochenende Rufbereitschaft. Wenn ich also nicht zu Hause bin, bin ich im Institut. Ich warte auf deinen Anruf.«
»Also gut«, stimmte Jack müde zu.
»Hey, jetzt krieg meinetwegen keine schlechte Laune«, zog Laurie ihn auf.
»Ich kriege keine schlechte Laune, aber eins kann ich dir sagen: Hunger habe ich keinen mehr.«
»Ich auch nicht«, sagte Laurie. »Dann machen wir lieber Feierabend. Wir sind beide am Ende.« Laurie hob die Hand, um den Kellner herbeizuwinken.
Kapitel 16
R oger Rousseau lehnte sich zurück und reckte die Arme nach oben. Nach den vielen Stunden, in denen er bereits über dem Besprechungstisch in der Personalabteilung des St. Francis Hospital gebeugt saß, waren sie verkrampft. Auf dem Tisch verteilt lagen kleine Stapel mit Computerausdrucken sowie eine frisch gebrannte CD-ROM. Ihm gegenüber saß Rosalyn Leonard, die Personalchefin, eine ernsthafte, große, attraktive Frau mit pechschwarzem Haar und porzellanweißer Haut. Anfangs hatte er sich eingeschüchtert gefühlt, weil sie gegen seinen Charme immun zu sein schien, was Roger persönlich nahm. Für ihn war es äußerst wichtig, glauben zu können, er sei für diejenigen Frauen, die er attraktiv fand, ebenfalls attraktiv. Doch seine Hartnäckigkeit hatte sich nach einigen Stunden bezahlt gemacht – sie war, wenn auch spät, endlich aufgetaut. Während der letzten Stunde hatte er gespürt, dass sie anfing, auf sein Werben positiv zu reagieren. Dass sie keinen Ehering trug, war ihm nicht entgangen, und während der Abend näher rückte, hatte er sie taktvoll nach ihrem Privatleben gefragt. Als er hörte, dass sie derzeit solo war, hatte er sogar überlegt, sie zum Abendessen einzuladen. Es könnte ja schließlich sein, dass die Sache mit Laurie schiefging.
Als Roger am Nachmittag nach Queens gefahren war, hatte er ein bisschen das Gefühl gehabt, nach Hause zu kommen, da das Krankenhaus östlich des Rego Parks lag, einen Steinwurf entfernt von dem Viertel Forest Hills, in dem er aufgewachsen war. Seine Eltern waren zwar schon tot, aber mehrere Onkel und Tanten lebten noch in der Gegend. Bei einem Blick aus dem Taxifenster auf dem Queens Boulevard hatte er sich überlegt, nach dem Besuch im Krankenhaus bei seinem alten Zuhause vorbeizuschauen.
Roger hatte beachtliche Fortschritte gemacht. Sein Treffen mit Bruce Martin, dem Personalchef des Manhattan General, war sehr ergiebig gewesen, wenn auch nicht gleich von Anfang an. Als Roger ihn direkt nach den Personalakten gefragt hatte, hatte Bruce ihn auf die vielen Bundesgesetze hingewiesen, die den Zugang zu solchen Informationen einschränkten. Damit war Rogers Kreativität gefordert – er hatte behauptet, dass er als Leiter des medizinischen Personals eine Studie über die Interaktion zwischen Ärzten und den übrigen Mitarbeitern anzufertigen dachte. Schwerpunkt seien die neuen Mitarbeiter, insbesondere diejenigen aus der Nachtschicht, wenn das Krankenhaus, wie er sich ausdrückte, quasi auf einen »Tempomaten«
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