Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Pflegekräfte an, und andere Krankenhäuser werben sie von uns ab. Ein ewiges Tauziehen. Wir müssen sogar Leute aus dem Ausland holen.«
»Ehrlich?« Roger wusste, dass die Vereinigten Staaten Ärzte aus Entwicklungsländern abzogen, die vorgeblich zur Ausbildung nach Amerika kamen, dann aber blieben, doch er hatte nicht gewusst, dass es bei Pflegekräften genauso gehandhabt wurde – in Anbetracht der schwierigen gesundheitlichen Situation in den Dritte-Welt-Ländern für Roger ein ethisch höchst fragwürdiger Zustand. »Auf der Liste steht nicht, wohin die Mitarbeiter gegangen sind.«
Rosalyn schüttelte den Kopf. »Das steht nicht in der Mitarbeiter-Hauptdatenbank, aber vielleicht in den einzelnen Personalakten, wenn an eine andere Einrichtung eine Empfehlung geschickt werden sollte oder von einer solchen Einrichtung eine Rückfrage kam. Aber mit diesen Daten müssen wir sehr vorsichtig sein, wie Sie sicher wissen. Es besteht immer die Gefahr, verklagt zu werden, wenn der Einzelne dem Zugriff nicht zugestimmt hat.«
Roger nickte. »Was ist, falls ich für meine Studie Fragen zu einzelnen Mitarbeitern haben sollte? Ich meine, Fragen über ihr allgemeines Auftreten im St. Francis, zum Beispiel ob sie mit ihren Kollegen zurechtkamen oder aus irgendwelchen Gründen Disziplinarmaßnahmen ergriffen wurden.«
»Das wird schwierig«, meinte Rosalyn und nickte, als würde sie sich selbst zustimmen. »Ist Ihre Studie für interne Zwecke, oder soll sie veröffentlicht werden?«
»Oh, die ist ausschließlich für interne Zwecke mit beschränktem Zugriff, also nur für die höchsten Ebenen bestimmt. Sie wird auf keinen Fall veröffentlicht.«
»Wenn das der Fall ist, kann ich Ihnen vielleicht helfen, aber ich muss unseren Direktor und den Rechtsberater fragen. Wollen Sie, dass ich das bis Montag erledige? Früher geht’s leider nicht.«
»Nein, eigentlich nicht«, wehrte Roger rasch ab. Es wäre ihm unangenehm, wenn sich die beiden Direktoren über seine so genannte Studie austauschten. »Warten wir mal ab, bis ich weiß, ob ich weitere persönliche Informationen zu einem dieser Mitarbeiter überhaupt brauche. Wahrscheinlich eher nicht.«
»Geben Sie mir einfach vierundzwanzig Stunden vorher Bescheid.«
Roger nickte. Er räusperte sich und stellte schließlich die Schlüsselfrage. »Was ist, wenn diese Mitarbeiter, die das St. Francis verlassen haben, ins Manhattan General kamen, also wenn sie innerhalb der AmeriCare-Organisation geblieben sind? Steht denn diese Information zur Verfügung?«
»Nicht dass ich wüsste. Wie Sie wissen, betreibt AmeriCare die Krankenhäuser als unabhängige Einheiten. Als Einsparungsmöglichkeit wird nur der gemeinsame Einkauf für grundlegende Dinge genutzt. Wenn ein Mitarbeiter das St. Francis verlässt und ins Manhattan General wechselt, ist das für uns das Gleiche, als wenn er in ein Krankenhaus geht, das nicht zu AmeriCare gehört.«
Roger nickte wieder. Er merkte, dass er ganz schön in Zeitnot geraten würde. Die Chancen, etwas in der Hand zu haben, um unter diesem Vorwand bei Laurie zu Hause aufzukreuzen, standen schlecht. Er blickte auf seine Uhr: Viertel vor sieben. Draußen war es schon stockfinster.
»Es tut mir Leid, dass ich Sie so lange in Beschlag genommen habe«, sagte er mit einem warmen Lächeln. »Ich bin Ihnen für Ihre Hilfe ja so dankbar, aber ich habe jetzt ein schlechtes Gewissen, weil es Freitagabend ist. Ich bin sicher, ich habe Sie von etwas abgehalten, das viel schöner und unterhaltsamer ist.«
»Es hat mir Spaß gemacht, Ihnen zu helfen, Dr. Rousseau. Bruce hat Sie in den höchsten Tönen gelobt, als er angerufen hat. Ich habe erfahren, dass Sie bei Ärzte ohne Grenzen waren.«
»Ja, das stimmt«, erwiderte Roger bescheiden. »Aber sagen Sie doch bitte Roger zu mir.«
»Danke, Doktor.« Rosalyn musste über sich selber lachen. »Ich meine, danke, Roger.«
»Es gibt keinen Grund, mir zu danken. Ich bin es, der Ihnen danken sollte.«
»Ich habe über die Arbeit gelesen, die Ärzte ohne Grenzen rund um den Globus leistet. Ich bin sehr beeindruckt.«
»In den Problemzonen der Welt herrscht ein großer Bedarf an grundlegender Gesundheitsversorgung.« Roger freute sich, dass das Gespräch eine persönliche Note bekommen hatte.
»Das kann ich mir denken. Wo waren Sie eingesetzt?«
»Südpazifik, dann in Fernost und schließlich in Afrika. Eine Mischung aus undurchdringlichem Dschungel und endloser Wüste.« Roger lächelte. Diese Geschichte spulte er
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