Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Hand. Auch wenn es mehr waren als erwartet, dachte er, mit sieben würde er zurechtkommen. Beim Lesen der Namen stellte er fest, wie sehr sie die die ethnische Vielfalt widerspiegelten und dass sich aus den meisten die Herkunft erschließen ließ. Nur bei Rakoczi hatte er Schwierigkeiten, zu raten, woher ihre Familie stammte, aber er tippte auf Osteuropa. Bei allen sieben Verdächtigen war es möglich, dass sie in irgendeiner Art und Weise in direkten Kontakt zu Patienten traten, besonders während der Nachtschicht, wenn die Wachsamkeit auf ein Minimum reduziert war. Ob er Rosalyn bitten sollte, ihm die Daten aus dem St. Francis zu besorgen? Jetzt, da sich eine persönliche Beziehung zwischen ihnen entwickelte, konnte er sie vielleicht dazu bringen, ein paar Vorschriften zu umgehen. Aber eine Garantie hatte er nicht. Also, wie sollte er weitermachen?
Roger legte das Blatt neben die Liste der Anästhesisten und blickte auf die Uhr. Viertel nach zwei. Er schüttelte den Kopf. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so lange gearbeitet hatte. Wahrscheinlich während seiner Assistenzzeit. Es war etwas deprimierend, wenn er daran dachte, dass die meisten Menschen in der Stadt schliefen, aber wenigstens war er nicht müde. Der Kaffee, den er vorher getrunken hatte, machte ihn immer noch ganz zappelig. Wenn es doch erst zehn Uhr abends wäre. Er würde so gern Laurie anrufen und ihr die Liste vorbeibringen, aber das stand nicht zur Diskussion. So, wie sie mit ihrem BRCA1-Problem beschäftigt war, würde er sie auf keinen Fall wecken.
Es war auch das erste Mal während seiner Zeit im Manhattan General, dass er während der Nachtschicht hier war, also der Zeit, in der alle fraglichen Todesfälle eingetreten waren. Nach dem vielen Koffein, das er sich verabreicht hatte, war ohnehin nicht mehr an Schlaf zu denken, und solange er in Schnüfflerlaune war, könnte er genauso gut die Allgemeinchirurgie aufsuchen, in der mehr als die Hälfte der Fälle aufgetreten und wo einige der Verdächtigen beschäftigt waren. Also griff er zur Liste mit den beiden Anästhesisten und dem Blatt mit den sieben Mitarbeitern, die von der Nachtschicht im St. Francis zur Nachtschicht in Manhattan General gewechselt hatten, und prägte sich die Namen ein.
Er wollte gerade aufstehen, als ihm einfiel, dass er sicher erst am späten Vormittag ins Büro zurückkommen würde. Also wählte er Lauries Nummer auf der Arbeit.
»Ich bin’s, Roger«, meldete er sich auf Lauries Anrufbeantworter. »Es ist schon zwei Uhr nachts vorbei, aber dein Vorschlag zum St. Francis war Gold wert. Er hat eine Menge möglicher Verdächtiger zutage gefördert, mehr als ich erwartet hätte. Ich freue mich schon, wenn ich dir alles erzählen kann. Vielleicht können wir uns morgen zum Abendessen treffen. Ich gehe gleich in die Allgemeinchirurgie rauf, um noch ein bisschen Detektiv zu spielen. Dort will ich mir ein paar der Leute bei der Arbeit anschauen, die auf meiner Liste stehen. Eins kann ich dir aber schon mal verraten: Es gibt einen Anästhesisten, Motilal Najah, der in der Nachtschicht arbeitet. Ich habe selbst das Einstellungsgespräch mit ihm geführt, aber vergessen, dass er gleich nach der Urlaubszeit vom St. Francis hierher gewechselt ist. So ein Zufall, was? Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Auf jeden Fall werde ich noch ein paar Stunden hier sein, also komme ich wahrscheinlich nicht vor Mittag oder dem frühen Nachmittag ins Büro. Ich rufe dich an, sobald ich hier bin. Ciao!«
Roger legte auf und blickte auf die Liste mit den sieben Mitarbeitern, die nicht zur Ärzteschaft gehörten. Vielleicht hätte er die Liste Laurie vorlesen sollen. Mehr als alles andere wollte er ihr Interesse wecken in der Hoffnung, dass sie sich mit ihm treffen würde. Er überlegte, sie noch einmal anzurufen, fand dann aber, dass das, was er ihr gesagt hatte, als Köder schon reichen müsste.
Nachdem er sich den langen, weißen Kittel angezogen hatte, den er immer trug, wenn er durchs Krankenhaus streifte, ging er den Verwaltungstrakt entlang. Er war abends schon mehrmals hier gewesen, aber nie nach Mitternacht. Zu dieser Zeit herrschte hier eine Stimmung wie in einem Mausoleum.
Der Flur im Hauptgebäude war bis auf eine Putzkraft mit einem Reinigungsgerät am anderen Ende leer. Als er nach oben fuhr, war er überrascht, wie wach und aufgedreht, ja schon fast euphorisch er sich fühlte, was ihn aber leider an seinen früheren Heroinkonsum erinnerte. Er
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