Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Lynch, war früher Ivy-League-Footballspieler gewesen. Was seine Größe anging, konnte er nicht ganz mit Calvin mithalten, allerdings fehlte nur ein kleines Stück. Aber ansonsten war er ganz anders als Calvin – ausgeglichen und freundlich. Als Laurie eintrat, stand er gerade über seinem geliebten DNS-Sequenzer.
Laurie gab Ted das nötige Hintergrundwissen zum Fall und fragte ihn, ob er sich die Probe schnell mal anschauen könnte. Dann gab sie ihm eine Gewebeprobe von Lewis und eine Probe von dem, was sie unter dessen Fingernägeln gefunden hatte.
»Ja, ja, ja!«, lachte Ted. »Sie und Jack, Sie sind mir schon so ein Paar. Jedes Mal, wenn Sie mir was bringen, muss es sofort erledigt werden, als würde sonst die Welt untergehen. Wieso könnt ihr zwei euch nicht auch mal auf die faule Haut legen wie die anderen? Die haben nämlich Angst vor mir, denn wenn sie was von mir hören, bedeutet das Arbeit für sie.«
Laurie musste lächeln. Sie und Jack hatten sich einen gewissen Ruf erworben. Laurie bat Ted, einfach sein Bestes zu geben. Anschließend ging sie ein Stockwerk tiefer und eilte in ihr Büro. Sie war schon ganz aufgeregt und musste unbedingt Roger anrufen, um ihm von den zwei neuen Fällen in ihrer Serie zu berichten.
Mit den Fingern auf den Schreibtisch trommelnd, wartete sie, dass Roger abhob. Ihr Herz raste noch schneller als vorher. Ihr war klar, dass Roger über die beiden Fälle informiert werden wollte, wenn er nicht schon Bescheid wusste. Doch leider meldete sich nur der Anrufbeantworter. Laurie fluchte in Gedanken. In letzter Zeit schien sie nur noch mit Anrufbeantwortern zu telefonieren, nie mit einem Menschen persönlich.
Laurie sagte nur, dass sie angerufen habe und er sich bitte melden solle. Sie war etwas enttäuscht, dass er nicht drangegangen war. Als sie auflegte, ließ sie ihre Hand auf dem Hörer ruhen und dachte darüber nach, dass Roger der einzige Mensch war, der mit ihrer Theorie eines durch die Flure des Manhattan General geisternden Sensenmanns – ein Ausdruck, den Sue Passero abfällig benutzt hatte – etwas anfangen konnte. Doch weil sie sich vorgenommen hatte, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, überlegte sie, wie ehrlich er es denn wohl meinte. Nachdem er zugegeben hatte, dass er noch verheiratet war, wusste sie nicht mehr, wie weit sie ihm trauen konnte. Wenn Laurie die vergangenen fünf Wochen Revue passieren ließ, musste sie sich eingestehen, dass er sich manchmal viel zu sehr um sie bemüht hatte. Sie hasste es, zynisch zu sein, aber das war die Folge seiner Unehrlichkeit.
Laurie erschrak fast zu Tode, als das Telefon unter ihrer Hand klingelte. Leicht panisch riss sie den Hörer hoch. »Ich würde gern mit Laurie Montgomery sprechen«, meldete sich eine freundliche Frauenstimme.
»Am Apparat«, entgegnete Laurie.
»Mein Name ist Anne Dickson. Ich bin Sozialarbeiterin hier im Manhattan General, und ich würde gern einen Termin mit Ihnen vereinbaren.«
»Einen Termin?«, fragte Laurie nach. »Könnten Sie mir vielleicht auch sagen, um welchen Fall es geht?«
»Um Ihren Fall natürlich«, erwiderte Anne verwirrt.
»Um meinen Fall? Ich glaube, ich verstehe nicht ganz.«
»Ich arbeite hier im Genlabor, und vor etwas mehr als einem Monat sind Sie zu einem Gentest bei uns gewesen. Jetzt wollte ich einfach einen Termin mit Ihnen vereinbaren, damit Sie noch einmal herkommen.«
Die Gedanken purzelten in Lauries Kopf durcheinander. Der BRCA1-Test war ein weiteres Beispiel dafür, wie sehr sie die unangenehmen Dinge verdrängte. Sie hatte völlig vergessen, dass sie deswegen im Manhattan General gewesen war. Und jetzt schien sie von diesem beunruhigenden Thema wie von einer Lawine überrollt zu werden.
»Hallo? Sind Sie noch da?«, fragte Anne.
»Ja, ja, ich bin noch da«, antwortete Laurie, die versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. »Ich nehme an, das heißt, der Test war positiv.«
»Das heißt nur, dass ich Sie persönlich sprechen möchte«, wich Anne aus. »Das ist bei uns für alle Patienten Standard. Ich möchte mich auch entschuldigen. Ihre Akte lag bestimmt schon eine Woche auf meinem Schreibtisch, ist aber versehentlich im falschen Korb gelandet. Das ist allein mein Fehler, deswegen möchte ich Ihren Termin jetzt möglichst bald einschieben.«
Laurie wurde wütend und ungeduldig. Sie atmete tief durch und rief sich in Erinnerung, dass die Sozialarbeiterin auch nur ihre Arbeit erledigte. Trotzdem hätte Laurie es vorgezogen, das Ergebnis einfach am
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