Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
hatten sie den Toyota umstellt. Aus jedem Jeep sprangen vier Polizisten. Alle bis auf zwei hatten ihre Pistolen gezogen. Die letzten beiden trugen eine Maschinenpistole in der Hand.
»Aussteigen!«, bellte der Kommandeur. Die linke Seite seiner Uniformjacke war mit Rangabzeichen übersät. »Hände hoch! Sie sind hiermit festgenommen!«
Donnerstag, 1. November 2007
6.15 Uhr
New York, USA
Das Schlimmste an dem ganzen Fruchtbarkeitsbehandlungsalbtraum war die Warterei. Im ersten Abschnitt des Zyklus war man pausenlos damit beschäftigt, Tabletten zu nehmen oder sich Spritzen zu geben und per Ultraschall die Entwicklung zu beobachten. Man hatte jedenfalls immer etwas zu tun und daher weniger Zeit, sich Sorgen zu machen. Aber in der zweiten Zyklushälfte änderte sich das. Da blieb einem nichts anderes mehr übrig, als zu überlegen: Ist das der Zyklus, in dem ich endlich schwanger werde, oder ist es womöglich mein Schicksal, für alle Zeit unfruchtbar zu bleiben? Allein der Klang des Wortes unfruchtbar hatte etwas Verstörendes, wie ein Makel, als würde irgendetwas fehlen.
Als Laurie an diesem Novembermorgen durch das Prasseln des Regens aufwachte, überlegte sie, ob sie schwanger war. Wie bei jedem der ungefähr zehn vorangegangenen Zyklen war sie voller Hoffnung. Die Hormonspritzen hatten einen ganzen Schwung von Follikeln in genau der richtigen Größe produziert.
Aber gleichzeitig war sie deprimiert. Auch während der anderen, ebenso vielversprechenden Zyklen war sie nicht schwanger geworden. Warum sollte es dieses Mal also anders laufen? Wäre es nicht das Beste, alle Hoffnungen und Erwartungen auf ein Minimum zu reduzieren? Als sie im letzten Monat schließlich doch ihre Periode und damit laut und vernehmlich den Urteilsspruch Nicht schwanger! bekommen hatte, da war sie schon bereit gewesen, endgültig aufzugeben. Eine Schwangerschaft war im Leben der dreiundvierzigjährigen Laurie Montgomery Stapleton wohl einfach nicht vorgesehen.
Jetzt lag sie im warmen Bett und hörte Jack unter der Dusche singen. Seine Unbeschwertheit im Angesicht ihrer Sorgen machte es ihr noch schwerer, die ganze Belastung auszuhalten.
»Es hilft ja doch nichts«, sagte sie schließlich laut. Resigniert warf sie die Decke zurück und eilte ins Badezimmer, wo sie von Wärme und Dampf eingehüllt wurde. Sie versuchte, sich keinerlei Hoffnungen zu machen, und holte einen der verhassten Schwangerschaftstests hervor. Dann kauerte sie sich über die Toilette und befeuchtete wie vorgeschrieben den Teststreifen. Sie stellte den Wecker und legte den Streifen auf den Keramik-Spülkasten.
Nachdem sie die Kaffeemaschine in der Küche eingeschaltet und ein paar englische Muffins in den Toaster geschoben hatte, kehrte sie ins Badezimmer zurück. Dabei würdigte sie den Teststreifen ganz bewusst keines Blickes, sondern beschäftigte sich ausschließlich damit, den nervtötenden Wecker wieder abzustellen.
Dann, nachdem sie sich gründlich auf ein negatives Resultat eingestellt hatte, gestattete sie sich einen schnellen Blick auf den Teststreifen, musste aber zweimal hinsehen, um das positive Ergebnis zu registrieren. Zum ersten Mal war da ein zweiter Streifen zu erkennen, und diese Botschaft war eindeutig. Laurie stieß ein lautes Juchzen aus. Instinktiv wusste sie ganz genau, wann sie schwanger geworden war. In Indien, gleich, nachdem Jennifer unversehrt ins Hotel zurückgekehrt war, hatten Laurie und Jack sich geliebt, und obwohl sie etwas später auch noch die Insemination vorgenommen hatten, wusste Laurie ganz genau, dass sie dieses große Glück auf natürlichem Weg empfangen hatte.
Laurie drehte sich um und riss die Duschkabinentür auf. Dann sprang sie, Pyjama hin oder her, zu einem vollkommen überraschten Jack unter die Dusche. »Wir haben es geschafft!«, kreischte sie. »Ich bin schwanger!«
Donnerstag, 20. März 2008
11.45 Uhr
Los Angeles, USA
Jennifer bekam ihren Umschlag und widerstand der mächtigen Versuchung, ihn auf der Stelle aufzureißen. Immerhin würde der Inhalt dieses Umschlags einen entscheidenden Einfluss auf ihr weiteres Leben haben. Auf der Vorderseite stand lediglich Jennifer M. Hernandez, UCLA David Geffen School of Medicine. Er enthielt das Ergebnis des Auswahlverfahrens, bei dem die Bedürfnisse der Studienabgänger mit denen der akademischen Klinikeinrichtungen so abgeglichen wurden, dass möglichst beide Seiten zufrieden waren.
Diese Auswahl war für die Studenten deshalb so wichtig, weil
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