Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
nach dem traumatischen Erlebnis mit John Juniors kurzer, aber alptraumhafter Entführung. Zwar hatte Lou sie seit dem verhängnisvollen Freitag nicht mehr gesehen, hatte aber mehrmals mit ihnen telefoniert, zuletzt am Abend zuvor, als Lou mit ihnen diesen Besuch verabredet hatte. So lange, fand er, hatten sie ihre Privatsphäre gebraucht.
Er erklomm die fünf Stufen zur Eingangstür, klingelte und warf einen Blick auf seine Uhr. In zehn Minuten sollten die Razzien stattfinden, zeitgleich und an drei verschiedenen Standorten. Das Wissen um diese Razzien verschaffte Lou ein tiefes Gefühl der Befriedigung, aber auch der Aufregung. Gleichzeitig bedauerte er es, nicht teilnehmen zu können, aber da er nicht an allen drei Einsatzorten gleichzeitig sein konnte, hatte er entschieden, an keinem aufzutauchen und stattdessen das Zustandekommen der Razzien mit Laurie zu feiern, da sie maßgeblich daran beteiligt war, dass sie überhaupt stattfanden. Es war ihre persönliche Kombination aus Intuition, Verbissenheit und investigativer, forensischer Intelligenz gewesen, mit der sie erkannt hatte, dass es sich bei dem von anderen diagnostizierten natürlichen Tod um einen Mord gehandelt hatte. Sie war es auch gewesen, die den Mord mit dem Organisierten Verbrechen in Verbindung gebracht hatte, und sie hatte die Geschäftsbeziehungen zwischen der Mafia und der japanischen Yakuza aufgedeckt.
Die Tür wurde geöffnet, und Jack und Lou begrüßten einander herzlich. »Du brauchst deinen Besuch nicht so formell anzukündigen«, hielt Jack ihm vor, während sie die Treppen hochgingen. »Du kannst jederzeit vorbeikommen.«
»Unter den Umständen fand ich es am besten, vorher anzurufen«, erklärte Lou. »Eine Entführung ist ein wirklich außergewöhnliches emotionales Erlebnis, um es mal freundlich auszudrücken. Wie geht’s euch allen?«
»Allen geht’s gut, nur mir nicht«, witzelte Jack. »JJ scheint absolut normal zu sein, seit er aus seiner Betäubung erwacht ist, und so ist es bisher geblieben, vorausgesetzt, du denkst, das normale Verhalten eines eineinhalbjährigen Kindes ist wirklich normal.«
»Ich kann mich vage daran erinnern«, grinste Lou. Seine beiden Kinder hatten das College bereits verlassen.
»Das einzige Problem ist, dass Laurie sich noch immer die Schuld an der Entführung gibt, obwohl alle etwas anderes sagen. Und jetzt trägt sie einen inneren Kampf aus, ob sie lieber eine Vollzeit-Mutter sein will oder lieber eine Mutter, die gleichzeitig eine Weltklasse-Gerichtsmedizinerin ist. Bitte sprich mit ihr. Ich kann nicht, weil mir beides recht wäre. Ich hätte gern, dass sie das macht, was sie möchte.«
Sie gingen an der Küche vorbei ins Wohnzimmer. Laurie stand vom Sofa auf und drückte Lou in einer innigen Umarmung. Sie dankte ihm überschwänglich, dass er ihnen Grover und Colt vom CRT vorgestellt hatte.
»Nur dank ihnen hat alles so gut geklappt«, sagte Laurie, in deren Augen Tränen blitzten, was Lou in Verlegenheit brachte.
»Ich hatte einfach nur gedacht, sie würden JJ schneller zurückbringen«, murmelte er und versuchte, seine Rolle in der Angelegenheit herunterzuspielen.
»Schneller!«, platzte es aus Laurie heraus. »Sie hatten ihn genau einen Tag später. Das war ein Wunder. Wenn sie nicht gewesen wären, wäre JJ sicher immer noch in den Händen der Kidnapper.«
»Mit Sicherheit«, sagte Lou. »Haben Grover und Colt dir sagen können, warum JJ verschleppt wurde?«
»Nein, wir haben nur einmal mit ihnen gesprochen, das war am Montag. Sie kamen kurz vorbei, um nach JJ zu sehen. Seitdem hatten wir keinen Kontakt mehr mit ihnen, weil sie sagten, sie würden noch am selben Abend zu einem Fall in Venezuela abreisen.«
»Genau, wie sie vermutet hatten, war die Entführung ein später, verzweifelter Versuch, dich von Satoshi Machitas Fall fernzuhalten. Die Lösegeldforderung war nur das Sahnehäubchen. Sie hatten Angst vor dir, Laurie, nicht vor dem OCME, sondern nur vor dir.«
»Das ist ja kaum zu glauben«, sagte Laurie.
»Und das wirft kein gutes Licht auf den Rest von uns beim OCME«, sagte Jack, der damit versuchte, etwas Humor in das Gespräch zu bringen. Er beugte sich vor und hob JJ hoch, der sich von den Erwachsenen vernachlässigt fühlte und das alle hören ließ.
»Für dich ist das vielleicht schwer zu glauben, Laurie«, fuhr Lou fort, »aber nicht für all jene, die bei der New Yorker Polizei, dem FBI, dem CIA und dem Secret Service beschäftigt sind. Deine Arbeit an dem Fall
Weitere Kostenlose Bücher