Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
ins Boot, Grover legte den Gang ein und gab Gas. Wieder ließ er vorsichtshalber die Lichter aus.
Ein wenig außer Atem zog Colt den Reißverschluss der Schultertasche auf und sah sich JJ an, der sich in ein paar Handtücher gekuschelt hatte und schlief, nicht ahnend, dass er schon wieder in fremden Händen war. »Du hast toll mitgemacht«, rief ihm Colt über das Dröhnen des Motors zu.
Er blickte zum Haus zurück und sah Mündungsfeuer. »Wir werden beschossen«, schrie er zu Grover rüber, der sofort Ausweich-Manöver fuhr, obwohl weder er noch Colt das wirklich für nötig hielten, denn sie waren schon zu weit draußen auf dem Fluss. Ihr Plan war, am gegenüberliegenden Ufer in Richtung Norden zu fahren, bis das schwarze, flache Boot nicht mehr zu sehen war. Dann würden sie nach Osten fahren, auf dem Weg, auf dem sie gekommen waren.
Um viertel vor vier am frühen Morgen parkte Colt vor Lauries und Jacks Haus. Das Viertel war totenstill, weit und breit waren keine Fußgänger oder Hunde in Sicht. Ohne das Licht der Straßenlaternen wäre die Gegend absolut schwarz gewesen – so ganz ohne Mondschein. Auch das Haus lag im Dunkeln, und nur ein kleines Licht brannte an der Haustür.
Grover stieg aus und öffnete die hintere Tür. Er beugte sich hinein und sah, dass JJ tief und fest schlief. Dann hievte er die Tasche aus dem Wagen. Als Colt um den Wagen herumkam, übergab er ihm JJ. »Dir gebührt die Ehre heute Nacht. Verglichen mit dir war ich nur ein stiller Teilnehmer.«
»Du hattest deine Auftritte«, widersprach Colt. »Nur weil du den ersten Hund und den Gangster auf der Terrasse erschossen hast, war das alles möglich.«
»Du bist zu großzügig … Aber danke!«
Gemütlich gingen sie die Steinstufen hinauf. Als sie vor der Haustür standen, stellten sie die Tasche, in der JJ schlummerte, zwischen sich auf.
Grover lehnte sich an den Klingelknopf und hielt ihn eine ganze Minute lang gepresst. Dann ließ er los, ging ein paar Stufen runter und reckte seinen Hals, um nach oben zu sehen. Aus einem Fenster schien nun Licht. Grover stieg die Stufen wieder hoch und nahm seine vorherige Position wieder ein. Endlich wurde geöffnet, und Jack und Laurie standen in der Tür.
»Mr. Collins und Mr. Thomas«, sagte Jack, gleichzeitig überrascht und auch wieder nicht. »Sie sind entweder schrecklich spät oder schrecklich früh dran. Was gibt’s?« Er wollte nicht raten.
»Ich glaube, wir haben etwas gefunden, das Ihnen gehört«, sagte Colt. Er hob die Schultertasche hoch und legte sie in Jacks ausgestreckte Hände. Da der Reißverschluss schon offen war, zog er nur die Seiten der Tasche ein wenig nach außen, damit sie das Engelsgesicht sehen konnten.
Laurie zügelte ihre Hoffnung aus Angst, enttäuscht zu werden. Sie drückte sich um Jack herum und lugte in die Tasche. Obwohl sie vor grenzenloser Freude aufschluchzte, war sie nicht bereit, ihr Kind an sich zu nehmen, aus Furcht davor, dass ihre Fantasie ihr einen Streich spielte und es nur eine Halluzination war. Aber ihre Zurückhaltung legte sich rasch, und bald war sie sich der Sache so sicher, dass sie in die Tasche griff, ihren schlafenden Sohn ergriff und ihn an ihre Brust drückte.
Halb lachend, halb weinend, bombardierte Laurie Grover und Colt mit hundert Fragen, während JJ weiter in ihren Armen schlummerte.
»Morgen oder übermorgen werden wir genug Zeit haben für Ihre Fragen. Für den Moment können wir Ihnen mitteilen, dass er wirklich ungewöhnlich nett behandelt wurde von einer Frau, die ihn anscheinend sehr lieb gewonnen hatte.«
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht, das diese plötzliche, frohe Wende der Dinge widerspiegelte, bat Jack die beiden Entführungsberater ins Haus. Aber Grover und Colt lehnten freundlich ab mit der Begründung, sie müssten ihre Ausrüstung zurück zu CRT bringen, bevor sie ihre Rechtsabteilung wecken und zur Polizei gehen müssten. »Wir müssen die Sünden, die wir bei der Befreiung von JJ begangen haben, besser eher als später beichten, aber wir werden nicht alle erwähnen«, sagte Grover mit einem Augenzwinkern. »Und haben Sie Dank dafür, dass wir Ihren Sohn wiederbringen durften.«
»SIE danken UNS?«, fragte Jack ungläubig.
Epilog
1. April 2010
Donnerstag, 10.49 Uhr
New York City
Detective Captain Lou Soldano war selbst überrascht, dass er einen offiziellen Parkplatz nur zwei Häuser entfernt von Jacks und Lauries Zuhause fand. Die beiden hatten vom OCME Urlaub auf unbestimmte Zeit genommen
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