Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
altmodischen Straßenlaternen beleuchtet wurde. Dem Platz direkt gegenüber war das Haus von Siegfried Spallek. Es sah so ähnlich aus wie das von Kevin: Im Erdgeschoß war es von Arkaden geziert, die erste Etage war von einer Veranda umgeben, und die Schlafzimmer befanden sich in dem relativ steilen Dachgeschoß. Im Moment brannte nur in der Küche Licht. Offenbar war der Manager noch nicht zu Hause. Als von links lachende Stimmen an sein Ohr drangen, drehte Kevin sich um und sah in Richtung Meer. Am Abend war ein kräftiger tropischer Wolkenbruch niedergegangen, es hatte eine Stunde lang in Strömen gegossen und erst vor fünfzehn Minuten aufgehört zu regnen. Von dem von der Sonne noch immer aufgeheizten Kopfsteinpflaster stiegen dampfende Wolken auf, und aus einem dieser Nebelschleier traten plötzlich die beiden Frauen hervor. Sie gingen Arm in Arm und lachten fröhlich.
»Hallo, Kevin!« rief Melanie, als sie ihn auf dem Balkon entdeckte. »Warum hast du uns keine Kutsche geschickt?« Die Frauen kamen näher und blieben direkt unter ihm stehen. Es war ihm peinlich, daß die beiden so laut herumjohlten. »Wie bitte?« fragte Kevin entgeistert.
»Du hättest doch mal daran denken können, daß wir nicht gern bis auf die Haut durchnäßt zum Dinner erscheinen«, scherzte Melanie, woraufhin Candace zu kichern begann. »Kommt am besten erst mal rauf«, forderte Kevin seine Gäste auf und ließ seinen Blick über den kleinen Platz schweifen. Er hoffte, daß seine Nachbarn nichts mitbekommen hatten. Mit lautem Spektakel stiegen die Frauen die Treppen hinauf. Kevin empfing sie auf dem Treppenabsatz, wo Melanie sich nicht davon abhalten ließ, ihm zur Begrüßung auf jede Wange einen Kuß zu drücken. Candace tat es ihr gleich. »Tut mir leid, daß wir zu spät sind«, entschuldigte sich Melanie.
»Aber bei dem Regen blieb uns nichts anderes übrig, als in der Chickee Bar Zuflucht zu suchen.«
»Und dann haben ein paar nette Männer aus der Autowerkstatt darauf bestanden, uns Piña Coladas zu spendieren«, fügte Candace fröhlich hinzu.
»Ist ja nicht weiter schlimm«, beschwichtigte Kevin. »Aber das Essen ist schon seit einer Weile fertig.«
»Phantastisch!« rief Candace. »Ich sterbe fast vor Hunger.«
»Ich auch«, sagte Melanie, während sie sich bückte, um ihre Schuhe auszuziehen. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich barfuß gehe. Auf dem Weg hierher habe ich klatschnasse Füße bekommen.«
»Ich auch«, sagte Candace und zog sich ebenfalls die Schuhe aus.
Kevin zeigte in Richtung Eßzimmer und bat die Frauen, ihm zu folgen. Esmeralda hatte den Tisch nur an einem Ende gedeckt, denn er bot Platz für zwölf Personen. Ein kleines Tischtuch bedeckte genau die Fläche, auf der die Gedecke standen. Die Kerzen in den gläsernen Haltern sorgten für eine feierliche Beleuchtung.
»Wie romantisch«, bemerkte Candace.
»Ich hoffe, es gibt Wein«, sagte Melanie und ließ sich auf dem erstbesten Stuhl nieder.
Candace ging um den Tisch und nahm gegenüber von Melanie Platz, so daß das Tischende für Kevin reserviert blieb. »Weiß oder rot?« fragte Kevin.
»Die Farbe ist mir ganz egal«, erwiderte Melanie und lachte. »Was gibt es denn zu essen?« fragte Candace.
»Einen einheimischen Fisch«, erwiderte Kevin. »Einen Fisch! Wie passend!« rief Melanie, woraufhin die beiden Frauen so heftig lachen mußten, daß ihnen die Tränen kamen.
»Was ist denn daran so lustig?« fragte Kevin. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß er in Anwesenheit dieser beiden Frauen nichts mehr unter Kontrolle hatte und nur die Hälfte der Unterhaltung verstand.
»Das erklären wir dir später«, brachte Melanie mühselig hervor. »Hol lieber den Wein. Der ist jetzt viel wichtiger.«
»Ich bin für Weißwein«, sagte Candace. Kevin ging in die Küche und nahm eine Flasche aus dem Kühlschrank, die er zuvor hineingelegt hatte. Dabei vermied er es, Esmeralda anzusehen; er machte sich Sorgen, was sie wohl davon halten mochte, diese angeheiterten Frauen zu bewirten. Er selber wußte auch nicht, wie er die Situation einschätzen sollte. Während er die Weinflasche öffnete, hörte er die beiden Frauen sich lebhaft miteinander unterhalten und immer wieder aufs neue laut loslachen. Das gute an den beiden war, daß nie peinliche Pausen entstanden, wenn er mit ihnen zusammen war.
»Was für einen Wein kredenzt du uns denn?« fragte Melanie, als Kevin zurückkehrte. Kevin zeigte ihr die Flasche. »Ach, du liebe Güte«, staunte
Weitere Kostenlose Bücher