Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
erklärte er schließlich vage und hoffte, daß sich Mrs. Franconi damit zufriedengeben würde. »Ach ja?« entgegnete sie.
»Ich erkläre Ihnen am besten mal, warum ich mit Ihnen sprechen wollte«, sagte Jack schnell. Er hatte Angst, daß Mrs. Franconi nicht mehr auf seine Fragen eingehen würde, wenn er sie zu sehr schockierte. »Sie haben dem Ermittler gesagt, daß Ihr Sohn eine Reise gemacht hat und daß es ihm danach gesundheitlich erheblich besser gegangen ist. Erinnern Sie sich?«
»Natürlich«, erwiderte Imogene.
»Wie mein Kollege mir erzählt hat, wissen Sie nicht, wohin Ihr Sohn gefahren ist«, fuhr Jack fort. »Könnten Sie das vielleicht irgendwie herausfinden?«
»Ich fürchte nicht«, erwiderte Imogene. »Er hat mir nur gesagt, daß seine Reise nichts mit seiner Arbeit zu tun habe und daß niemand etwas davon wissen dürfe.«
»Wissen Sie denn wenigstens noch, wann er die Reise unternommen hat?« fragte Jack.
»Nicht genau«, erwiderte Imogene. »Etwa vor fünf oder sechs Wochen.«
»Ist er in den USA geblieben?« wollte Jack wissen. »Keine Ahnung«, entgegnete Imogene. »Er hat wirklich nur gesagt, daß niemand etwas von der Reise wissen solle.«
»Falls Sie doch noch herausbekommen, wohin Ihr Sohn gefahren ist - würden Sie mich dann bitte anrufen?« fragte Jack. »Ja,« erwiderte Imogene, »warum nicht?«
»Das wäre wirklich nett«, bedankte sich Jack. »Warten Sie«, sagte Imogene plötzlich. »Mir fällt gerade ein, daß er sich diesmal ziemlich seltsam von mir verabschiedet hat. Er hat mir gesagt, daß er mich sehr lieb habe und daß ich daran denken solle, falls er nicht zurückkommen würde.«
»Haben Sie sich darüber gewundert?« fragte Jack. »Ja, irgendwie schon«, erwiderte Imogene. »Ich habe damals gedacht, daß es eigentlich ganz schön anständig ist, seiner Mutter so etwas zu sagen.«
Jack bedankte sich bei Mrs. Franconi und legte auf. Er hatte das Gespräch kaum beendet, als das Telefon erneut klingelte. Diesmal war Ted Lynch am Apparat.
»Ich glaube, Sie kommen am besten mal bei mir vorbei«, sagte Ted.
»Ich bin schon unterwegs«, entgegnete Jack. Ted saß an seinem Schreibtisch und kratzte sich den Kopf, als Jack das Büro betrat.
»Wenn ich nicht wüßte, daß es nicht so ist, könnte man meinen, Sie wollten mich mal so richtig drannehmen«, sagte Ted aufgebracht. »Setzen Sie sich!«
Jack nahm Platz. Ted saß vor einem Stapel Computerpapier und einem weiteren Stapel mit entwickelten Röntgenfilmen, auf denen Hunderte von schmalen, dunklen Streifen zu erkennen waren. Als Jack sich gesetzt hatte, stand Ted auf und packte seinem Kollegen den gesamten Stapel auf den Schoß. »Was zum Teufel ist das?« fragte Jack und nahm ein paar Zelluloidbögen in die Hand, um sie gegen das Licht zu halten. Ted beugte sich herunter und deutete mit dem Radiergummiende eines altmodischen Bleistifts auf die Aufnahmen. »Das sind die Ergebnisse des DNA-Polymarker-Tests«, erklärte er und zog dann einen Computerausdruck aus dem Stapel. »Und dieses Datengewimmel hier dient einem Vergleich der jeweiligen Nukleotiden-Sequenzen der DQ-alpha-Regionen des MHC, also des Haupthistokompatibilitätskomplexes.«
»Tun Sie mir das nicht an, Ted!« stöhnte Jack. »Könnten Sie bitte so mit mir reden, daß ich Ihnen folgen kann? Sie wissen doch, daß ich absolut nichts von diesen Dingen verstehe.«
»Okay«, entgegnete Ted ein wenig verärgert. »Der Polymarker-Test hat ergeben, daß Franconis DNA und das DNA aus dem Lebergewebe, das Sie der Leiche entnommen haben, kaum unterschiedlicher sein könnten.«
»Das ist doch super«, sagte Jack. »Dann haben wir es also tatsächlich mit einem Transplantat zu tun.«
»Sieht ganz danach aus«, bemerkte Ted, doch er klang wenig überzeugt. »Aber die DQ-alpha-Sequenz ist identisch, und zwar bis hin zu dem allerletzten Nukleotid.«
»Und?« fragte Jack. »Was hat das zu bedeuten?«
Ted hob die Hände, als ob er um Gnade flehen wollte, und runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht. Ich kann es mir absolut nicht erklären. Nach den Gesetzen der Mathematik ist das Ergebnis eigentlich undenkbar. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Transplantat auf identisches DQ-alpha zu stoßen, ist im Grunde gleich Null. Schließlich reden wir hier von einer Übereinstimmung von Tausenden und Abertausenden von Basenpaaren - und das sogar in Bereichen, in denen über lange Strecken Wiederholungen auftreten. Die Nukleotiden-Sequenzen sind absolut identisch, deshalb hat das
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