Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
schwirrte der Kopf. Er verabschiedete sich von dem Professor, fuhr mit dem Fahrstuhl zurück ins Erdgeschoß und machte sich auf den Weg zum Gerichtsmedizinischen Institut. In einer Leberprobe einen Primatenparasiten aus der Alten Welt zu entdecken, war natürlich ein äußerst aufschlußreicher Hinweis. Doch er mußte auch die verwirrenden Ergebnisse von Ted Lynchs DNA-Untersuchungen berücksichtigen. Und zudem war Franconis Leber nun einmal nicht entzündet gewesen, obwohl er keine Immunsuppressiva genommen hatte. Das einzige, dessen Jack sich absolut sicher war, war, daß nichts von alldem irgendeinen Sinn ergab.
Im Institut angelangt, fuhr er direkt hinauf zum DNA-Labor. Er wollte Ted so lange in die Mangel nehmen, bis er ihm irgendeine Hypothese entlockt hatte, mit der sich die widersprüchlichen Fakten erklären ließen. Er ärgerte sich, daß er selbst viel zu wenig von der Gentechnologie verstand, um mit einer eigenen Idee aufwarten zu können. Die Entwicklung auf diesem Gebiet verlief so rasant, daß er längst den Anschluß verpaßt hatte.
»Wo haben Sie denn bloß die ganze Zeit gesteckt?« begrüßte Ted ihn ungeduldig. »Ich habe schon Gott und die Welt angerufen, aber niemand konnte mir sagen, wo ich Sie finden kann.«
»Ich war unterwegs«, erwiderte Jack erschöpft und wollte schon mit seiner Neuigkeit herausplatzen; doch dann überlegte er es sich anders. In den vergangenen zwölf Stunden war einfach zu viel passiert. »Setzen Sie sich!« forderte Ted ihn auf. Jack nahm Platz.
Ted suchte auf seinem Schreibtisch, bis er einen bestimmten Bogen eines entwickelten Films gefunden hatte, auf dem Hunderte winziger, schwarzer Streifen zu sehen waren. Er reichte Jack den Bogen.
»Warum tun Sie mir das an, Ted?« klagte Jack. »Sie wissen doch, daß ich damit nichts anfangen kann.« Ted ignorierte den Einwand und durchforstete die Unterlagen auf seinem Schreibtisch nach einem anderen, ähnlich aussehenden Zelluloidbogen. Er fand ihn unter dem Etatentwurf für das Labor, an dem er gerade arbeitete, und reichte Jack auch diesen Bogen.
»Halten Sie sie beide gegen das Licht«, forderte Ted ihn auf. Jack befolgte Teds Anweisung und sah sich die beiden Bögen an. Selbst er konnte auf Anhieb erkennen, daß sie unterschiedlich aussahen.
Ted zeigte auf den ersten Zelluloidbogen. »Das ist das Ergebnis der Untersuchung des DNA-Bereiches, der für die ribosomalen Proteine eines Menschen kodiert. Ich habe einfach wahllos irgendeine Person herausgefischt, um Ihnen zu zeigen, wie so etwas aussieht.«
»Großartig«, bemerkte Jack.
»Seien Sie nicht so sarkastisch«, entgegnete Ted. »Ich werde mich bemühen«, versprach Jack.
»Was Sie auf dem anderen Bogen sehen, ist die Auswertung von Franconis Leberprobe«, erklärte Ted. »Es handelt sich um den gleichen Bereich, und ich habe die gleichen Enzyme verwendet wie bei der ersten Untersuchung. Sehen Sie, wie unterschiedlich die Ergebnisse sind?«
»Ja«, erwiderte Jack. »Das ist aber auch alles, was ich erkenne.« Ted riß ihm den Bogen mit dem Ergebnis der DNA-Untersuchung des wahllos ausgewählten Menschen aus der Hand und schleuderte ihn beiseite. Dann zeigte er auf den Film, den Jack noch in der Hand hielt. »Wie ich Ihnen ja bereits gestern erklärt habe, gibt es die Informationen zur Identifizierung der verschiedenen Spezies auf CD-ROM. Ich habe dem Computer also den Befehl gegeben, das Muster zu identifizieren. Wissen Sie, was dabei herausgekommen ist? Es stimmt fast völlig mit dem bei Schimpansen üblichen Muster überein!«
»Nur fast?« hakte Jack nach. Bei diesem Fall schien aber auch wirklich keine einzige Untersuchung zu einem eindeutigen Ergebnis zu führen.
»Ja«, bestätigte Ted. »Nur fast. Aber es unterscheidet sich nur in wenigen Details. Es könnte sich um die Probe eines Mitglieds der Schimpansenfamilie handeln.«
»Welche Affen gehören denn zur Familie der Schimpansen?« fragte Jack.
»Keine Ahnung«, erwiderte Ted und zuckte mit den Achseln. »Aber es brannte mir förmlich unter den Nägeln, Ihnen diese Neuigkeit mitzuteilen. Wenn das kein sensationelles Ergebnis ist!«
»Also haben wir es Ihrer Meinung nach mit einem Xenotransplantat zu tun«, stellte Jack fest.
Ted zuckte wieder mit den Achseln. »Wenn ich einen Tip abgeben müßte, würde ich sagen, ja, es ist ein xenogenes Transplantat. Wenn ich jedoch an die Ergebnisse des DQ-alpha-Tests denke, weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll. Schließlich habe ich sogar eine
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