Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Siegfried.
»Eins ist so schlimm wie das andere«, entgegnete Bertram. »Beide Vorfälle bedrohen das reibungslose Funktionieren unseres Programms und könnten für das ganze Projekt das Ende bedeuten. Vielleicht sollten wir erneut über meinen Vorschlag nachdenken, die Tiere einzufangen, in Käfige zu sperren und sie in die Tiersektion zurückzuholen. Die Käfige sind schon draußen auf der Insel. Es wäre also nicht besonders schwer, sie herzutransportieren, und wenn wir einen der Bonobos für eine Organentnahme benötigen, hätten wir es auch viel leichter.« Als er festgestellt hatte, daß die Bonobos sich in zwei Gruppen aufgeteilt hatten, hatte er es für das beste gehalten, die Tiere sofort zusammenzutreiben, sie in Käfige zu sperren und unter Beobachtung zu stellen. Doch Siegfried hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bertram hatte daraufhin sogar in Erwägung gezogen, sich über Siegfried hinwegzusetzen und sich an seinen direkten Chef in Cambridge, Massachusetts, zu wenden. Letztendlich hatte er davon abgesehen. Mit diesem Schritt hätte er die Führung von GenSys nur darauf aufmerksam gemacht, daß sie mit dem Bonobo-Projekt Probleme hatten.
»Diese Diskussion fangen wir jetzt nicht wieder von vorne an«, stellte Siegfried mit Nachdruck klar. »Wir bleiben dabei: die Bonobos sind am besten auf der Insel aufgehoben. Daran gibt es nichts zu rütteln. Schließlich haben wir zu Beginn des Projekts einstimmig beschlossen, daß dies die beste Lösung ist. Und in diesem Punkt habe ich meine Meinung nicht geändert. Was mir seit dem Zwischenfall mit Kevin Marshall allerdings einige Sorgen bereitet, ist die Brücke.«
»Wieso?« fragte Bertram. »Sie kann doch von niemandem einfach ausgefahren werden. Dafür braucht man einen Schlüssel.«
»Und wo ist dieser Schlüssel?« wollte Siegfried wissen. »In meinem Büro«, erwiderte Bertram.
»Ich glaube, er wäre besser hier im Hauptsafe aufgehoben«, sagte Siegfried. »Schließlich haben die meisten Ihrer Mitarbeiter Zugang zu Ihrem Büro, zum Beispiel auch Melanie Becket.«
»Da haben Sie womöglich recht«, gab Bertram zu. »Gut, daß Sie das auch so sehen«, sagte Siegfried. »Ich möchte Sie nämlich bitten, den Schlüssel zu holen. Wie viele Exemplare haben Sie?«
»Ich weiß es nicht genau«, erwiderte Bertram. »Vier oder fünf.«
»Okay«, sagte Siegfried. »Ich will sie hier im Safe haben.«
»Einverstanden«, entgegnete Bertram. »Damit habe ich kein Problem.«
»Gut«, bemerkte Siegfried, nahm seine Beine vom Schreibtisch und erhob sich. »Gehen wir. Ich begleite Sie.«
»Wollen Sie die Schlüssel etwa jetzt holen?« fragte Bertram ungläubig.
»Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen«, entgegnete Siegfried. »Ist das nicht ein Sprichwort, auf das Ihr Amerikaner steht? Wenn ich die Schlüssel sicher im Safe weiß, kann ich heute nacht bestimmt besser schlafen.«
»Soll ich auch mitkommen?« fragte Cameron. »Nein«, erwiderte Siegfried. »Nicht nötig. Das werden Bertram und ich wohl alleine schaffen.«
Kevin stand im Männer-Umkleideraum und betrachtete sich im Spiegel, der sich am Ende einer langen Reihe von Schließfächern befand. Keiner der Overalls wollte ihm richtig passen: Die kleinste Größe war zu klein und die nächste Nummer ein wenig zu groß, so daß er die Ärmel umschlagen und die Beine aufkrempeln mußte.
»Was treibst du denn so lange da drinnen?« rief Melanie. Sie hatte die Tür geöffnet, um nach ihm zu sehen. »Ich komme ja schon«, entgegnete Kevin. Er verstaute seine eigene Kleidung in einem Schließfach, schloß die Tür und eilte hinaus in den Flur.
»Dabei brauchen doch angeblich nur Frauen eine Ewigkeit zum Anziehen«, bemerkte Melanie.
»Ich konnte mich nicht entscheiden, welche Größe ich nehmen sollte«, entgegnete Kevin.
»Ist irgend jemand in die Umkleide gekommen, während du drinnen warst?« fragte Melanie. »Nein«, erwiderte Kevin. »Keine Menschenseele.«
»Gut«, sagte Melanie. »Bei uns hat sich auch niemand blicken lassen. Gehen wir!« Melanie steuerte auf die Treppe zu und gab Kevin und Candace zu verstehen, daß sie ihr folgen sollten. »Um in den Verwaltungstrakt zu gelangen, müssen wir als erstes einen Teil des Veterinärkrankenhauses durchqueren. Am besten meiden wir den Haupttrakt. Da befinden sich nämlich die Notaufnahme und die Intensivstation; dementsprechend schwirren dort immer ziemlich viele Leute herum. Wir durchqueren das Krankenhaus im
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