Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
»Provozier diese Typen nicht auch noch!«
Ob die Soldaten die Bedeutung von Melanies Geste nicht verstanden hatten oder ob sie aufgrund der anormalen Umstände einfach nichts mitbekamen, war Kevin ein Rätsel. Jedenfalls kamen sie nicht, wie er befürchtet hatte, hinter ihnen her, um sich auf sie zu stürzen.
Am Auto angekommen, öffnete Kevin die Beifahrertür. Während Candace sofort einstieg, machte Melanie keine Anstalten, ihr zu folgen. In dem fahlen Licht funkelten ihre Augen vor Zorn.
»Gib mir die Schlüssel!« wandte sie sich an Kevin. »Wie bitte?« fragte Kevin, obwohl er sie gut verstanden hatte.
»Ich habe gesagt, gib mir die Schlüssel!« wiederholte Melanie.
Verwirrt reichte Kevin ihr die Autoschlüssel. Er hatte keine Ahnung, was das Ganze sollte, aber er wollte sie auf keinen Fall noch mehr auf die Palme bringen. Melanie ging um das Auto herum und setzte sich hinter das Lenkrad. Kevin nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Solange sie nur endlich hier wegkamen, war es ihm völlig egal, wer das Auto fuhr. Melanie ließ den Motor an und schoß mit quietschenden Reifen vom Parkplatz.
»Mein Gott, Melanie!« rief Kevin. »Fahr doch nicht so schnell!«
»Mir reicht’s«, entgegnete Melanie.
»Das merkt man«, sagte Kevin.
»Glaubt bloß nicht, daß ich nach Hause fahre«, stellte Melanie klar. »Aber wenn von euch jemand nach Hause will, setze ich euch natürlich gerne ab.«
»Wo willst du denn jetzt noch hin?« fragte Kevin. »Es ist fast Mitternacht.«
»Ich fahre raus zur Tiersektion«, erwiderte Melanie. »So lasse ich mich nicht behandeln, ohne herauszufinden, was zum Teufel hier eigentlich vorgeht.«
»Und was willst du in der Tiersektion?« wunderte sich Kevin. »Ich will den Schlüssel zu dieser verdammten Brücke haben«, erwiderte Melanie. »Und zwar nicht nur aus purer Neugier, sondern weil ich wirklich herausfinden will, was hinter der Sache steckt.«
»Vielleicht sollten wir einfach mal anhalten und in Ruhe darüber reden«, schlug Kevin vor.
Melanie trat auf die Bremse und brachte das Auto mit einem Ruck zum Stehen. Kevin und Candace mußten sich festhalten, um nicht von ihren Sitzen zu rutschen. »Ich fahre auf jeden Fall zur Tiersektion«, wiederholte Melanie. »Ihr könnt euch frei entscheiden. Entweder ihr kommt mit, oder ich setze euch irgendwo ab.«
»Aber warum unbedingt heute nacht?« fragte Kevin.
»Erstens, weil ich im Moment wirklich geladen bin«, erklärte Melanie. »Und zweitens, weil Spallek und Konsorten nicht im Traum damit rechnen, daß wir so etwas auch nur in Erwägung ziehen. Sie gehen davon aus, daß wir jetzt alle brav nach Hause fahren und uns vor Angst zitternd in unseren Betten verkriechen. Genau das wollten sie doch mit ihrer miesen Behandlung erreichen. Aber um eins klarzustellen: Klein beizugeben ist ganz und gar nicht meine Art.«
»Meine schon«, entgegnete Kevin.
»Ich glaube, Melanie hat recht«, schaltete Candace sich ein. »Sie haben es darauf angelegt, uns Angst einzujagen.«
»Und das ist ihnen ja wohl auch ziemlich gut gelungen«, sagte Kevin. »Oder bin ich hier etwa der einzige, der noch ganz bei Trost ist?«
»Ach was«, wiegelte Candace ab. »Wagen wir’s einfach.«
»O nein!« stöhnte Kevin. »Dann bin ich ja wohl überstimmt.«
»Wir können dich auch gerne nach Hause bringen«, schlug Melanie vor und legte den Rückwärtsgang ein. »Damit habe ich kein Problem.«
»Und wie gedenkst du an die Schlüssel zu kommen?« fragte Kevin in einem letzten Versuch, sie daran zu hindern, einfach kopflos loszufahren. »Du weißt doch nicht einmal, wo sie sind.«
»Sie können ja wohl nur in Bertrams Büro sein«, entgegnete Melanie. »Wo sollen sie denn sonst sein? Schließlich ist er für die gesamte Logistik des Bonobo-Projekts zuständig. Und überhaupt - du warst es doch, der uns darauf gebracht hat, daß Edward die Schlüssel hat.«
»Angenommen die Schlüssel sind wirklich in Edwards’ Büro«, sagte Kevin. »Was ist mit den Sicherheitsvorkehrungen? Die Büros sind normalerweise verschlossen.« Melanie griff in die Brusttasche ihres mit der Aufschrift »Tiersektion« versehenen Overalls und zog eine Magnetkarte hervor. »Du vergißt wohl, daß ich in der Tiersektion eine wichtige Position innehabe. Das hier ist nicht etwa eine Kreditkarte, die Visa Konkurrenz machen will, sondern eine Universal-Zutrittskarte. Mit dieser kleinen Plastikkarte kann ich in der Tiersektion rund um die Uhr jede Tür öffnen. Wie du weißt, ist die
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