Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
vorbei. Von jetzt an wird sie sich immer mehr in ein schlechtes Licht rücken.«
»Ach, bitte«, antwortete Alexis aus tiefstem Herzen. »Geh nur und bewege dich! Ich bin sehr froh, dass du hier warst, aber jetzt komme ich auch alleine zurecht. Los, amüsiere dich. Der Richter wird die Vernehmung ohnehin bald beenden. Er unterbricht immer so gegen vier.«
»Und du bist sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?«, fragte Jack.
»Ganz sicher«, bekräftigte Alexis. »Ich werde mit den Mädchen früh zu Abend essen, aber für dich wird später auch noch etwas da sein. Lass dir ruhig Zeit, aber sei vorsichtig, Craig verletzt sich beim Spielen immer. Hast du deinen Schlüssel?«
»Hab ich«, entgegnete Jack. Er legte die Arme um seine Schwester und drückte sie kurz.
Dann stand er auf, entschuldigte sich leise bei den Leuten, die in seiner Reihe saßen, und zwängte sich an ihnen vorbei zum Gang. Dort angekommen, sah er kurz zu Franco hinüber. Er war überrascht. Franco saß nicht an seinem üblichen Platz. Auch wenn er nicht stehen blieb, suchte er unter den Zuschauern nach der vertrauten Gestalt des Gangsters. Als er die Tür erreichte, drehte er sich um und ließ den Blick noch einmal über die Reihen gleiten. Kein Franco.
Jack drückte mit dem Rücken die Türklinke hinunter und verließ rückwärts den Gerichtssaal. Die Tatsache, dass Franco nicht an seinem gewohnten Platz saß, gab ihm zu denken. Was, wenn er ihm an einem ungünstigen Ort mit eingeschränkter Fluchtmöglichkeit über den Weg lief, der Tiefgarage etwa? Noch vor ein paar Jahren hätte er keinen zweiten Gedanken daran verschwendet, doch jetzt, zwei Tage vor seiner Hochzeit, war er nicht mehr so unbekümmert. Mittlerweile gab es außer ihm noch jemanden, an den er denken musste, deshalb musste er vorsichtig sein. Und vorsichtig bedeutete gerüstet. Zwar hatte er am Vortag daran gedacht, Pfefferspray zu kaufen, aber er hatte es versäumt, dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Das beschloss er nun zu ändern.
Die Aufzughalle im zweiten Stock war voller Menschen. Die Türen zu einem der vier Gerichtssäle standen weit offen, und die Menschen strömten heraus. Gerade war eine Verhandlung unterbrochen worden. Manche Besucher standen in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich, andere hasteten zu den Aufzügen und versuchten herauszufinden, welche der acht Kabinen als nächste kommen würde.
Jack gesellte sich zu ihnen und bemerkte plötzlich, wie er sich wachsam umschaute und sich fragte, ob er wohl auf Franco treffen würde. Jack bezweifelte, dass er ihm innerhalb des Gerichtsgebäudes Probleme machen würde. Draußen gab es mehr Grund zur Sorge.
An der Sicherheitskontrolle beim Eingang blieb Jack stehen und fragte einen der uniformierten Wachmänner, ob er in der Nähe einen Haushaltswarenladen kenne. Er erfuhr, dass es einen an der Charles Street gab, der Hauptstraße des benachbarten Beacon Hill, wie man ihm erklärte.
Der Mann versicherte ihm, dass er die Straße ohne Probleme finden würde, vor allem, da sie auch den Park durchschnitt, was bedeutete, dass es die Straße war, auf der er hergefahren war. Mit dieser Information und dem Ratschlag, Richtung Westen durch das Straßengewirr von Beacon Hill zu gehen, verließ Jack das Gerichtsgebäude.
Erneut suchte er nach Anzeichen für Franco, doch dieser war nirgends zu sehen, und Jack lachte leise über seinen Verfolgungswahn. Da man ihm gesagt hatte, die Richtung, in die er gehen solle, liege auf der entgegengesetzten Seite des Gebäudes, spazierte Jack um den Block herum. Die Straßen waren schmal und verwinkelt, nicht gerade das Gitternetz, an das er sich in New York gewöhnt hatte. Immer der Nase nach gelangte Jack auf die Derne Street, die irgendwann auf mysteriöse Weise zur Myrtle Street wurde. Die Gebäude waren zum größten Teil schlichte, schmale, vierstöckige Backsteinhäuser. Zu seiner Überraschung entdeckte er plötzlich einen hübschen Spielplatz voller kleiner Kinder und Mütter. Er kam an einem Klempnerbetrieb mit dem passenden Namen Beacon Hill Installationen vorbei, wo ein freundlicher schokoladenbrauner Labrador wenig abschreckend den Eingang bewachte. Als Jack die Kuppe des Hügels erreicht hatte und die Straße abfiel, erkundigte er sich bei einem Passanten, ob er auch auf dem richtigen Weg zur Charles Street sei. Der Mann riet ihm, bei dem kleinen Eckladen an der nächsten Kreuzung nach links abzubiegen und dann gleich wieder rechts in die Pinkney
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