Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
es zwar als Student schwer gehabt haben, aber aus Sicht der Geschworenen ist es schwierig, ihn zu bemitleiden, jetzt wo Craig und ich in einem Haus leben, das wahrscheinlich sogar eher vier Millionen Dollar wert ist. Außerdem war es ein cleverer Schachzug von Tony, nach Randolphs Kreuzverhör noch einmal Craigs Abneigung gegenüber der Patientin, den roten Porsche, die Geliebte und die Tatsache, dass er viele seiner früheren Patienten aufgeben musste, zur Sprache zu bringen.«
Jack nickte widerstrebend. Er hatte sich um Alexis’ willen bemüht, die Sache positiv zu sehen. Dann versuchte er es in eine andere Richtung: »Na ja, jetzt ist erst einmal Randolph an der Reihe. Es wird Zeit, dass auch die Verteidigung sich endlich einmal in glänzenderem Licht präsentiert.«
»Ich fürchte, da wird es nicht allzu viel Glanz geben. Randolph wird lediglich zwei, drei Sachverständige aufrufen, von denen keiner aus Boston stammt. Er sagte, er wird heute Nachmittag damit durch sein. Morgen sind dann die Schlussplädoyers dran.« Alexis schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Unter diesen Umständen kann ich mir nicht vorstellen, wie er das Ruder noch herumreißen sollte.«
»Er hat Erfahrung mit Behandlungsfehlerprozessen«, versuchte Jack Zuversicht zu erzeugen, die er selbst nicht empfand. »Und Erfahrung trägt zum Schluss doch meistens den Sieg davon. Wer weiß. Vielleicht hat er ja noch ein verstecktes Ass im Ärmel.«
Jack wusste nicht, wie richtig er mit seiner Vermutung lag. Es sollte tatsächlich noch eine Überraschung geben, aber das Ass steckte nicht in Randolphs Ärmel.
Kapitel 18
Boston, Massachusetts
Donnerstag, 8. Juni 2006
13.15 Uhr
Z eitschriften?«, fragte die magere junge Frau. Jack schätzte sie auf nicht mehr als fünfundvierzig Kilo, und trotzdem führte sie ein halbes Dutzend Hunde aus, deren Größe von einer grauen Deutschen Dogge bis hin zu einem kleinen Bichon Frise reichte. Ein Bündel durchsichtiger Plastik-Kotbeutel steckte in der hinteren Tasche ihrer Jeans. Jack hatte sie angesprochen, nachdem er seiner gewohnten Strecke zurück durch Beacon Hill gefolgt war. Er wollte etwas Lesestoff kaufen, falls sich das Warten auf den Baggerführer zu sehr in die Länge ziehen sollte.
»Lassen Sie mich mal überlegen«, sagte die Frau und verzog nachdenklich das Gesicht. »Da gibt es ein paar Läden an der Charles Street.«
»Einer würde schon reichen«, antwortete Jack.
»Gary Drug zum Beispiel, an der Ecke Charles und Mount Vernon Street.«
»Ist das die richtige Richtung?«, wollte Jack wissen. Im Moment befand er sich auf der Charles Street und war auf dem Weg Richtung Park und Tiefgarage.
»Ja. Der Drugstore liegt einen Block weiter auf dieser Seite.«
Jack bedankte sich bei der Frau, die von ihren ungeduldigen Hunden weitergezerrt wurde.
Das Geschäft erwies sich als ein richtiger Tante-Emma-Laden mit einer altmodisch chaotischen, aber freundlichen Atmosphäre. Der ganze Laden war in etwa so groß wie die Shampoo-Abteilung in einem durchschnittlichen Ketten-Drugstore, und trotzdem war es ein vollständiger Supermarkt. In Regalen, die sich an beiden Wänden entlang des einzigen Gangs bis an die Decke hochzogen, stapelten sich die Produkte von Vitaminen bis hin zu Erkältungsmitteln und Notizblöcken. Am rückwärtigen Ende neben dem Apothekentresen fand er eine überraschend breit gefächerte Auswahl an Zeitschriften und Zeitungen.
Jack hatte den Fehler begangen, noch mit Alexis und Craig zusammen zu Mittag zu essen. Er war sich vorgekommen, als hätte man ihn zu einer Totenwache eingeladen, wo er sich mit dem Verstorbenen unterhalten sollte. Craig war wütend auf das System, wie er es nannte, auf Tony Fasano, Jordan Stanhope und am meisten auf sich selbst. Er wusste, dass er sich trotz des stundenlangen Übens mit Randolph am vergangenen Abend grauenvoll angestellt hatte. Als Alexis versuchte, mit ihm darüber zu reden, warum er seine Gefühle so schlecht unter Kontrolle hatte, explodierte er, und es kam zu einem kurzen, aber hässlichen Wortwechsel zwischen den beiden. Doch die meiste Zeit über saß er einfach nur mürrisch und schweigsam da. Alexis und Jack hatten versucht, sich zu unterhalten, aber gegen die Atmosphäre, die Craigs schlechte Laune verbreitete, kamen sie nur schwer an.
Nach dem Mittagessen hatte Alexis gehofft, dass Jack mit ihnen in den Gerichtssaal zurückgehen würde, doch er hatte sich damit entschuldigt, dass er vor zwei wieder auf dem Friedhof
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