Montgomery u Stapleton 06 - Crisis
Hausbesuche mit ein?«
»Unter Umständen. Das entscheiden der Arzt und der Patient.«
»Das heißt also, dass der Arzt mit Hilfe der Concierge-Medizin einen perfekt auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnittenen Service anbieten kann. Ist das korrekt?«
»Das ist es. Zwei fundamentale Prinzipien guter Patientenversorgung sind das Patientenwohl und das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Bringt ein Arzt zu viele Patiententermine pro Stunde unter, drohen diese Prinzipien in der Hektik verletzt zu werden. Wenn der Arzt unter Zeitdruck steht, kann er der Befragung des Patienten nicht die nötige Zeit widmen, und damit geht die ausführliche Beschreibung der Symptome durch den Patienten verloren. Das wiederum ist tragisch, weil sich die entscheidenden Fakten häufig gerade in diesen Schilderungen verbergen. In einer Concierge-Praxis wie der meinen kann ich die Zeit, die ich mit dem Patienten verbringe, und den Ort der Behandlung den Bedürfnissen und Wünschen des Patienten anpassen.«
»Dr. Bowman, ist das Praktizieren der Medizin eine Kunst oder eine Wissenschaft?«
»Es ist definitiv eine Kunst, aber beruhend auf einer festen wissenschaftlichen Basis.«
»Kann ein Arzt allein auf der Grundlage eines Lehrbuchs angemessen praktizieren?«
»Nein, das kann er nicht. Keine zwei Menschen auf der Welt sind gleich. Die Behandlung muss auf jeden einzelnen Patienten individuell zugeschnitten werden. Außerdem sind Lehrbücher unweigerlich schon veraltet, wenn sie auf den Markt kommen. Das medizinische Wissen wächst in rasantem Tempo.«
»Spielt das persönliche Urteilsvermögen eine Rolle bei der medizinischen Behandlung?«
»Unbedingt. Bei jeder medizinischen Entscheidung steht das persönliche Urteil an erster Stelle.«
»Und entsprach es Ihrem medizinischen Urteil, dass Sie den Bedürfnissen von Patience Stanhope am Abend des 8. September 2005 am ehesten dadurch gerecht wurden, dass Sie ihr einen Hausbesuch abstatteten?«
»Ja, das tat es.«
»Können Sie den Geschworenen erklären, warum Sie der Ansicht waren, dass dies die beste Vorgehensweise sei?«
»Sie hasste das Krankenhaus. Ich zögerte sogar, sie zu Routineuntersuchungen ins Krankenhaus einzuweisen. Krankenhausaufenthalte verschlimmerten unweigerlich ihre Symptome und Angstzustände. Ihr war es sehr viel lieber, wenn ich zu ihr nach Hause kam, was ich in den acht Monaten vor ihrem Tod beinahe wöchentlich getan hatte. Jedes Mal war es falscher Alarm gewesen, selbst bei den Gelegenheiten, als Jordan Stanhope mir sagte, dass sie glaube, sie liege im Sterben. Am Abend des 8. September sagte er nicht, dass sie glaube, sie liege im Sterben. Ich war davon überzeugt, dass sich dieser Anruf genau wie alle anderen als falscher Alarm herausstellen würde, aber als Arzt durfte ich die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass sie tatsächlich krank sein könnte. Und der einfachste Weg, das herauszufinden, war, direkt zu ihr nach Hause zu fahren.«
»Ms Rattner hat ausgesagt, dass Sie ihr auf dem Weg dorthin gesagt hätten, Sie glaubten, Patience Stanhopes Beschwerden könnten dieses Mal echt sein. Entspricht das den Tatsachen?«
»Das entspricht den Tatsachen, aber ich sagte nicht, dass ich die Wahrscheinlichkeit für ausgesprochen gering hielt. Ich sagte, ich sei besorgt, weil ich aus Mr Stanhopes Stimme etwas mehr Sorge als üblich herausgehört hatte.«
»Sagten Sie Mr Stanhope am Telefon, dass Sie glaubten, Mrs Stanhope habe einen Herzinfarkt erlitten?«
»Nein, das sagte ich nicht. Ich habe ihm gesagt, dass diese Diagnose immer in Betracht gezogen und ausgeschlossen werden müsse, sobald jemand über Brustschmerzen klagt, aber Mrs Stanhope hatte bereits in der Vergangenheit unter Brustschmerzen gelitten, die sich als unerheblich herausgestellt hatten.«
»War Mrs Stanhope herzkrank?«
»Ich hatte einige Monate vor ihrem Ableben ein Belastungs-EKG durchgeführt, dessen Ergebnisse nicht ganz eindeutig waren. Es war nicht genug, um sie als herzkrank zu bezeichnen, aber ich hielt es für dringend angebracht, dass sie sich im Krankenhaus weiterführenden kardiologischen Untersuchungen durch einen Spezialisten unterzog.«
»Haben Sie das der Patientin empfohlen?«
»Ich habe ihr eindringlich dazu geraten, aber sie weigerte sich, vor allem, weil es bedeutet hätte, dass sie dazu ins Krankenhaus musste.«
»Eine letzte Frage noch, Doktor«, sagte Randolph. »Und zwar betrifft sie die Kennzeichnung einiger Patienten in Ihrer Praxis als PPs oder
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