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Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Montgomery u Stapleton 06 - Crisis

Titel: Montgomery u Stapleton 06 - Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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was für ein Empfang ihn wohl im Haus der Bowmans erwartete. Die Einzige, mit deren Gastfreundschaft er rechnen konnte, war Alexis. Bei den anderen hatte er nicht die geringste Ahnung, worauf er sich einstellen sollte, vor allem nicht bei Craig. Und selbst Alexis hatte er seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Zum letzten Mal hatten sie sich in New York getroffen, wo sie an einem Psychologen-Kongress teilgenommen hatte.
    Jack seufzte. Er wollte nicht in Boston sein, zum einen, weil er seiner Schwester höchstens aufmunternd den Rücken tätscheln und ihr sein Mitgefühl aussprechen konnte, und zum anderen weil seine Reise Laurie Kummer bereitet hatte. Er war zuversichtlich, dass Laurie es verwinden würde, aber dank ihrer Mutter war sie schon seit Wochen im Stress. Eigentlich sollte sie doch nicht nur die Hochzeitszeremonie, sondern auch die Zeit davor genießen. Stattdessen hatte es sich eher zu einer Belastung entwickelt. Jack hatte sich mehrmals auf die Zunge beißen müssen, um ihr nicht zu sagen, dass sie damit hätte rechnen müssen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie lediglich eine kleine, private Feier mit ein paar Freunden organisiert. Er vertrat den zynischen Standpunkt, dass bei größeren gesellschaftlichen Ereignissen die Realität den romantischen Erwartungen niemals gerecht wurde.
    Jack und seine Mitpassagiere wurden schließlich am Hertz-Schalter abgeliefert, und bald saß er am Steuer eines cremefarbenen Hyundai Accent, der ihn an eine altmodische Saftdose erinnerte. Mit einer schlechten Straßenkarte und ein paar vagen Richtungshinweisen, fuhr er tapfer los und verlor auf Anhieb die Orientierung. Die Stadt Boston präsentierte sich fremden Autofahrern nicht gerade freundlich. Genauso wenig wie die Bostoner Fahrer. Jacks mühsame Suche nach dem Vorort, in dem Alexis wohnte, glich einer Rallye. Bei seinen wenigen früheren Besuchen hatte er seine Schwester immer in der Stadt getroffen.
    Etwas mitgenommen bog Jack um Viertel vor neun schließlich in die Auffahrt der Bowmans ein. Dank der nahen Sommersonnenwende war es auch um die Zeit noch nicht ganz dunkel, aber im Inneren des Hauses brannte Licht, was dem Heim den – wie Jack vermutete irreführenden – gemütlichen Anschein einer glücklichen Familie verlieh. Das Haus war beeindruckend, genau wie mehrere andere in dieser Ecke von Newton. Es war ein großer zweieinhalbgeschossiger weißer Ziegelbau mit einer Reihe von Gaubenfenstern. Wie die anderen Häuser auch war er von einem weitläufigen Rasen, vielen Büschen, hoch aufragenden Bäumen und großen Blumenbeeten umgeben. Unter allen Fenstern im Erdgeschoss hing ein prächtiger Blumenkasten. Jack parkte seinen Hyundai neben einem Lexus. Von Alexis wusste er, dass in der Garage auch der unvermeidliche Kombi stand.
    Niemand kam aus dem Haus gestürmt, um ihn überschwänglich zu begrüßen. Jack schaltete den Motor aus und liebäugelte einen Moment lang mit dem Gedanken, einfach kehrtzumachen und wieder davonzufahren. Aber das konnte er nicht tun, und so griff er nach seiner Tasche auf dem Rücksitz und stieg aus. Draußen hörte er die vertrauten Geräusche von Grillen und anderem Getier. Abgesehen von diesen Lauten wirkte die Umgebung vollkommen ruhig.
    An der Eingangstür spähte Jack durch die gläsernen Seitenteile ins Innere. Er sah eine kleine Diele mit einem Schirmständer. Dahinter ein Flur. Er konnte eine Treppe erkennen, die in den ersten Stock hinaufführte. Noch immer war kein Mensch zu sehen, kein Laut zu hören. Jack läutete, und der melodische Klang drang deutlich vernehmbar durch die Tür zu ihm heraus. Beinahe im gleichen Augenblick erschien eine kleine, androgyne Gestalt und hüpfte die Treppe herunter. Sie trug ein einfaches T-Shirt, Shorts und keine Schuhe. Das Mädchen war ein geschmeidiger Blondschopf mit milchig weißer, makelloser Haut und zerbrechlich wirkenden Armen und Beinen. Sie riss die Tür auf. Offensichtlich war sie ein recht energisches Kind.
    »Du musst Onkel Jack sein.«
    »Das bin ich, und wer bist du?« Jack spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er konnte bereits seine tote Tochter Tamara sehen.
    »Christina«, verkündete sie. Dann rief sie, ohne den Blick ihrer grünlichen Augen von Jack abzuwenden, über die Schulter: »Mom! Onkel Jack ist da.«
    Alexis erschien am Ende des Flurs. Mit ihrer Schürze wirkte sie wie eine Hausfrau aus der Werbung. Sie trocknete sich die Hände an einem karierten Spültuch ab. »Na, dann lass ihn doch herein,

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