Monuments Men
in Frieden leben. Ich werde Ihnen nicht nur sagen, was alles abtransportiert wurde, sondern auch, wo sich diese Gegenstände befinden.«
»Warum brauchen Sie sicheres Geleit?«, fragte Kirstein.
»Ich war Hauptmann der SS. Fünf Jahre lang. Nur zu beruflichen Zwecken, wenn Sie verstehen, stets im Dienst der Kunst. Aber wenn die Bewohner dieses Tales das erfahren ... würden sie dafür kein Verständnis aufbringen. Sie würden mich wahrscheinlich erschießen lassen. Sie machen uns für alles verantwortlich ... für alles, was geschehen ist.«
Posey und Kirstein schauten sich an. Sie hatten schon viele Kunstverantwortliche befragt, aber noch keinen SS-Offizier. Was für eine Art Gelehrter war er eigentlich?
»Ich habe nicht die Befugnis, Ihnen ein Geschäft anzubieten«, sagte Posey, und Kirstein übersetzte. Der Deutsche seufzte. Er nahm einen Schluck Cognac und dachte anscheinend über seine Optionen nach. Dann stand er plötzlich auf und verließ den Raum. Ein paar Minuten später kam er mit einem kleinen gebundenen Büchlein zurück. Es war ein Verzeichnis der Kunstwerke, die in Frankreich geraubt worden waren: Name, Größe, Wechselkurs Preis und ursprünglicher Eigentümer waren darin verzeichnet. Der Mann erläuterte es seinen Besuchern und übersetzte die deutschen Einträge. Dann bat er sie, ihre Landkarten auf dem Tisch auszubreiten, und begann ihnen zu zeigen, wo sie die verschiedenen Objekte finden würden. Er wusste anscheinend alles auswendig, bis ins kleinste Detail. »Görings Privatsammlung befindet sich nicht mehr in Carinhall«, sagte der Kunstwissenschaftler überzeugt. »Sie lagert jetzt in Veldenstein. Hier. Aber ich bin nicht sicher, ob sie dort noch lange bleiben wird.«
Er erzählte den Amerikanern von den inneren Abläufen in der deutschen Kunstszene. Wie die Kunstschätze aus Polen und Russland an verschiedene deutsche Museen verteilt worden waren. Welche Kunsthändler in Berlin noch aktiv mit Beutekunst handelten. Welche geraubten französischen Meisterwerke in der Schweiz versteckt waren und welche in Deutschland weiter ins Landesinnere geschafft worden waren.
»Was ist mit dem Genter Altar?«, fragte Posey.
»Van Eycks Anbetung des Lamms«, nickte der Kunstgelehrte. »Die Flügel befinden sich in Hitlers umfangreicher Sammlung von künstlerischen Meisterwerken.« Er fuhr mit dem Finger weit in die österreichischen Alpen. »Hier im Salzbergwerk Altaussee.«
Hitlers Kunstsammlung? Posey und Kirstein sagten nichts. Sie blickten sich nicht einmal an. Die vielen Kilometer, die sie zurückgelegt hatten, all die ergebnislosen Befragungen, das mühsame monatelange Sammeln von Informationen – und plötzlich wurde ihnen alles, was sie sich erhofft hatten, und noch viel mehr auf einen Schlag präsentiert. Sie hatten jetzt nicht nur Informationen erhalten, sie hatten eine Karte bekommen, die sie zur Schatzkammer des Führers bringen würde.
»Die Nazis sind Banausen«, fuhr der Kunstgelehrte fort. »Dummköpfe und Tölpel. Sie haben kein Auge für die Schönheit der Kunst, sie wissen nur, dass sie irgendwie wertvoll ist. Sie haben der Familie Rothschild das Silberservice geraubt und es dann als gewöhnliches Tischbesteck in irgendeinem Fliegerklub in Berlin verwendet. Ihnen zuzuschauen, wie sie mit diesen kostbaren Gabeln ihr Essen verzehrten, hat mich regelrecht angewidert.«
Der Gelehrte stand auf und schenkte sich Cognac nach. Als er zurückkam, begann er über seine Arbeit zu sprechen, über Paris, die Kathedralen und das 12. Jahrhundert und dessen bemerkenswerte Grabplastiken und darüber, wie viel davon in den Wirren der Zeiten und durch sinnlose Kriege verloren gegangen war. »Hier«, schrieb Kirstein später, »in diesem kühlen Frühling an der Mosel, weit entfernt vom Morden in den Städten, arbeitete ein deutscher Gelehrter, der Frankreich liebte, leidenschaftlich liebte, mit diesem hoffnungslosen, frustrierten Fatalismus«, der so bezeichnend sei für die Deutschen. 195 Kirstein konnte nicht anders, er musste diesen Mann mögen.
»Ich stehe Ihnen zu Diensten, Gentlemen«, sagte der Kunstgelehrte schließlich. »Ich tue alles, was Sie verlangen. Ich möchte nur, dass ich mit meiner Familie nach Paris zurückkehren kann.« Als hätten sie auf diesen Augenblick gewartet, kamen seine Frau und seine Kinder plötzlich durch die Tür.
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte Posey, dann standen er und Kirstein auf, um zu gehen. Sie wirken ruhig, aber innerlich waren sie voller
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