Monuments Men
aufgestellt waren, auch die Matthäus-Abtei blieb unbeschädigt bis auf die Einschüsse in der Sakristei«. 188 Der Domschatz, darunter der »Heilige Rock«, der Fragmente der Tunika von Jesus Christus enthalten soll, wurde in geheimen Bunkern in den alten Steinfundamenten der Stadt entdeckt.
Posey und Kirstein begannen sogleich damit, die alliierten Soldaten auf die Schätze der Stadt hinzuweisen. Poseys frühere historische Darstellungen über die Kulturgüter von Nancy und Metz waren sehr erfolgreich gewesen, und daher hatte er, bevor die 3. US-Armee Trier erreichte, zusammen mit Kirstein eine Abhandlung über die Geschichte und die kulturelle Bedeutung der Stadt und ihrer Bauwerke verfasst. Sie fürchteten, dass die Soldaten, nachdem sie sich nun im Land des Feindes befanden, mit historischen Kulturgütern weniger achtsam umgehen und sich möglicherweise leichter zu Plünderungen hinreißen lassen würden. Indem die Monuments Men ihnen die deutsche Kultur nahebrachten, die schon lange vor der NS-Zeit existiert hatte, hofften sie, das Interesse der Soldaten zu wecken und ihre Aufmerksamkeit zu schärfen, sodass sie sich rücksichtsvoller verhalten würden.
Aber auch die beiden Kulturgüterschutzoffiziere erlaubten sich gelegentlich, ein kleines Souvenir mitzunehmen. Posey schickte mehrmals kleine Gegenstände für Woogie nach Hause – meistens Karten und deutsche Münzen. Aus Trier schickte er ihm eine kleine Fahnenstange aus Aluminium und erklärte Woogie, dass die Nazi-Fahne verbrannt sei und der Mast »wahrscheinlich den ganzen Krieg mitgemacht hat. Die Deutschen hatten in den letzten drei oder vier Jahren nicht einmal mehr für die Flugzeuge genug von diesen kleinen Fahnenstangen.« 189
Posey und Kirstein kannten aus ihren Befragungen in Metz und anderen Städten die Namen der meisten Beamten in der Stadt und nutzten dieses Wissen, um einen aus fünf Personen bestehenden Ausschuss von Fachleuten einzurichten, der »die Fragmente sichern, beschädigte Mauern abstützen und behelfsmäßige Reparaturen durchführen sollte, wo immer dies möglich war, der verstreute Dokumente sammeln und Geheimgänge öffnen ... und bei erforderlichen Notfallmaßnahmen beratend mitwirken sollte.« 190 Drei Tage nachdem die 3. US-Armee in Trier eingezogen war, nahm der Ausschuss seine Arbeit auf. Diese Beamten von denen sich einer als NSDAP-Mitglied herausstellte und daher den Ausschuss verlassen musste, lieferten Informationen über Kulturfunktionäre in den weiter östlich gelegenen Städten. Das Modell, das in Trier entwickelt wurde – Aufklärung in Verbindung mit Beteiligung ortsansässiger Funktionsträger – sollte von den Monuments Men der 3. US-Armee auch während des restlichen Feldzuges beibehalten werden. Doch am 29. März 1945 dachte Robert Posey nicht unbedingt an die nächste Stadt, die im Osten auf sie warten würde. An diesem Tag beschäftigten ihn nur seine Zahnschmerzen. Wie viele Soldaten hatte er während seines Einsatzes immer wieder unter Schmerzen gelitten. In der Normandie war er am Rücken verletzt worden, als ihm ein Sergeant auf die Hand trat, während die Soldaten über die Takelage in ein Landungsboot stiegen, und er dadurch ungefähr einen Meter tief auf den Geschützturm eines Maschinengewehrs fiel. Während der deutschen Ardennenoffensive hatte er sich einen Fußrücken gebrochen. Ein Offizier der 3. Armee hatte ihm dafür eine Auszeichnung mit dem Purple-Heart-Orden angeboten, doch Posey hatte abgelehnt. Diese Auszeichnung war für Soldaten gedacht, die vom Feind im Kampf verwundet worden waren, nicht für Soldaten, die in weich gepolsterte Schneelöcher fielen.
Doch keine Verletzung war so schlimm gewesen wie diese Zahnschmerzen. Dummerweise war der nächste Armeezahnarzt 160 Kilometer entfernt in Frankreich. Posey versuchte tapfer zu sein, doch die ständigen Schmerzen waren nicht auszuhalten. Weder er noch Kirstein sprachen gut Deutsch, daher hielt Kirstein eines Tages einen kleinen Jungen auf der Straße an – Kinder waren gewöhnlich die besten Informationsquellen – und stellte ihm pantomimisch Zahnschmerzen dar. Nachdem der Junge drei Streifen Kaugummi erhalten hatte, nahm er Kirstein an der Hand und führte ihn zu einer gotischen Tür ein paar Häuserblocks entfernt über der ein Schild in der Form eines Zahnes hing.
Der Zahnarzt, ein älterer Mann, sprach Englisch mit schwerem deutschem Akzent und »schwätzte mehr als ein Barbier«. 191 Er kannte anscheinend jeden in Trier und
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