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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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Feind unbenutzbar gemacht werden könnten. Dann hatte Martin Bormann, Hitlers Privatsekretär – nachdem sich Pöchmüller an dessen Assistenten Dr. Helmut von Hummel gewandt hatte –, per Funkspruch die Weisung des Führers bekräftigt, dass zwar die Zugänge zu dem Bergungsort gesprengt werden sollten, die Kunstwerke aber unter allen Umständen erhalten bleiben müssten. 245 Dies hätte für Eigruber Grund genug sein müssen, einzulenken. Aber als Pöchmüller nun im Büro des Gauleiters stand, erkannte er, dass auch andere Funktionsträger im Bezirk Oberdonau Gründe dafür vorzubringen hatten, dass ihre jeweilige Fabrik oder Einrichtung verschont werden sollte. Was womöglich bedeutete, dass keine der Anlagen erhalten bleiben würde.
    Pöchmüller wurden fünf Minuten gewährt. Eigruber forderte ihn nicht auf, sich zu setzen. Der Gauleiter hatte früher in der Eisen- und Stahlherstellung gearbeitet und gehörte zu den Mitbegründern der Hitlerjugend in Oberösterreich. Mit 22 Jahren wurde er Bezirksleiter der NSDAP für Steyr-Land. Er stand in unverbrüchlicher Treue zum Führer, oder zumindest zu jenem Mann, den er als Führer kannte: einer zur Auslöschung und Vernichtung entschlossenen Kraft, die kein Mitleid und keine Reue kannte. Eigruber fürchtete, dass »abweichlerische« Anordnungen von Speer oder anderen Hitlers Nero-Befehl abmildern könnten. Und es war für ihn unvorstellbar, dass der Führer Ausnahmen bewilligt haben könnte, insbesondere für die Erhaltung von Kunstwerken. Wenn Befehle aus Berlin widersprüchlich oder verwirrend waren, war es das Recht – oder vielmehr die Pflicht – von August Eigruber, sie richtig auszulegen. Und er wusste, was der Führer dachte. Hatte der große Mann nicht sein ganzes Leben von Vernichtung gepredigt: von der Vernichtung der Juden, der Slawen, der Zigeuner, der Kranken und der Lebensuntüchtigen? Hatte er nicht mutig deren Auslöschung befohlen ein Befehl, den Eigruber im Konzentrationslager Mauthausen-Gusen beherzt umgesetzt hatte wie Tausende andere in den über Osteuropa verstreuten Lagern auch? Hatte Hitler nicht die verderbliche, entartete moderne Kunst verdammt? Hatte er nicht im Zentrum von Berlin Bücher auf großen Scheiterhaufen verbrennen lassen? Hatte er nicht Warschau und Rotterdam zerstört, anstatt sie dem Feind in die Hände fallen zu lassen? Hatte er nicht zugelassen, dass man das Gesicht der kunstreichen Stadt Florenz entstellte? Ohne diesen schwachen, törichten General von Choltitz würde Paris heute ein von Seuchen heimgesuchtes Trümmerfeld sein. Eigruber war entschlossen, dafür zu sorgen, dass sich zumindest in seinem Zuständigkeitsbereich das Schwache nicht durchsetzen würde. Absolut nichts, was einen gewissen Wert besaß, schwor er sich, würde in die Hände des Feindes fallen. Er zweifelte niemals daran, dass dies die Billigung des Führers finden würde.
    »Tun Sie, was Sie für notwendig halten«, sagte Eigruber, als Pöchmüller auf die Sprengkraft der Bomben zu sprechen kam. »Die Hauptsache bleibt die Vernichtung. Wir bleiben stur wie die Böcke.« 246

40

DIE RAMPONIERTE SALINE
    Heilbronn
16. April 1945
    James Rorimer kam am 16. April 1945 endlich in der südwestdeutschen Stadt Heilbronn an, dem ersten Ziel des Kulturgüterschutzoffiziers der 7. US-Armee. 247 Seine Reise war, zurückhaltend formuliert, ziemlich chaotisch verlaufen. Die 7. Armee hatte den Rhein überquert und rückte so schnell vor, dass kaum noch jemand wusste, wo sich gerade ihr Hauptquartier befand. Das Railroad Transportation Office hatte Rorimer zunächst nach Lunéville geschickt, dann riet ihm ein Offizier, nach Sarrebourg zu fahren, das am Ende der Front lag. Ein Soldat, der das Gespräch mitbekommen hatte, nahm ihn auf seinem Zweieinhalbtonner nach Worms mit. Von dort fand Rorimer eine Mitfahrgelegenheit zum Hauptquartier der Militärregierung, wo man ihm mitteilte, dass sich die 7. US-Armee mittlerweile südlich von Darmstadt befinde, auf der anderen Rheinseite. »Wir warten seit Monaten auf Sie«, brummte Oberstleutnant Canby, als sich Rorimer im Hauptquartier der 7. US-Armee zum Dienst meldete. »Ich habe schon im Januar die Nachricht erhalten dass Sie diesem Hauptquartier zugeteilt werden sollen.«
    Als Rorimer dann versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen beschied ihm Canby allerdings unverblümt: »Hier gibt es für den Kulturgüterschutz nichts zu tun. Die Luftwaffe hat praktisch alle größeren Städte in Süddeutschland zerstört,

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