Monuments Men
Unter Heilbronn lag ein mehr als 50 Quadratkilometer großes Salzvorkommen, groß genug, um Generationen von Bergleuten Arbeit zu geben. Das wollten sich die Kumpel nicht wegnehmen lassen; zum Glück hatten die NS-Funktionäre noch andere Sorgen. Am Ende wurde das Salzbergwerk durch die heftigen Kämpfe gerettet.
Aber da war noch immer das Problem mit dem Wasser.
Die Saline, die 180 Meter tief hinabreichte, bestand aus Dutzenden von Kammern, die auf zwei Ebenen angeordnet waren, eine über der anderen. Der Großteil des ausgedehnten Tunnelsystems verlief unter dem Neckar. Durch Risse in den Felsen sickerte ständig Wasser in die Gänge. Dieses Sickerwasser musste täglich acht Stunden lang abgepumpt werden, um eine Überflutung der Saline zu verhindern, aber weil die Stromversorgung zusammengebrochen war, arbeiteten die Pumpen nicht mehr. Wegen des Stromausfalls war auch der Aufzug außer Betrieb. Seit den Kämpfen hatte niemand mehr das Bergwerk betreten, aber die Frauen vermuteten, dass die untere Ebene mit Wasser vollgelaufen sein würde.
Rorimer hatte nur einen kurzen Zwischenstopp eingeplant. Auf dem Weg nach Neuschwanstein lagen mehrere Kunstdepots und er konnte sich nicht bei jedem lange aufhalten. Aber in Heilbronn, erkannte er, war eine Katastrophe im Anzug, und es lohnte sich, hier mehr Zeit zu investieren. Daher begab er sich zusammen mit dem Bürgermeister von Heilbronn unverzüglich zum Hauptquartier der Militärregierung, um Pioniere anzufordern. Die Armee wollte jedoch nur eine Wache vor der Saline aufstellen, und daher fuhr er am nächsten Tag abermals zum Hauptquartier nach Darmstadt, wo ihm ein Oberst kurz und bündig erklärte: »Wir können niemanden entbehren. Für das Bergwerk sind Sie zuständig. Sie müssen sich selber helfen.« Die 7. US-Armee strebte zwar ebenfalls nach dem Ruhm, den es mit sich brachte, wenn man über ein wichtiges Kunstdepot gebieten konnte, aber sie war nicht bereit, mehr als einen einzigen Mann abzustellen – James Rorimer –, um es zu sichern.
Rorimer kehrte nach Heilbronn zurück und wandte sich direkt an den Bürgermeister. Dieser schickte Boten zum Chefingenieur und stellvertretenden Direktor des Bergwerks, Dr. Hans Bauer, der aus der Stadt geflohen war. Bauer bestätigte, dass die Saline als Unterbringungsort für Kunstwerke genutzt worden sei, die Bergwerksleitung aber keine Inventarliste erhalten habe. Bauer erinnerte sich unter anderem an einen berühmten Rembrandt Paulus im Gefängnis, und an Buntglasfenster aus der Straßburger Kathedrale. Und obwohl das eindringende Wasser ein ernstes Problem darstellte – der Neckar drückte jeden Tag mehr als 370 000 Liter Wasser in die Saline –, versicherte er Rorimer, dass die Objekte dennoch nicht verloren seien. Sie befänden sich auf der oberen Ebene, die wahrscheinlich in den nächsten Tagen oder vielleicht auch Wochen noch nicht überflutet werden würde.
»Sind Sie sicher?«, fragte Rorimer.
»Nein, aber es gibt eine Möglichkeit, um das herauszufinden.«
Bauer führte Rorimer zu einem Loch im Boden des Bergwerksgebäudes. »Unser Notausgang«, sagte er. Auf einer Seite des Loches befand sich eine schmale, klapprige Leiter. Knapp drei Meter unterhalb des Loches verschwand die Leiter im Dunkeln.
»Wie weit reicht sie hinab?«
»180 Meter.«
Rorimer starrte in das Dunkel und überlegte, ob es wirklich notwendig war, in den Schacht hinabzusteigen. »Hören Sie etwas?«, fragte er.
Die Männer spähten hinab in das Loch und wichen dann zurück, als zwei nasse, schmutzige Männer aus der Dunkelheit auftauchten. »Gefreiter Robert Steare, Kompanie B, 2826. Pioniereinheit Sir«, sagte einer von ihnen.
Er war fast noch ein Kind. »Was hast du da unten gemacht, Junge?«
»Ich habe die Saline erkundet, Sir. Zusammen mit einem Bergmann.«
»Wer hat dir das befohlen?«
»Niemand, Sir.«
Rorimer betrachtete das erschöpfte, schmutzverkrustete Gesicht und fragte sich, warum ein junger Mann sich dazu bereitfand 180 Meter tief in einen überfluteten Bergwerksschacht hinabzusteigen. Er vermutete, es würde wohl an der Torheit und dem Wagemut der Jugend liegen.
»Was habt ihr gesehen?«
»Da unten funktioniert nichts mehr, Sir. Alles pechschwarz. Das Wasser steht 90 Zentimeter hoch, auch die Pumpen sind unter Wasser. Am Ende des Gangs gibt es abgesperrte Lagerräume. Wir haben nicht versucht, sie zu öffnen.«
»Gibt es irgendwelche Hinweise, was darin sein könnte?«
»Auf einem steht mit Kreide geschrieben
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