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Monuments Men

Monuments Men

Titel: Monuments Men Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Edsel
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später kam das 3. Bataillon. Als die amerikanischen Truppen in die Stadt einrückten, sahen sie an den Straßen deutsche Offiziere in ihren grauen Armeemänteln, die sie in Habachtstellung erwarteten. Einer von ihnen trat nach vorne, legte seine Pistole und seinen Dolch ab und überreichte sie Oberst Heintgen. Das war Fritz Göring, ein Neffe des Reichsmarschalls. Heintgen akzeptierte die Kapitulation und lud anschließend den jungen Mann in ein örtliches Gasthaus zu einer Flasche Wein ein. Der Reichsmarschall hatte die Stadt vor Kurzem verlassen, und Fritz war zurückgeblieben, um den Alliierten die Archive der deutschen Luftwaffe zu übergeben.
    Während sich Heintgen mit Fritz Göring unterhielt, fuhren andere »Cottonbaler« zu Hitlers Berghof auf den Obersalzberg hinauf. Die Anlage war von der britischen Royal Air Force bombardiert und dann von der SS in Brand gesteckt worden, aber die Vorratskammern waren nach wie vor mit Lebensmitteln gefüllt, und an den Wänden reihten sich Regale mit Spirituosen. Isadore Valentini, ein Sanitäter und ehemaliger Bergmann, setzte sich in Hitlers großes Wohnzimmer und ließ sich zusammen mit einigen Kameraden den Wein des Führers schmecken. Die NS-Fahne, die über dem Berghof wehte, wurde herabgeholt, in Stücke zerschnitten und unter den Offizieren der 3. Infanteriedivision verteilt. In einem benachbarten Haus nahm ein Soldat eine deutsche Luger aus der Hand von Generalleutnant Gustav Kastner-Kirkdorf, der sich damit erschossen hatte. Kurze Zeit später rollten die Männer des 7. Infanterieregiments große Käselaibe die Straßen entlang und bedienten sich in Görings Privathaus an dessen privater Spirituosensammlung, die ungefähr 16 000 Flaschen umfasste. Wie sich herausstellte, gab es überhaupt keine Alpenfestung, wie Eisenhower und seine Kollegen befürchtet hatten. Die letzte Bastion der Nazis war kampflos gefallen.
    Neuschwanstein lag am Ende einer langen Fahrt durch heimtückische Haarnadelkurven am Fuße der Berge an der deutschösterreichischen Grenze, worin sich auf sinnfällige Weise der Weg widerspiegelte, den seine Suche seit seiner Begegnung mit Rose Valland in Paris genommen hatte, dachte James Rorimer. Er war in die Stadt der Lichter gekommen in der Hoffnung, deren großartige Kulturgüter und Bauwerke retten zu können; jetzt fuhr er mit einem Lastwagen vom Roten Kreuz durch deutsche Lande und hoffte, in einem abgelegenen Schloss eine der größten Sammlungen von Meisterwerken zu finden, die es jemals gegeben hatte. War die Sammlung weggeschafft oder vielleicht sogar vernichtet worden? Befanden sich die Dokumente des ERR, die unverzichtbar waren, um festzustellen, welche Werke geraubt worden waren und wem sie vorher gehört hatten, noch immer dort? War er überhaupt zum richtigen Ort unterwegs?
    »Ja, in Neuschwanstein befinden sich Kunstwerke«, hatte ihm Martha Klein erklärt, die Restauratorin, die er in Buxheim kennengelernt hatte. »Aber das Salzbergwerk in Altaussee ist bei Weitem das reichhaltigste Kunstdepot.«
    Er war unsicher geworden, als er das hörte, aber nur für einen kurzen Augenblick. Die westlichen Alliierten hatten die Gegend um Altaussee noch nicht eingenommen, ein Tal zwischen hohen Bergen, das keinerlei militärische Bedeutung besaß, und daher hatte er keine Wahl. Und er träumte seit Monaten von Neuschwanstein. Jetzt konnte er nicht mehr zurück, nachdem er schon so nahe an das Schloss herangekommen war, aber auch aufgrund der Versprechen, die er Rose Valland gegeben hatte. Wenn er etwas Glück hatte, blieb vielleicht noch Zeit, um auch zum österreichischen Salzbergwerk zu fahren.
    Alle Zweifel wurden durch den Anblick des Schlosses verdrängt. »Das wie ein Märchenschloss aussehende Neuschwanstein bei Füssen«, schrieb Rorimer, »wurde vom bayerischen König Ludwig II., der als etwas verrückt galt, in einem fantasievollen pseudogotischen Stil errichtet. Als wir uns dem Schloss von Norden her durch ein offenes Tal näherten, sah es, wie es zwischen den Bergen ruhte, wie der Inbegriff eines Märchenschlosses aus. Es wirkte wie ein Luftschloss, das durch egozentrische und machthungrige Verrückte zum Leben erweckt worden war; eine pittoreske, romantische und entlegene Kulisse für eine Verbrecherbande die von hier aus ihre Kunstraubzüge durchführte.« 270
    Die schweren Eisentore wurden von zwei Geschützen auf Panzerlafetten bewacht. Abgesehen davon hatten die Deutschen, die geflüchtet waren, das Schloss ohne jeden Schutz

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